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Mr. Masters

Bernhard Langer

Von Rüdiger Meyer und Wolfgang Block, Fotos: Stefan von Stengel, Imago, Getty Images

Vor seinem 41. und letzten Start in Augusta lässt Bernhard Langer im Exklusivinterview seine atemberaubende Masters-Karriere Revue passieren. Wir verneigen uns vor einer Lebensleistung, die im deutschen Golf, ja, vielleicht sogar im deutschen Sport einmalig ist.

Als Bernhard Langer zum ersten Mal Augusta National sah, war es fast wie der Moment, als Romeo auf Julia traf: Liebe auf den ersten Blick. "Ich hatte immer das Gefühl, der Platz liegt mir", erzählt uns der beste deutsche Golfer aller Zeiten, während er vor einem Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer posiert, der mit Langer das Baujahr 1957 teilt. "Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt. Ich war ein guter Eisen-Spieler und Augusta ist ein Platz für die zweiten Schläge. Zudem muss man den Ball bei vier oder fünf Abschlägen von rechts nach links bewegen, also mit Hook oder Draw. Das konnte ich. Der Platz kam mir mehr entgegen als die engen US-Open-Plätze. Dort habe ich mich immer schwergetan, aus dem Rough zu schlagen; das kannten wir in Europa zu dem Zeitpunkt nicht." Doch so wie eine Familienfehde Shakespeares junges Glück verhinderte, waren es bei Bernhard Langer die tückischen Grüns von Augusta National.

Seine erste Scorekarte, die er am 08. April 1982 ins Clubhaus brachte, war so bunt wie die Kostüme auf einem Maskenball. Auf den ersten neun Löchern notierte der 24-Jährige lediglich ein Par. Als er den letzten Putt lochte, hatte er eine 77 mit vier Birdies, sieben Bogeys und einem Doppel-Bogey gespielt. Einen Tag später stand bei brutalen Bedingungen sogar eine 78 in den Büchern - bis heute die sechstschlechteste Runde seiner Masters-Karriere. Trotzdem verpasste Langer den Cut nur um einen Schlag und der Schuldige war schnell gefunden: "Ich kann mich noch genau erinnern. Ich hatte elf Drei-Putts auf 36 Löchern. Wahnsinn! Und ich lag elf Schläge hinter dem Führenden. Ich habe solche Grüns nie erlebt", erinnert er sich mit beeindruckender Präzision an sein Debüt.

134 RUNDEN AUGUSTA

Nichts zeugt mehr von Konstanz als Langers Bilanz bei 41 Masters-Starts: In 134 Runden in Augusta spielte er kein Loch schlechter als Triple-Bogey. Zum Vergleich: 2020 verzeichnete Tiger Woods eine 10 an Loch 12, 1991 erwischte es Jack Nicklaus an derselben Bahn mit einem Quadruple-Bogey.

LochEAGLESBIRDIESPARSBOGEYSDOUBLE BOGEYSTRIPLE BOGEYS
1015833501
224480701
3019872620
4012922910
5012853340
6013893200
7018902330
8044761310
9016853021
10014833520
1109853370
12018812780
1365659940
14024911720
1535560970
160171011411
17013902830
18015843050


Mr. Masters: Wer hat zwei Daumen und darf jedes Jahr Augusta National spielen? This Guy!
Wer hat zwei Daumen und darf jedes Jahr Augusta National spielen? This Guy!

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DIE HOFFNUNG IST, AM SONNTAG ABSCHIED ZU NEHMEN UND NICHT AM FREITAG. ABER ES IST MIR KLAR, DASS ES NICHT EINFACH WIRD.
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Wenn der ehemalige Weltranglisten-Erste in diesem Jahr zum 41. Mal beim Masters startet, wird es das letzte Mal sein. Bereits 2024 hatte er seine Ehrenrunde geplant, doch ein Riss der Achillessehne verhinderte den Abschied. Anders als unzählige ehemalige Masters-Sieger, die in ihren letzten Masters-Jahren reihenweise den Cut verpassten, will Langer gehen, solange er noch konkurrenzfähig ist: "Man überlegt sich schon, ob das jetzt die richtige Entscheidung ist, aber ich glaube, es ist Zeit. Der Platz ist einfach sehr, sehr lang und ich will jemand sein, der nicht spielt, nur um zu spielen, sondern um zu gewinnen." Realistisch gesehen steht ein Sieg 2025 außer Frage, aber es gibt trotzdem noch eine Chance auf einen Eintrag in die Geschichtsbücher.

Mit einem geschafften Cut könnte sich Langer den Rekord des ältesten Spielers im Wochenende zurückholen, den ihm 2023 Fred Couples entrissen hat. "Die Hoffnung ist, am Sonntag Abschied zu nehmen und nicht am Freitag. Aber es ist mir klar, dass es nicht einfach wird." Es wäre nicht die einzige beeindruckende Masters-Statistik seiner Karriere. Zwischen 1984 und 2002 schaffte Langer 19-mal in Folge den Cut - nur Fred Couples, Gary Player, Tiger Woods und Tom Watson hatten eine längere Serie. Und wie viele Spieler außer Tiger Woods könnten schon von sich behaupten, in Augusta National 35 Löcher in Folge Par oder besser gespielt zu haben?

Dabei war es für den gebürtigen Anhausener gar nicht so leicht, eingeladen zu werden, wie er sich erinnert. "1982 gab es nur eine Einladung für Europäer - und zwar für denjenigen, der im Jahr zuvor die Geldrangliste der European Tour angeführt hat. Selbst wer Zweiter wurde, hatte meistens schon das Nachsehen." Und so musste auch Langer noch mal ein Jahr aussetzen, bevor er 1984 sein zweites Date mit Augusta National bekam - und es dank akribischer Vorbereitung ins Wochenende schaffte.

Mr. Masters: Mr. Masters:
"Nachdem ich das erste Mal den Cut verpasst hatte, machte ich mir Notizen, wo die Schläge ins Grün hinmüssen, und übte mehr Putten und Chippen." Doch weder seine erste Runde unter Par noch der 31. Platz deuteten darauf hin, was ein Jahr später passieren sollte. Mit einem siebten Platz bei der Players Championship im Rücken war Langer in guter Form nach Georgia gereist, kam jedoch schwer in Gang. In den ersten beiden Runden lag er nie unter Par, und als er am Samstag mit vier über Par von Loch 6 ging, schien es nur noch darum zu gehen, ein gutes Preisgeld mit nach Hause zu nehmen. Doch mit Birdies auf der 7 und 8 legte der Bayer den Schalter um, ein Eagle auf der 13 brachte ihn zurück auf Even Par, und als er die fünf Schlussbahnen zwei unter spielte, fand er sich plötzlich schlaggleich mit Severiano Ballesteros auf dem dritten Platz wieder.

Der Sonntag gehörte jedoch zunächst einem anderen: Curtis Strange. Der Amerikaner legte los wie die Feuerwehr und spielte auf den anspruchsvollen Front Nine vier unter Par, während Langer mehr oder weniger auf der Stelle trat. Dennoch hatte er die Hoffnung auf das Grüne Jackett nicht aufgegeben. "Als ich nach den ersten neun Löchern zum zehnten Abschlag ging, sah ich, dass ich vier Schläge hinter Curtis lag, und nahm mir vor, so aggressiv wie nur möglich zu spielen. Mir war klar, dass ich auf den Back Nine 4, 5 oder 6 unter Par spielen musste, um überhaupt eine Chance zu haben. Und das ist mir dann auch gelungen. Ich hatte vier Birdies auf den nächsten acht Löchern und Curtis hat zweimal ins Wasser gehauen. Als ich an der 17 das nächste Mal aufs Leaderboard schaute, war ich plötzlich zwei Schläge in Führung, was ich fast geahnt hatte. Man hat ja so ein Gespür für die Zuschauer und ich habe gleich mehrfach ein Raunen hinter mir was gehört, da wusste ich, da ist irgendwas passiert."

Für Seve Ballesteros, der mit Langer im vorletzten Flight spielte, war die Messe damit gelesen. "Nach meinem Birdie an der 17 gingen wir die 50 Meter zum 18. Abschlag, Seve klopfte mit auf die Schulter und sagte auf Englisch: ,Gratulation, Bernhard! Das ist dein Sieg, genieße es.' Mein erster Gedanke war: ,Noch habe ich nicht gewonnen, ich muss noch eines der schwersten Löcher spielen, weil die 18 ja furchtbar eng ist.'" Eine Einstellung, die er schmerzhaften Erlebnissen zu Beginn seiner Karriere verdankt. "Als ich 19 war, habe ich bei der Irish Open geführt, das war damals ein Riesenturnier. Da habe ich gedacht: ,Was machst du jetzt mit dem Preisgeld und was sagst du bei der Siegerehrung?' Drei Löcher später habe ich nicht mehr geführt, weil mein Kopf woanders war."

Mr. Masters: Ungefährdeter Triumph beim Limbo Masters 1985 (r.)Mr. Masters: Ungefährdeter Triumph beim Limbo Masters 1985 (r.)
Ungefährdeter Triumph beim Limbo Masters 1985 (r.)
Auch beim Masters lief nicht alles nach Plan. Nach einem perfekten Abschlag hatte Langer noch 169 Meter zur Fahne, verzog den Eisenschlag jedoch in den rechten Grünbunker und ließ sich einen Par-Putt aus gut drei Metern. Als er ihn links verschob, formte er Daumen und Zeigefinger der rechten Hand zu einer Pistole und schoss spielerisch auf den Ball: eine Geste, die man nicht macht, wenn man glaubt, gerade ein Major verspielt zu haben. "Prozentuell hatte ich hohe Chancen zu gewinnen. Curtis Strange hätte ein Birdie an der 18 spielen müssen und das war mit der Fahnenposition nicht gerade einfach." Tatsächlich spielte auch Strange ein Bogey und Langer hatte nicht nur das Grüne Jackett, sondern auch einen neuen Spitznamen.

Drei Monate vor dem Masters hatte die "New York Times" ein äußerst bizarres Porträt veröffentlicht, das von "Fritz" über "Stalingrad" bis "Wehrmacht" jedes Weltkriegsvorurteil über Deutschland bediente. Der Titel: "Red Baron Attacks U.S. Golf Tour". Als Langer am Sonntag vor der Kleiderwahl stand, erfüllte er ironischerweise genau das Titel-Klischee. "Ich bekomme jedes Jahr 20 bis 30 Hosen und Hemden von Bogner, die ich dann kombinieren kann. 1985 hatten sie sehr grelle Farben, eine Woche später habe ich in Hilton Head zum Beispiel in einem gelben Outfit gewonnen. Und beim Masters war es ganz in Rot. Rot ist eine aggressive Farbe und ich wollte das Turnier gewinnen.

Außerdem fand ich, das sah gut aus." Was Langer nicht bedacht hatte, war, dass er bei einem Sieg das Grüne Jackett darüber ziehen musste. "Die Amerikaner sagten, ich hätte ausgesehen wie ein Weihnachtsbaum", erinnert er sich lachend. "Danach habe ich immer darauf geachtet, mich passend zum Grünen Jackett zu kleiden, wenn ich um den Sieg gespielt habe."

 
Steckbrief

Steckbrief

Name
Bernhard Langer

Jahrgang
1957

Wohnort
Boca Raton, Florida (USA)

Lieblingsverein
FC Augsburg

Erfolge (Auszug)

1985 & 1995
Masters Tournament

1985, 1987, 1989, 1995, 1997, 2002 & 2004
Ryder Cup

1985
SEA Pines Heritage

1993 & 1995
Volvo PGA Championship

1981, 1982, 1985, 1986 & 1993
German Open

1989, 1991, 1997 & 2001
German Masters

2010, 2014, 2017 & 2019
The Senior Open

2010 & 2023
U.S. Senior Open

Tatsächlich war der Wahl-Floridianer danach immer wieder im Vorderfeld des Turniers zu finden. 1987, 1988 und 1990 landete er in den Top Ten - eine Leistung, die ihm zuletzt sogar noch 2014 als 56-Jährigem gelang. Dazwischen folgte 1993 sein zweiter Masters-Triumph. Mit vier Schlägen Vorsprung (und gelbem Poloshirt) ging Langer in die Schlussrunde und gab seine Führung nicht wieder ab - obwohl ihn Verfolger und Spielpartner Chip Beck an der 13 mit einem sensationellen Schlag an die Fahne unter Druck setzte. "Ich werde oft gefragt, was der beste Schlag meiner Karriere war. Von der Wichtigkeit her waren meine drei Schläge an der 13 vielleicht die besten in Serie, die ich gemacht habe. Ich hatte den Abschlag mit einem Draw um Rae's Creek gespielt und dann von einer hängenden Lage ein Eisen 3 näher an die Fahne gelegt als Chip Beck seinen Ball. Und dazu habe ich noch den Putt gelocht, weil ich das Glück hatte, bei Chip sehen zu können, wie er läuft. Somit habe ich einen Schlag gutgemacht, wo ich eventuell einen hätte verlieren können." Die letzten fünf Bahnen wurden zu einem Triumphlauf, was umso erstaunlicher war, da er mit einem Handicap gegenüber der Konkurrenz startete: Langer spielte noch veraltetes Material.

Mit seinem Sieg verewigte sich der Deutsche auf ewig in den Golf-Annalen als letzter Spieler, der ein Major mit einem Persimmon-Driver gewinnen konnte. Dabei hatte Curtis Strange bereits bei Langers erstem Masters-Sieg einen Metall-Driver im Bag, der längere Abschläge erlaubte. "Ich habe mich mit den Metall-Drivern sehr schwergetan", erklärt Langer sein Festhalten am Bewährten. "Ich fand keinen Schläger, mit dem ich gerade oder gar einen Draw spielen konnte. Ich habe alle Bälle 20 bis 40 Meter geslict. Ich wusste, dass ich mit meinem Driver zehn bis 15 Meter Länge verliere, aber es macht ja keinen Sinn, wenn ich dann dauernd rechts im Wald liege."

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