Das Wunderkind des Golfsports wird 1997 in Seoul geboren und zieht im Kindesalter nach Neuseeland. Mit 15 Jahren siegt sie als Amateurin bei der Canadian Women's Open - und schreibt als jüngste LPGA-Gewinnerin Geschichte. 2015 ist sie die jüngste Weltranglisten-Erste aller Zeiten, kurz darauf zweifache Major-Siegerin. Nach dem grandiosen Start folgt ein Kapitel der Veränderung: neuer Ausrüster, Trainerwechsel, Leistungsabfall. Von 2017 bis 2020 bleiben die großen Siege aus und eine öffentliche Diskussion über das Warum setzt ein. Lydia selbst bleibt äußerlich ruhig. Sie wirkt nicht verbittert, sondern reflektiert, spricht offen über mentale Gesundheit, persönliche Entwicklung und die Suche nach Freude am Spiel - diese Offenheit und Transparenz macht sie menschlich und zum Vorbild einer neuen Athleten-Generation.
2021 die Kehrtwende: Mit Lockerheit und neuem Schwung feiert sie ihr Comeback. In Hawaii holt sie ihren ersten LPGA-Sieg seit drei Jahren, 2022 folgen drei weitere Titel, darunter die prestigeträchtige Tour Championship. Ende des Jahres ist sie erneut Nummer eins der Welt - und geerdeter denn je.


»ALS ICH JÜNGER WAR, MOCHTE ICH ES ÜBERHAUPT NICHT, IN FÜHRUNG ZU LIEGEN. ICH HATTE DAS GEFÜHL, DASS ALLE HINTER MIR HER SIND.«
Lydia Ko steht für ein neues Selbstverständnis: authentisch, verletzlich, inspirierend. Sie reflektiert mit Tiefe, Menschlichkeit und Charme über Druck, Selbstzweifel und ihre eigene Entwicklung und wird so zu einer der faszinierendsten Persönlichkeiten im internationalen Golfsport.
Lydia, spulen wir zurück: Wie war 2024?
Es war für mich eine unglaubliche Saison. Ich hatte 2023 viel Selbstvertrauen verloren. Dann startete das Jahr mit dem Sieg beim Hilton Turnier in meinem Heimatclub Lake Nona. Der Sieg hat mir viel bedeutet und mir neuen Schwung gebracht. Mein Traum war es, 2024 in Paris Neuseeland zu vertreten, weil es für mich die letzte Chance war, noch einmal Olympia zu spielen. Ich bin extrem dankbar, dass dieser Traum wahr geworden ist. Ich habe in dem Jahr viel gelernt. Ich habe herausgefunden, dass ich - egal wie sehr ich an mir zweifle - aufstehen und Hindernisse überwinden, mich sogar weiter verbessern und entwickeln kann.
Was macht Olympia besonders für dich?
Schon als Kind habe ich vor dem Fernseher gesessen und Olympia geschaut und mitgefiebert, egal ob Sommer oder Winter. Als bekannt wurde, dass Golf nach über 100 Jahren wieder olympisch wird, wollte ich unbedingt dabei sein und Neuseeland vertreten. Die Aura von Olympia ist anders als alles andere. Ich war so nervös, in Rio abzuschlagen - ich konnte meine Hand nicht ruhig halten.

Keine Erwartung, aber natürlich dem Wunsch. Ich war die Einzige im Feld, die schon eine Medaille gewonnen hatte, insofern war ich entspannt. Überhaupt noch einmal bei Olympia anzutreten war schon ein Gewinn und die Goldmedaille war noch mal ein Bonus.
Auf deiner Finalrunde sahst du bis zum Doppel-Bogey an der 13 sehr souverän aus. Wurdest du da noch mal nervös?
Ich war den ganzen Tag nervös, das kannst du mir glauben. Die 13 war eher heilsam. Ich hatte einfach einen schlechten Schlag, nahm mir aber danach vor, nur noch Dinge zu machen, die ich wirklich kontrolliere. Ich wollte das Ding keinesfalls vergeigen. Und ja, ich war bis zum letzten Putt 100 Prozent konzentriert und fokussiert, aber auch nervös.
Reizt dich Los Angeles 2028?
Ich glaube nicht, dass ich bis dahin Wettkampf-Golf spiele. Vielleicht wäre ich dann gerne ein Teil des neuseeländischen Teams - aber nicht als Spielerin. Ich habe alle Medaillen gewonnen, das will ich mir bewahren!


Ich habe mich ein Jahr früher, als es eigentlich das Mindestalter erlaubt, für die LPGA beworben. Ich war also am Anfang immer die Jüngste - die jüngste Spielerin auf der Tour, die jüngste Major-Gewinnerin. Ich glaube, die erste Wende kam nach fünf Jahren. Da hatte ich erstmals das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein und nicht mehr nur das Küken.
Deine Stärke ist, dich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. War das immer so?
Als ich jünger war, mochte ich es überhaupt nicht, in Führung zu liegen. Ich hatte das Gefühl, dass alle hinter mir her sind. Heute habe ich ein anderes Mindset. Wenn ich mit zwei Schlägen Vorsprung in den Finaltag starte, habe ich ein Polster. Und ich nehme das an und versuche, jedes Loch zu gewinnen. Das macht mich wirklich ruhig.
Was war für dich neben den olympischen Medaillen dein größter Sieg?
Die Women's Open letztes Jahr in St. Andrews war etwas ganz Besonderes. Mein Mann war dort, meine Mutter, meine Schwester, mein Schwager - es fühlte sich an, als ob die ganze Familie bei mir gewesen wäre, um mich zu unterstützen. Ich hatte acht Jahre lang kein Major gewonnen. Nach der Goldmedaille war der Sieg in St. Andrews fast surreal.

Steckbrief
NameLydia Ko
Jahrgang
1997
Wohnort
Lake Nona
Profi seit
2013
Lieblingsserie
"Criminal Minds"
Erfolge (Auszug)
2012+2013
Canadian Women's Open
2015
The Evian Championship
2016
Ana Inspiration
Olympia-Silber
2020
Olympia-Bronze
2024
Olympia-Gold
Women's Open
Und dann zur Krönung auch noch die Aufnahme in die LPGA Hall of Fame…
Ich musste über zwei Jahre auf die letzten Punkte warten. Ich habe nie wirklich daran geglaubt, einmal zu diesem erlauchten Kreis zu gehören. Dass ich heute ein Teil dieses Clubs bin, kann ich immer noch nicht glauben - es ist verrückt! Ich fühle mich sehr dankbar und es spricht wohl einiges dafür, dass ich einen guten Job gemacht habe.
Du bist die erste Hall of Famerin seit 17 Jahren. Sind die Kriterien zu streng?
Ich mag es, wenn es wirklich schwer ist, Dinge zu erreichen. Und ich glaube, dass Menschen, die viel schlauer sind als ich, die Standards für die Aufnahme festgelegt haben.