Seine erste Scorekarte, die er am 08. April 1982 ins Clubhaus brachte, war so bunt wie die Kostüme auf einem Maskenball. Auf den ersten neun Löchern notierte der 24-Jährige lediglich ein Par. Als er den letzten Putt lochte, hatte er eine 77 mit vier Birdies, sieben Bogeys und einem Doppel-Bogey gespielt. Einen Tag später stand bei brutalen Bedingungen sogar eine 78 in den Büchern - bis heute die sechstschlechteste Runde seiner Masters-Karriere. Trotzdem verpasste Langer den Cut nur um einen Schlag und der Schuldige war schnell gefunden: "Ich kann mich noch genau erinnern. Ich hatte elf Drei-Putts auf 36 Löchern. Wahnsinn! Und ich lag elf Schläge hinter dem Führenden. Ich habe solche Grüns nie erlebt", erinnert er sich mit beeindruckender Präzision an sein Debüt.
134 RUNDEN AUGUSTA
Nichts zeugt mehr von Konstanz als Langers Bilanz bei 41 Masters-Starts: In 134 Runden in Augusta spielte er kein Loch schlechter als Triple-Bogey. Zum Vergleich: 2020 verzeichnete Tiger Woods eine 10 an Loch 12, 1991 erwischte es Jack Nicklaus an derselben Bahn mit einem Quadruple-Bogey.Loch | EAGLES | BIRDIES | PARS | BOGEYS | DOUBLE BOGEYS | TRIPLE BOGEYS |
1 | 0 | 15 | 83 | 35 | 0 | 1 |
2 | 2 | 44 | 80 | 7 | 0 | 1 |
3 | 0 | 19 | 87 | 26 | 2 | 0 |
4 | 0 | 12 | 92 | 29 | 1 | 0 |
5 | 0 | 12 | 85 | 33 | 4 | 0 |
6 | 0 | 13 | 89 | 32 | 0 | 0 |
7 | 0 | 18 | 90 | 23 | 3 | 0 |
8 | 0 | 44 | 76 | 13 | 1 | 0 |
9 | 0 | 16 | 85 | 30 | 2 | 1 |
10 | 0 | 14 | 83 | 35 | 2 | 0 |
11 | 0 | 9 | 85 | 33 | 7 | 0 |
12 | 0 | 18 | 81 | 27 | 8 | 0 |
13 | 6 | 56 | 59 | 9 | 4 | 0 |
14 | 0 | 24 | 91 | 17 | 2 | 0 |
15 | 3 | 55 | 60 | 9 | 7 | 0 |
16 | 0 | 17 | 101 | 14 | 1 | 1 |
17 | 0 | 13 | 90 | 28 | 3 | 0 |
18 | 0 | 15 | 84 | 30 | 5 | 0 |

»DIE HOFFNUNG IST, AM SONNTAG ABSCHIED ZU NEHMEN UND NICHT AM FREITAG. ABER ES IST MIR KLAR, DASS ES NICHT EINFACH WIRD.«
Mit einem geschafften Cut könnte sich Langer den Rekord des ältesten Spielers im Wochenende zurückholen, den ihm 2023 Fred Couples entrissen hat. "Die Hoffnung ist, am Sonntag Abschied zu nehmen und nicht am Freitag. Aber es ist mir klar, dass es nicht einfach wird." Es wäre nicht die einzige beeindruckende Masters-Statistik seiner Karriere. Zwischen 1984 und 2002 schaffte Langer 19-mal in Folge den Cut - nur Fred Couples, Gary Player, Tiger Woods und Tom Watson hatten eine längere Serie. Und wie viele Spieler außer Tiger Woods könnten schon von sich behaupten, in Augusta National 35 Löcher in Folge Par oder besser gespielt zu haben?
Dabei war es für den gebürtigen Anhausener gar nicht so leicht, eingeladen zu werden, wie er sich erinnert. "1982 gab es nur eine Einladung für Europäer - und zwar für denjenigen, der im Jahr zuvor die Geldrangliste der European Tour angeführt hat. Selbst wer Zweiter wurde, hatte meistens schon das Nachsehen." Und so musste auch Langer noch mal ein Jahr aussetzen, bevor er 1984 sein zweites Date mit Augusta National bekam - und es dank akribischer Vorbereitung ins Wochenende schaffte.


Der Sonntag gehörte jedoch zunächst einem anderen: Curtis Strange. Der Amerikaner legte los wie die Feuerwehr und spielte auf den anspruchsvollen Front Nine vier unter Par, während Langer mehr oder weniger auf der Stelle trat. Dennoch hatte er die Hoffnung auf das Grüne Jackett nicht aufgegeben. "Als ich nach den ersten neun Löchern zum zehnten Abschlag ging, sah ich, dass ich vier Schläge hinter Curtis lag, und nahm mir vor, so aggressiv wie nur möglich zu spielen. Mir war klar, dass ich auf den Back Nine 4, 5 oder 6 unter Par spielen musste, um überhaupt eine Chance zu haben. Und das ist mir dann auch gelungen. Ich hatte vier Birdies auf den nächsten acht Löchern und Curtis hat zweimal ins Wasser gehauen. Als ich an der 17 das nächste Mal aufs Leaderboard schaute, war ich plötzlich zwei Schläge in Führung, was ich fast geahnt hatte. Man hat ja so ein Gespür für die Zuschauer und ich habe gleich mehrfach ein Raunen hinter mir was gehört, da wusste ich, da ist irgendwas passiert."
Für Seve Ballesteros, der mit Langer im vorletzten Flight spielte, war die Messe damit gelesen. "Nach meinem Birdie an der 17 gingen wir die 50 Meter zum 18. Abschlag, Seve klopfte mit auf die Schulter und sagte auf Englisch: ,Gratulation, Bernhard! Das ist dein Sieg, genieße es.' Mein erster Gedanke war: ,Noch habe ich nicht gewonnen, ich muss noch eines der schwersten Löcher spielen, weil die 18 ja furchtbar eng ist.'" Eine Einstellung, die er schmerzhaften Erlebnissen zu Beginn seiner Karriere verdankt. "Als ich 19 war, habe ich bei der Irish Open geführt, das war damals ein Riesenturnier. Da habe ich gedacht: ,Was machst du jetzt mit dem Preisgeld und was sagst du bei der Siegerehrung?' Drei Löcher später habe ich nicht mehr geführt, weil mein Kopf woanders war."


Drei Monate vor dem Masters hatte die "New York Times" ein äußerst bizarres Porträt veröffentlicht, das von "Fritz" über "Stalingrad" bis "Wehrmacht" jedes Weltkriegsvorurteil über Deutschland bediente. Der Titel: "Red Baron Attacks U.S. Golf Tour". Als Langer am Sonntag vor der Kleiderwahl stand, erfüllte er ironischerweise genau das Titel-Klischee. "Ich bekomme jedes Jahr 20 bis 30 Hosen und Hemden von Bogner, die ich dann kombinieren kann. 1985 hatten sie sehr grelle Farben, eine Woche später habe ich in Hilton Head zum Beispiel in einem gelben Outfit gewonnen. Und beim Masters war es ganz in Rot. Rot ist eine aggressive Farbe und ich wollte das Turnier gewinnen.
Außerdem fand ich, das sah gut aus." Was Langer nicht bedacht hatte, war, dass er bei einem Sieg das Grüne Jackett darüber ziehen musste. "Die Amerikaner sagten, ich hätte ausgesehen wie ein Weihnachtsbaum", erinnert er sich lachend. "Danach habe ich immer darauf geachtet, mich passend zum Grünen Jackett zu kleiden, wenn ich um den Sieg gespielt habe."

Steckbrief
NameBernhard Langer
Jahrgang
1957
Wohnort
Boca Raton, Florida (USA)
Lieblingsverein
FC Augsburg
Erfolge (Auszug)
1985 & 1995
Masters Tournament
1985, 1987, 1989, 1995, 1997, 2002 & 2004
Ryder Cup
1985
SEA Pines Heritage
1993 & 1995
Volvo PGA Championship
1981, 1982, 1985, 1986 & 1993
German Open
1989, 1991, 1997 & 2001
German Masters
2010, 2014, 2017 & 2019
The Senior Open
2010 & 2023
U.S. Senior Open
Tatsächlich war der Wahl-Floridianer danach immer wieder im Vorderfeld des Turniers zu finden. 1987, 1988 und 1990 landete er in den Top Ten - eine Leistung, die ihm zuletzt sogar noch 2014 als 56-Jährigem gelang. Dazwischen folgte 1993 sein zweiter Masters-Triumph. Mit vier Schlägen Vorsprung (und gelbem Poloshirt) ging Langer in die Schlussrunde und gab seine Führung nicht wieder ab - obwohl ihn Verfolger und Spielpartner Chip Beck an der 13 mit einem sensationellen Schlag an die Fahne unter Druck setzte. "Ich werde oft gefragt, was der beste Schlag meiner Karriere war. Von der Wichtigkeit her waren meine drei Schläge an der 13 vielleicht die besten in Serie, die ich gemacht habe. Ich hatte den Abschlag mit einem Draw um Rae's Creek gespielt und dann von einer hängenden Lage ein Eisen 3 näher an die Fahne gelegt als Chip Beck seinen Ball. Und dazu habe ich noch den Putt gelocht, weil ich das Glück hatte, bei Chip sehen zu können, wie er läuft. Somit habe ich einen Schlag gutgemacht, wo ich eventuell einen hätte verlieren können." Die letzten fünf Bahnen wurden zu einem Triumphlauf, was umso erstaunlicher war, da er mit einem Handicap gegenüber der Konkurrenz startete: Langer spielte noch veraltetes Material.
Mit seinem Sieg verewigte sich der Deutsche auf ewig in den Golf-Annalen als letzter Spieler, der ein Major mit einem Persimmon-Driver gewinnen konnte. Dabei hatte Curtis Strange bereits bei Langers erstem Masters-Sieg einen Metall-Driver im Bag, der längere Abschläge erlaubte. "Ich habe mich mit den Metall-Drivern sehr schwergetan", erklärt Langer sein Festhalten am Bewährten. "Ich fand keinen Schläger, mit dem ich gerade oder gar einen Draw spielen konnte. Ich habe alle Bälle 20 bis 40 Meter geslict. Ich wusste, dass ich mit meinem Driver zehn bis 15 Meter Länge verliere, aber es macht ja keinen Sinn, wenn ich dann dauernd rechts im Wald liege."