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Erik van Rooyen

Von Jan Langenbein, Fotos: ZWEI:D (Illustration) / Getty Images / Mike Meyer / privat

Kaum war die Titelgeschichte im Kasten, machte die Covid-19-Pandemie sämtliche Pläne Erik van Rooyens für die Saison 2020 über Nacht zunichte. Wie lebt es sich als Profigolfer während eines Lockdown?

Noch im Februar wäre es für Erik unvorstellbar gewesen, ab Mitte März drei Monate nicht nur kein Turnier, sondern überhaupt kein Golf mehr zu spielen. Doch mit der abrupten Absage der Players Championship wurde diese Ausnahmesituation zur neuen Realität und nicht nur der Berufsalltag des Profis sollte aufgrund des Virus komplett auf den Kopf gestellt werden. Und wer nun glaubt, dass Profigolfer bei geschlossenen Anlagen eine Sondergenehmigung erhalten, der liegt falsch. "Mein Golfclub hier in Florida hat vor fünf Wochen den Betrieb eingestellt. Clubs in der Gegend, die noch offen haben, lassen verständlicherweise ausschließlich Mitglieder auf den Platz."

Die Zwangspause kam für Erik zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn mit einem geteilten dritten Platz bei der WGC Mexico Championship hatte er eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er in der Weltspitze angekommen ist, und mit der Players Championship stand nun das erste Saisonhighlight auf dem Plan, auf das der Südafrikaner bereits seit Wochen hingefiebert hatte.

Bei der Mexico Championship hast du gezeigt, dass du in guter Form bist, doch zwei Wochen später bei der Players Championship stand die Welt plötzlich kopf. Wie hast du den Tag des Saisonabbruchs erlebt?
Das war wirklich surreal. Es war die erste Runde bei der Players Championship und meine Vorfreude war riesig. Es ist ein gigantisches Turnier, und was sich während dieser Woche auf der Anlage abspielt, ist weitaus größer als das, was man im TV sehen kann - wirklich cool! Während meiner ersten neun Löcher war ich richtig gut drauf und habe drei unter Par gespielt. Auf den Back Nine folgten dann leider drei Bogeys, was zu einer enttäuschenden Even-Par-Runde führte. Deshalb habe ich danach noch eine Trainingseinheit mit meinem Coach und meinem Caddie eingelegt. Später am Abend gegen 21 Uhr hatte ich einen Facetime-Call mit meinem Cad die Alex. Wir sprachen darüber, wie wir die morgige Runde an gehen wollten, denn wir hatten eine frühe Startzeit. Während dieses Gesprächs kam aus heiterem Himmel die Textnachricht, dass das Turnier abgebrochen wurde. Das war ein echter Schock. Ich konnte es zunächst nicht glauben. Als ich die Scorekarte meiner ersten Runde unterschrieb, meinte ein Offizieller der PGA Tour noch: "Wir wissen nicht, was passieren wird, aber wir gehen davon aus, das Turnier zu Ende zu spielen." Wenige Stunden später sah alles ganz anders aus.

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Mein Gitarrenspiel hat sich in den letzten Wochen spürbar gesteigert. Ich habe meine Sammlung erweitert und einen neuen Verstärker gekauft. Es wird also durchaus laut zurzeit.
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Die Nachricht, dass die folgenden Turniere ebenfalls nicht stattfinden würden, war in diesem Moment noch nicht absehbar. Wie hat dich diese Nachricht wenige Tage nach der Players Championship erreicht?
Ich war zu Hause in Florida, als ich von den weiteren Absagen erfahren habe. Zugegebenermaßen war ich diesbezüglich recht naiv. Ich dachte, die Verantwortlichen würden überreagieren, und konnte es einfach nicht glauben. Golf ist schließlich ein kontaktloser Sport, der im Freien ausgeübt wird. Mir wurde dann jedoch schnell klar, dass ich die Gefahr, die von diesem Virus ausgeht, wirklich zu diesem Zeitpunkt unterschätzt hatte. Im Rückspiegel betrachtet war die Entscheidung der PGA Tour absolut richtig.

Wie hat sich dein Alltag seither verändert? Wie muss man sich die tägliche Routine im Hause van Rooyen vorstellen?
Abgesehen von den tragischen Entwicklungen überall in der Welt ist unser Alltag im Moment wirklich entspannt und angenehm. Meine Frau und ich können uns wirklich glücklich schätzen, da wir uns nun um unser neues Haus hier in Jupiter, Florida, kümmern können. Wir haben das Haus im August vergangenen Jahres gekauft und bis zur Players Championship hatte ich maximal vier Wochen darin verbracht. Nun für einen längeren Zeitraum hier sein zu können ist ein echter Segen und wir genießen die Zweisamkeit sehr. Gemeinsam zu kochen und all die alltäglichen Dinge zu machen mag zwar unspektakulär klingen, als Profigolfer, der sonst nur aus dem Koffer lebt, ist das aber wirklich phänomenal.

Es ist doch bestimmt auch besser, im Moment in Florida zu sein, oder? In deiner Heimat Südafrika ist die Quarantänesituation deutlich verschärft.
Absolut! Meine gesamte Familie lebt in der Nähe von Johannesburg. Ich telefoniere täglich mit ihnen und es ist erschreckend zu hören, dass 95 Prozent der Bevölkerung das Haus nicht verlassen dürfen. Die gesamte Bevölkerung Südafrikas wurde anhand der Arbeitsstellen in Levels von 1 bis 5 eingeteilt, und nur wessen Job als absolut essenziell eingestuft wird, der darf das Haus verlassen.

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Gehst du täglich ins Büro? Mit anderen Worte: Trainierst du?
Klar! Ich schlage Bälle in ein Netz im Garten. Da mein Golfclub geschlossen hat, bleibt mir im Moment nichts anderes übrig. Dreimal die Woche trainiere ich gemeinsam mit meinem Coach, der in Südafrika sitzt, via Facetime. Dazu kommen noch zwei Trainingseinheiten Fitness am Tag.

Du bist, was den Sport und die Trainingsmöglichkeiten angeht, also nicht komplett auf die eigenen vier Wände beschränkt?
Joggen oder Radfahren ist in Florida noch möglich. Golf geht leider nicht und auch die Tennisplätze in der Gegend haben geschlossen. Man muss sich daher auf Ausdauertraining beschränken und dabei auf den richtigen Abstand zu anderen achten.

Auf Instagram hast du in einem Video dein beeindruckendes Set-up für das Wohnzimmer-Training präsentiert. Welche Trainingshilfen nutzt du im Einzelnen, um am Schwung zu arbeiten?
Das Wohnzimmer musste ich mittlerweile räumen; die Toleranz meiner Frau kennt dann doch Grenzen. [lacht] Nun habe ich mich auf der Veranda breitgemacht. Dort habe ich mein Netz und eine Matte platziert. Daneben steht ein Flatscreen-TV, der mit meinem Track-Man verbunden ist. Damit kann ich nicht nur alle Daten der Schwünge sofort sehen, sondern auch verschiedene Plätze mit dem Track-Man simulieren. Sobald mein Coach sich via Facetime da zu gesellt, stelle ich mein Smartphone mit einem Stativ hinter das ganze Setup, damit er meinem Schwung und die einzelnen Elemente genau analysieren kann.

Kommt das deiner Trainingsmethode in normalen Zeiten nahe? Bist du ein technischer Zahlengolfer oder eher Gefühlsspieler?
Ein bisschen von beidem, würde ich sagen. Vor einigen Jahren habe ich mich noch nicht für die Zahlen und die einzelnen Track-Man-Werte meines Schwungs interessiert. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert und ich trainiere viel mit dem Track-Man. Es ist ein fantastisches Werkzeug, allerdings muss man vorsichtig sein, denn man kann bei all den Zahlen auch in den sprichwörtlichen Kaninchenbau fallen. Eines ist klar: Sobald die Golfplätze wieder aufmachen, werde ich den Track-Man für eine Weile einmotten.

Der Unterschied zwischen Siegen und Top-Ten-Platzierungen auf der Tour liegt aufgrund der enormen Leistungsdichte der Weltspitze im kurzen Spiel. Schaust du, was diesen Aspekt des Golfspiels angeht, im Moment in die Röhre?
Leider ja. Unser Haus hier ist sehr neu und der Garten noch nicht richtig eingewachsen. Das Gras ist daher noch nicht gut genug, um im Garten ernsthaft das Chippen trainieren zu können. Außer volle Schwünge kann ich im Moment nichts trainieren. Sobald die Golfplätze wieder öffnen, werde ich mich mit meinen Wedges und einer Tasche voller Trainingsbälle auf ein Grün zurückziehen und viele Stunden ins kurze Spiel investieren.

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