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Der Blick des Architekten

TPC Sawgrass - ein revolutionäres Design

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Als Mark McCumber das erste Mal das neu eröffnete Werk von PeteDye in Sawgrass sah, verschlug es ihm beinahe die Sprache: 'Ich dachte, wir wären auf dem Mars gelandet.' Bis heute hat Dyes Design kaum etwas an Zündstoff verloren, wie unser Kolumnist weiss.

Bild oben: RICHTUNGSWEISEND, STADIUM COURSE: Loch 7, Par 4, 415 Meter
Der Abschlag entlang der Lagune erfordert einen Ballflug von rechts nach links gefolgt von einer Annäherung von links nach rechts ins Grün. Eine Lagune umgab den 300 Meter langen Zuschauerhügel zwischen dem sechsten und siebten Fairway. Im Jahr 2016 wurde dieser entfernt, um stattdessen einen großen Teich zu schaffen.


Pete Dyes Stadium Course im TPC Sawgrass war ein architektonischer Defibrillator, der die Tourspieler, die dort ihren Meister suchten, schockierte und die Golfwelt an den Fernsehbildschirmen in seinen Bann zog. Dieses im Frühjahr 1982 der Öffentlichkeit vorgestellte Design gab nichts weniger als die Marschroute für den weltweiten Golfboom der 80er- und 90er-Jahre vor.

Das verfügbare Land hatte nicht viel zu bieten abgesehen von einer wunderbaren Vegetation und Sand, der sich unter dem Schlamm des Marschlands von Nord-Florida versteckte. Ansonsten handelte es sich um ein ebenes Stück Dschungel, von dem erhebliche Teile mindestens 30 Zentimeter unter Wasser standen, was darauf zurückzuführen war, dass eine Autobahn den natürlichen Abfluss unterbrach. Und als ob das noch nicht genug wäre, waren viele seiner damaligen Bewohner alles andere als gastfreundlich, weshalb Macheten zur obligatorischen Ausrüstung zählten, als es daranging, den Bahnenverlauf freizuräumen. Nicht nur um den Dschungel zu bändigen, sondern auch als Waffe zum Schutz vor den giftigen Schlangen, die sich unter der bodennahen Vegetation versteckten.

Aus diesen Widrigkeiten entstand eine Spezies von Golfplatz, wie es sie noch nie gegeben hatte. Wie viele andere Golfer war auch ich von dem Design des TPC Sawgrass fasziniert. Ich hatte gerade einmal die High School abgeschlossen, als die Players Championship zum ersten Mal in Sawgrass ausgetragen wurde. Die Optik dieser Spielbahnen war fesselnd, und wie ich später lernen sollte, versteckte sich hinter Pete Dyes Zirkus des visuellen Terrors gleichzeitig die pure Brillanz strategischen Designs.

TPC Sawgrass verfolgte zwei Designziele. Zum einen wollte er einen Ort schaffen, an dem Profis ihr immenses Können unter Beweis stellen können, indem sie sich Schlägen und Situationen stellen, denen sie auf anderen Plätzen im Laufe der Saison nicht begegnen. Obwohl sie beabsichtigt war, löste die Schwierigkeit unter den Pros teils heftige Kritik aus, da der Eindruck entstand, Pete Dye wolle sie in aller Öffentlichkeit bloßstellen, anstatt ihre Fähigkeiten zu unterstreichen. "Star Wars Golf", "ein Platz, der abbrennen sollte" und "90 Prozent Pferdemist und zehn Prozent Glück" sind einige der einprägsameren Zitate unzufriedener Tourspieler nach der Premiere in Sawgrass. Nach all dem Gezeter und Gejammer wurde das Design entschärft und die Kommentare wandelten sich von feindselig zu schmeichelhaft. Heute jedoch ließe sich argumentieren, dass Dyes Design sogar etwas zu sehr entschärft wurde.

Das zweite, ebenso wichtige Ziel des PGA Tour Commissioner und ehemaligen Tourspielers Deane Beman bestand darin, Zuschauern eine großartige Sicht auf das sportliche Geschehen zu bieten. Auf einem flachen Grundstück bedeutete dies, künstliche Erhebungen zu schaffen. Sawgrass war nicht das erste Design, das eine bessere Sicht für die Zuschauer anstrebte. Doch dieses Projekt ging einen Schritt weiter, indem es die Zuschauer in den Mittelpunkt des Designs, des Marketings und der Identität des Golfplatzes stellte. Es wurden nicht nur ungehinderte Ausblicke für die Zuschauermassen geschaffen, sondern auch zentrale Aussichtspunkte, die es den Fans ermöglichten, das Geschehen an mehreren Löchern von einem Ort aus zu verfolgen.

Der Blick des Architekten:

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UND ALS OB DAS NOCH NICHT GENUG WÄRE, WAREN VIELE SEINER DAMALIGEN BEWOHNER ALLES ANDERE ALS GASTFREUNDLICH, WESHALB MACHETEN ZUR OBLIGATORISCHEN AUSRÜSTUNG ZÄHLTEN.
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Bild oben: GUT GEBUDDELT
Die Erdbewegungen beim Bau des TPC Sawgrass Stadium Course folgten einer einfachen, aber effektiven Methode zur Gewinnung von Füllmaterial, zur Schaffung von Entwässerungspunkten und zur Erzeugung von Dramatik. Bodenaushubflächen (A), die zu Lagunen oder Teichen wurden, nutzte man zur Anhebung von Zuschauertribünen, Fairways und Grüns. Steile Höhenunterschiede, insbesondere zwischen den Waste-Bunkern (B) und den Fairways (C), sorgten für Dramatik und Definition.


Spielverhalten und Aussehen des Platzes haben sich im Laufe der Jahre sehr verändert. Die erste Beschreibung des Architekten lautete: "eine Folterstrecke mit geringem Wartungsaufwand", und die Enthüllung im Jahr 1982 war genau das: ein Platz, der roh, rough und ruppig anmutete. Der damalige Bauleiter stellte Jahre später fest, wie unvollendet alles aussah. Sawgrass war in den ersten Jahren sicher weit entfernt von der perfekt gepflegten Anlage, die wir heute kennen. Diese Veränderung ist der Tatsache geschuldet, dass die Anlage gleichzeitig als Hauptquartier der PGA Tour fungiert und man dort leider, aber natürlich verständlicherweise ein kultivierteres Bild in die Welt senden wollte.

Es gibt viele Designmerkmale dieses Platzes, die sofort ins Auge springen: die zahlreichen, von Eisenbahnschwellen gesäumten Wasserhindernisse, Bunker mit beinahe vertikalen Wänden, grasbewachsene Mulden, massive Sandflächen umsäumt von steilen Böschungen, extrem ondulierte Grüns, die mittelmäßige Schläge sofort bestrafen und ein rasiermesserscharfes kurzes Spiel erfordern, um das Par zu retten, und natürlich die hoch aufragenden Zuschauerhügel, die in Sachen Höhe mit den umliegenden Bäumen konkurrieren. Der Kontrast von Wasser zu Sand und Sand zu Gras und die abrupten Höhenübergänge dazwischen sorgen auf dem flachen Gelände für absolute visuelle Dramatik.

Versteckt hinter all dem optischen Drama, aber von entscheidender Bedeutung ist die Art und Weise, wie Dye seine Spielbahnen strukturierte. Erstens ändern sie fast ständig die Richtung. Fordert ein Abschlag einen Ballflug von links nach rechts, folgt meist zwangsläufig ein Schlag von rechts nach links. Dies geschieht nicht nur von Loch zu Loch, sondern oft auch im Verlauf einer einzelnen Spielbahn. Wer in Sawgrass das Grün verfehlt, benötigt jede Menge Fingerspitzengefühl, um das Up and Down zu schaffen. Das Ergebnis ist ein Test, der nicht einen speziellen Golfertyp wie Longhitter oder Ballstriker, sondern den komplettesten Spieler im Feld begünstigt.

Im Gegensatz zu den bis dahin gebauten Plätzen war dies nicht nur für die Zuschauer auf der Anlage überwältigend, sondern auch für das Fernsehpublikum. Auf klassischen Golfplätzen offenbart die Kamera hinter dem Grün, die auf die Spieler blickt, normalerweise nicht viel visuell Spannendes. Dr. Alister MacKenzie, ein Experte für Tarnung in der Army, erklärte in den 1920er-Jahren diesen Ansatz: Er bemerkte, dass die Bunker auf seinen Golfplätzen, wenn man sie vom Grün in Richtung Abschlag betrachtet, verschleiern, dass sich Dutzende und Aberdutzende Soldaten darin verstecken könnten. Der Golfplatz von Pete Dye verbarg absolut gar nichts und eignete sich daher ideal fürs Fernsehen, da der Zuschauer unabhängig vom Kamerawinkel den visuellen Schrecken erleben konnte, dem der Golfer im Turnier ausgesetzt war.

Nach dem überwältigenden Erfolg des Projekts plante und baute die PGA Tour weitere Stadionplätze, deren Look zur Benchmark wurde. Die Folgen daraus waren leider nicht nur positiv. Der Golfarchitekt Mike Hurdzan fasste 2010 in einem Artikel des "Golf Magazine" die Boomjahre nach der Stadium-Course-Manie wie folgt zusammen: "Schaut man zurück auf die Bauprojekte, die in Konkurs gehen, wird man meiner Meinung nach feststellen, dass namhafte Architekten an allen beteiligt waren. Diese Jungs strichen immense Honorare ein, gaben Geld aus, als wäre es Wasser, und hinterließen Golfplätze, deren Unterhalt teuer ist. Sie waren zum Scheitern verurteilt."

Üppige Erdbewegungen und künstliche Aufschüttungen wurden zur Norm und somit eintönig. Die Gestaltung wiederholte sich nicht nur innerhalb der Plätze selbst, sondern von Projekt zu Projekt überall auf der Welt. Anstatt zeitlos zu sein, wirken so viele Projekte mittlerweile veraltet und im schlimmsten Fall seltsam fehl am Platz.

Warren Buffett fasste diese Ära mit einem seiner berühmten Bonmots zusammen: "Was die Weisen am Anfang tun, tun die Narren am Ende." Sogar Pete Dye, der Mann, der die Lunte für diese Epoche des Golfplatzdesigns anzündete, fragte sich 2003 während des Wiederaufbaus von Cypress Links, einer künstlich geschaffenen Hügellandschaft, die er 1988 mitten in den Boomjahren baute, mehrmals: "Was habe ich mir bloß dabei gedacht?"

Pete Dye war nicht perfekt, aber er ging nicht nach Schema F vor. Seine Plätze sind ein Beweis dafür. Dye hat den Golfsport nicht nur einmal, sondern gleich zweimal revolutioniert. Das erste Mal 1969 mit Harbour Town Golf Links, einem Platz, der einen Kontrast zur übergroßen Designära von Robert Trent Jones bildete, und dann mit dem Stadium Course im TPC Sawgrass. Hierbei handelt es sich längst um ein zeitprägendes Design, um einen modernen amerikanischen Klassiker, der zukünftigen Generationen von Architekten zeigte, was möglich war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte niemand die Vorstellungskraft oder den Mut, denkbar ungünstiges Stück Land zu nutzen und es in eine Marslandschaft zu verwandeln.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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