Texas, 1912. William Ben Hogan wird als drittes Kind von Clara und Chester Hogan geboren. Chester begeht Selbstmord, als sein Sohn neun Jahre alt ist. Während sein Vater mit einem lauten Schuss das eigene Leben beendet, sieht Ben zu. Fortan muss er mithelfen, fürs Wohl der Familie zu sorgen. Er beginnt, Zeitungen auszutragen. Nach dem zwölften Geburtstag heuert der zierliche Ben auf einem Golfplatz als Caddie an. Im Glen Garden Country Club erhält der Zögling 65 Cents für eine Runde Taschetragen. In den Pausen beginnt er, selber den Schläger zu schwingen. Obwohl er immer wieder einen unkontrollierbaren Hook spielt, wird Ben Hogan mit 17 Jahren überraschend Profi. Zwei Jahre später debütiert er auf der PGA Tour. Doch sein Spiel reicht für die Eliteliga einfach nicht aus. Bei seinem ersten Turnier gewinnt er magere 8,50 Dollar. Erst nach einer Schwungumstellung und einigen Jahren Training kommt Hogan Ende der 30er-Jahre auf der Tour an. Aus dem dreckigen Hook wird ein sauberer Fade, aus der Links- eine Rechtskurve. "Der Ball fliegt nur durch ein Unglück gerade", sagt Hogan. "Er bewegt sich im Normalfall nach links oder rechts. Deswegen sollte man ihm von Anfang an eine Richtung vorgeben."
»ICH HASSE HOOKS. SIE MACHEN MICH KRANK. ICH KÖNNTE MICH ÜBERGEBEN, WENN ICH EINEN SEHE. SIE SIND WIE EINE KLAPPERSCHLANGE IN DER EIGENEN TASCHE.«
Was wie die nahtlose Aneinanderreihung schier endloser Erfolge klingt, wurde in Wirklichkeit durch ein einschneidendes Unglück unter- bzw. durchbrochen. Am 02. Februar 1949 fährt ein amerikanischer Greyhound-Bus während eines missglückten Überholmanövers frontal gegen das Auto, in dem Hogan und seine Frau sitzen. Der Golfer wirft sich heroisch vor seine Frau. So erzählt man es sich. Diese Tat rettet ihm wohl das Leben. Der Motorblock wird auf den Fahrersitz und die Lenkkonsole in die Rückbank gedrückt. "The Hawk" erleidet schwere Verletzungen. Während seine Frau nur leichte Blessuren davonträgt, bricht sich ihr Mann das Schlüsselbein, eine Rippe, einen Knöchel und zweimal das Becken. Im Krankenhaus bildet sich ein Blutgerinnsel im Bein. Die Ärzte müssen notoperieren, damit es nicht das Herz erreicht. Anschließend bedauern sie, dass der Patient nie wieder richtig laufen, geschweige denn golfen werden könne.
Für Hogan keine Schocknachricht. "Mir wurde schon immer gesagt, was ich zu tun oder zu lassen habe", sagt er Jahre später. "Ich denke, denen wollte ich es einfach beweisen. Das war mein Leben lang mein Antrieb." Einen Sommer lang kann Ben Hogan nur im Bett liegen. Doch schon im darauf folgenden Januar sorgt er auf der Tour für Schlagzeilen. Zur großen Überraschung aller spielt er bei seinem Comeback-Turnier tadellos, wird geteilter Erster und unterliegt Sam Snead erst im Play-off. Doch damit nicht genug. Nur 16 Monate nach seinem beinahe tödlichen Unfall gewinnt er die US Open in Merion bei Philadelphia. Obwohl er nicht mehr richtig laufen kann, verliert er nichts von seiner Dominanz. Aufgrund seiner Schmerzen kann er dennoch nur an sieben Turnieren im Jahr teilnehmen. Mehr erlaubt sein geschundener Körper nicht. Trotz so weniger Wettbewerbe holt Hogan mehr Titel im Jahr als die meisten Dauergäste der Tour. 1953 gewinnt er als erster Golfer der Welt drei Majors in einem und demselben Jahr. Lediglich an der PGA Championship kann er wegen Turnierüberschneidungen nicht teilnehmen, was einen Grand Slam verhindert. Bis Tiger Woods ihn kurz nach der Jahrtausendwende nachahmt, ist er der einzige Spieler, dem dieses Kunststück gelingt. Dabei schuf Hogan Woods' Erfolg: Butch Harmon, Tigers damaliger Trainer, lernte als Kind vom "Hawk".
Ben Hogan bekommt etwas Mystisches. Nicht nur durch seine weiße Mütze, die er stets tief ins Gesicht zieht. Vielmehr entwickelt er einen Schwung, der weltweit als perfekt gilt. Er ist der erste Golfer, der die Wichtigkeit des Trainierens erkennt. "Es gibt nicht genügend Tageslicht, um alle Schläge zu üben", sagt er. Durch die vielen Stunden auf der Driving Range, was vor ihm kein Tourspieler in solchem Ausmaß praktizierte, erhält er eine nie dagewesene Kontrolle über den Ball. Seine Konzentration ist auf dem Platz extrem hoch. Hogan spricht fast nie ein Wort. Er bezeichnet Golf als ein Spiel mit Freunden, aber als ein unfreundliches Spiel. Mit seinem starren Blick schüchtert er andere Golfer ein. "Seine stahlgrauen Augen!", beschreibt ihn ein Freund bei ESPN. "Er sieht aus wie ein Vermieter, der das fällige Geld einkassiert." Jimmy Demaret, einer seiner Golfpartner, aber alles andere als ein Freund, witzelt über seine schweigsame Art: "Wenn ich mit ihm spiele, spricht er mit mir auf jedem Grün. Er dreht sich zu mir um und sagt: 'Du bist raus.'" Anschließend wird Demaret ernst: "Niemand hat mit Ben Hogan eine enge Verbindung."
Hogan bleibt sein Leben lang ein Perfektionist, der bedingungslos seinen Weg geht und durch harte Arbeit zum Erfolg kommt. Was ihn seit seiner Kindheit prägt, lebt er auch nach dem Karriereende aus. Mitte der 50er-Jahre gibt er einem Schlägerhersteller seine Namensrechte. Ben Hogan Golf produziert für lange Zeit die angesagtesten Schläger auf dem Markt. Bei einem Besuch in der Firma sieht Hogan drei Schlägerköpfe, die in seinen Augen mangelhaft sind. Über 100 Meter geht er mit diesen in der Hand ins Büro des Leiters, um sich über die Qualität zu beschweren. Als dieser die Köpfe anfasst, verbrennt er sich die Finger. Die Schlägerköpfe sind noch glühend heiß.
Obwohl Hogan bis zu seinem Tod 1997 ein Eigenbrötler ist, lässt er andere an seinem Erfolg teilhaben. Mit dem "Geheimnis" seines perfekten und ungewohnt konstanten Schwungs hält er nicht hinterm Berg. Er gibt Tipps, für Ausgewählte sogar Training. 1955 steht die Sportwelt kopf, da er öffentlich seinen Schlüssel zum Erfolg erklärt. Im "Life"-Magazin schreibt er von Griffen und Bewegungen, ehe er Ende der 50er-Jahre das Buch "Five Lessons: The Modern Fundamentals of Golf" veröffentlicht. Das Werk wird ein Bestseller, verkauft sich mehrere Millionen Mal und steht in fast jedem Regal ernsthafter Golfer - für manchen nichts anderes als das neueste Testament.