Die bekommt die am 22. Februar 1956 in Kansas City geborene Amy mit neun Jahren von ihrem Vater. "Ich war zu jung, um allein auf einem öffentlichen Platz spielen zu dürfen, und meine Eltern spielten kein Golf, also habe ich im Garten Suppendosen als Löcher vergraben", erinnert sie sich an ihre simplen Anfänge. "Ich ließ meinen Vater sogar einen Bunker bauen. Ich nannte unseren Garten den ,Alcott Country Club'." Die ersten Gehversuche bleiben nicht ohne Folgen. Amy zerbricht mit ihren Golfbällen so viele Fensterscheiben, dass ihr Vater überall dicke Fangnetze aufhängt. "Unsere Nachbarn dachten vermutlich, dass die Kammerjäger ständig unser Haus ausräucherten", lacht Amy heute darüber. Auch das Rosenbeet ihrer Mutter war unter den Opfern der jugendlichen Golf-Enthusiastin. "Man könnte glauben, sie hätte sich darüber aufgeregt, aber tatsächlich war sie sogar ganz froh. Ich war ein ziemlicher Wirbelwind als Kind, und bis ich im Fernsehen über eine Golfsendung gestolpert bin, interessierte ich mich für Football und Baseball und hatte ständig verletzte Arme und Beine."


»ES GIBT FÜNF MILLIONEN FRAUEN, DIE GOLF SPIELEN, UND ICH DENKE, DASS SIE VON MÄNNERN, DIE GOLFPLÄTZE BAUEN, NICHT BERÜCKSICHTIGT WERDEN.«
Mit zehn Jahren spielt sie ihr erstes Turnier und muss sich nur der gleichaltrigen Beverly Klass geschlagen geben, die als jüngste Teilnehmerin aller Zeiten bereits in der US Women's Open gespielt hatte. Kurz darauf verschafft Keller Amy eine Junior-Mitgliedschaft im prestigeträchtigen und mit prominenten Mitgliedern gespickten Riviera Country Club. "Wenn Dean Martin sie auf der Range sah, stieg er ins Cart und lud sie ein, neun Löcher zu spielen", erinnerte sich Keller 1995 in "Golf Digest" an die Zeit. 1973 gewinnt Amy die US Junior Championship und wird ein Jahr später zu einer Pionierin. Weil ihre Palisades High School noch kein Mädchenteam stellt, tritt sie im Jungsteam an. Die damals noch geringen Spielmöglichkeiten für Frauen sorgen auch dafür, dass sie nicht lange überlegt, wie es nach dem Schulabschluss weitergeht. "Wenn ich Profi werden will, werde ich es direkt nach der High School tun. Ich möchte nicht vier Jahre am College damit verschwenden, darüber nachzudenken, ob ich es auf der Tour hätte schaffen können", prophezeit sie noch als Elevin.
Die Antwort auf diese Frage lässt nicht lange auf sich warten. Gesponsert von 15 Riviera-Mitgliedern, die allesamt 1.000 Dollar aus ihrer Portokasse beisteuern, qualifiziert sie sich unmittelbar für die LPGA Tour. An ihrem 19. Geburtstag gewinnt der Shootingstar gleich bei ihrem dritten Start die Orange Blossom Classic - und Walter Keller ist sich sicher, dass dies für Amy erst der Anfang ist. "Die meisten Mädchen erreichen erst mit 26 Jahren den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Bis dahin wird sie nur noch koordinierter und stärker", prognostiziert er gegenüber einem "Sports Illustrated"-Reporter. Keller wird recht behalten.

1988 gewinnt Alcott zum zweiten Mal das Nabisco Dinah Shore, nimmt ihren Caddie Bill Kurre an die Hand und springt mit ihm vom 18. Grün in "Poppie's Pond". Als sie 1991 erneut die heutige Chevron Championship gewinnt und mit Verstärkung von Veranstalterin Dinah Shore in den Teich springt, ist eine Gewinnertradition geboren, die bis heute Bestand hat. Es ist der 29. und letzte Sieg ihrer Karriere. Zwar spielt die Kalifornierin noch zehn Jahre weiter, aber abgesehen von einem zweiten Platz bei der Women's British Open 1996 springt kein Spitzenplatz mehr heraus. Stattdessen konzentriert sich Alcott mehr darauf, anderen Golfern und Golferinnen das Leben so schwer wie möglich zu machen: Sie baut Golfplätze.
Bereits 1985 zeigt sie in einem Interview mit der "Los Angeles Times" Interesse daran: "Es gibt fünf Millionen Frauen, die Golf spielen, und ich denke, dass sie von Männern, die Golfplätze bauen, nicht berücksichtigt werden. Die meisten Architekten denken, alles, was sie tun müssten, wäre, Teeboxen weiter vorn zu errichten und Frauen von dort schlagen zu lassen", klagt sie eine Praxis an, die sich seither leider kaum verändert hat. "Ich glaube, dass der weibliche Blick ein integraler Teil des Platzdesigns sein sollte."


Für Alcott, die in Rio de Janeiro mit einer flammenden Rede über die Chancen, die Popularität des Sports zu steigern, für ihren Platz wirbt, schließt sich mit dem Olympia-Projekt ein Kreis in ihrer Desginer-Karriere: vom im Rosenbeet der Mutter entstandenen "Alcott Country Club" zu einem Golfplatz, auf dem Inbee Park und Justin Rose die ersten olympischen Goldmedaillen im Golf nach 112 Jahren holen werden.