Seine Eltern kommen in den 1880erJahren aus Polen in die USA. Als ihnen das Geld ausgeht, siedeln sie dort, wo sie gerade sind: in Utica, New York. Die Region ist von Immigranten geprägt. Es ist ein mühseliges Leben für die Furgols. "Mein Vater und meine Mutter arbeiteten in der örtlichen Baumwollfabrik und verdienten gerade genug, um über die Runden zu kommen." So berichtet es Edward 1954 in einem Artikel für die "Saturday Evening Post". Einer der wenigen ausführlichen Einblicke, die er in sein Leben gewährt. Eigentlich sind die Geschwister zu fünft. Die beiden älteren Schwestern sterben jedoch noch als Kinder. "Meiner Mutter hat es das Herz gebrochen. Zwei Jahre lang hat sie täglich zwölf Stunden in der Fabrik gearbeitet. Sie ist nach Hause gekommen, hat Essen gemacht und ist dann vier Kilometer zum Friedhof gelaufen, um die Gräber meiner Schwestern zu besuchen." Ed und seine Brüder arbeiten für 50 Cent pro Tag als Caddies im nahe gelegenen Utica Golf Club. Aus der finanziellen Not geboren verfallen die Furgol-Jungs dem Golfspiel. Nur leisten können sie es sich nicht.
Als Edward zwölf Jahre alt ist, legt ihm das Schicksal ein weiteres Hindernis in den Weg. Beim Versuch, ältere Kinder zu beeindrucken, stürzt er von einem Klettergerüst - es ist ein vernichtender Trümmerbruch. "Der Knochen durchbohrte die Haut in einer klaffenden Wunde, der Schmerz war nicht auszuhalten", erinnert sich Ed Jahre später. "Ich bin nach Hause gelaufen, als ein Mann mit seinem Auto vorbeifuhr, mein Leiden sah und mich ins Krankenhaus gebracht hat." Die ungünstige medizinische Erstversorgung hat für den polnischstämmigen Jungen dramatische Auswirkungen. Obwohl er mehrmals operiert wird, verheilt die Verletzung nicht korrekt. Der Ellbogen bleibt versteift, der linke Arm krumm und somit um 25 Zentimeter kürzer als der rechte. Und als wäre das Leben nicht schon schwer genug, liegt er fünf Wochen mit vertikal fixiertem Arm im Krankenhaus. "Ich habe so viel Pech. Würde ich einen Friedhof kaufen, die Menschen würden aufhören zu sterben", lamentiert Furgol.
»ICH HABE SO VIEL PECH. WÜRDE ICH EINEN FRIEDHOF KAUFEN, DIE MENSCHEN WÜRDEN AUFHÖREN ZU STERBEN.«
Demnach widmet sich der sportbegeisterte Junge wieder dem Golf. Während er seine Tätigkeit als Caddie wieder aufnimmt, bastelt er auf der Anlage an seinem Schwung: kraftvoll und doch mit der nötigen Finesse, ein wenig wacklig, aber dabei doch kompakt. Man könnte fast sagen, er war der Jim Furyk seiner Generation.
Doch wie hat Ed Furgol es mit seinem verkürzten, krummen linken Arm geschafft, konstant den Ball zu treffen? "Mein Rückschwung ist kürzer, aber ich drehe meinen Körper um einiges mehr", beantwortet er die am häufigsten gestellte Frage. "Die meiste Energie kommt aus den Beinen. Ich stehe näher am Ball als andere Golfer. Und es sieht ein bisschen so aus, als hackte ich den Ball, weil ich beinahe bösartig mit meinem starken rechten Arm nach unten gehe." Was vielleicht seltsam aussieht, funktioniert für ihn. Heutzutage weiß man ohnehin, dass ein Idealschwungmodell nicht für alle passt. Wie er selbst einmal sagt: "Jeder hat zwei Schwünge. Einen wunderschönen Übungsschwung und den verkümmerten, mit dem wir den Ball schlagen."
Bei Ed Furgol führt dieser zu beachtlichen Resultaten auf den Fairways und er gewinnt zwei Stadtmeisterschaften. Der reiche Art McMahon überredet ihn daraufhin, 1940 an der US Amateur Public Links Championship teilzunehmen. Mit McMahons 30 Dollar und göttlichem Beistand (er fährt als Anhalter bei einem katholischen Priester mit) stellt Furgol einen Qualifikationsrekord auf, erreicht das Halbfinale - und beschließt, in Detroit zu bleiben. Von nun an arbeitet er tagsüber bei Ford und feilt nachts weiter an seinem Spiel.
Und dann trifft er Helen. Mit ihr an seiner Seite schafft er 1944 den Durchbruch. Er gewinnt Turniere, spielt konstant oben mit und wird 13. bei der North and South Open, damals ein inoffizielles Major. 1945 heiratet er seine Helen und wird Golf-Profi. Er spielt nicht schlecht, aber die Ersparnisse schwinden. Furgol ist frustriert und spielt noch mehr Turniere. In über 1.000 Runden ist sein Schlagdurchschnitt 71,4 - eine Leistung, die ihn heute zum Millionär machen würde. Doch für die Akzeptanz auf der Tour fehlen die Siege. Seine Frau fühlt sich ausgegrenzt, beim Mittagessen sitzt das Ehepaar zumeist allein: "Ist das das Leben, was wir wollen?" Die Antwort: nein! Ed verabschiedet sich auf die Driving Range und wird Club-Pro im Westwood Golf Club bei St. Louis. Zwar spielt er eine Handvoll Turniere im Jahr, aber sein Traum vom Leben auf der Tour erhält einen empfindlichen Dämpfer.
Kurz vor seinem Start bei der US Open in Baltusrol verfällt er in eine regelrechte Depression. "Helen musste zu Hause bleiben und den Pro-Shop betreuen. Ich hatte ein Gefühl von Leere. Es war egal, ob ich hier war oder nicht." Selbst den Lokalzeitungen in St. Louis ist er egal, Eds Teilnahme ist ihnen keine Zeile wert. Einer wie Ed ist nur Staffage für den erwarteten Showdown zwischen Ben Hogan, der seine fünfte Open-Trophäe jagt, und Newcomer Sam Snead. Während Eds Sponsor Dunlop Bobby Locke ein Auto zur Verfügung stellt, muss Ed mit dem Taxi zur Anlage und bekommt eine absolute Nulpe als Caddie zugewiesen: "Nicht nur wusste er nichts über den Platz, er hatte überhaupt wenig Ahnung vom Golf. Mehrmals musste ich ihn mahnen, die Schläger sauber zu halten. In den drei Tagen habe ich ihn nicht einmal um einen Rat gebeten."
Das Turnier auf dem brettharten Platz wird zum Überlebenskampf: Pars sind angesagt, nicht Birdies. "Ich entschied, weder spektakulär noch mutig zu spielen. Ich wollte Grüns treffen und nicht die Fahnen attackieren", fasst Furgol später seine Spielphilosophie zusammen, die ihm eine 71 in der Auftaktrunde beschert. Nach einer 70 in Runde zwei liegt er schlaggleich mit Hogan in Lauerstellung. Und immer noch nimmt die Presse keine Notiz. Zu Hause in Utica macht sich sein Bruder Ted auf den Weg. Er verspricht Ed am Telefon, dass er bei der Pokalvergabe dabei sein will. In der Nacht träumt Ed dieses Szenario: "Ich wachte schweißgebadet auf und begann zu weinen."
In der dritten Runde straucheln die Favoriten, aber Ed Furgol bleibt mit einer 71 in Schlagdistanz. Der Nachmittag muss entscheiden. Furgol bleibt bei seiner defensiven Strategie und trifft 16 Grüns. Und obwohl Putten seine Schwäche ist, unterlaufen ihm auf dem glatten Geläuf nur zwei Drei-Putts. Nur ein Loch trennt ihn noch vom Sieg, doch an der 18 muss seine Gruppe 15 Minuten warten - der Rhythmus ist dahin. Sein Abschlag wird wie sein Boxschlag: ein brutaler Hook. Aus dem Wald wählt er den Weg über das 18. Fairway des angrenzenden Upper Course. Ein Pitch über die Bäume und zwei Putts später sitzt er in der Kommentatorenkabine mit Craig Wood, dem Sieger von 1941. Sie warten auf Gene Littler. Als der aus zwei Metern zum Par verschiebt, ist Furgol der neue US Open Champion.
Statt Pech hat er endlich mal Glück und erhält einen Geldregen: 6.000 Dollar Preisgeld, der Sponsor verdoppelt das Gehalt, dazu ein TV-Vertrag über 20.000 Dollar. Und sein Caddie? Edward zeigt Klasse und zahlt dem überforderten Taschenträger 1.000 Dollar - er weiß, wie es ist, seine Familie durchbringen zu müssen. In Utica veranstalten sie eine Konfettiparade. In Westwood wird Ed Furgol gefeiert. "Ein paar Wochen vorher war ich ein gebrochener alter Golf-Pro mit einem verkrüppelten linken Arm. Und nun stand ich an der Spitze der Golfwelt. Unser Telefon klingelte alle paar Minuten. Wir wurden mit Einladungen überhäuft. Abendessen im ,Waldorf', Theaterbesuche, jeder wollte plötzlich mein Freund sein", erinnert sich Furgol an den Wendepunkt seines Lebens, der ihn zur Legende machte. Als Golfer, aber vor allen Dingen als Mensch, der sich im Kampf gegen die Herausforderungen des Lebens stets eindrucksvoll durchgesetzt hat.