Wie bist du zu YouTube gekommen?
Als Teenager war ich großer Fan von "Golf Punk", weil ich liebte wie frisch und neu ihr wart. Und als ich Golftrainer wurde, schrieb ich Magazine an, ob sie einen Trainer bräuchten - vergeblich. Also ging ich zu YouTube. Ich fand Social Media immer spannend. Ich war der Erste aus meiner Clique mit einer MySpace-Seite, und einer der Ersten Engländer mit einem Twitter-Account. Meine Kollegen fragten mich, warum ich das tue, und ich dachte, das wäre die Zukunft. Dann wurde ich irgendwie süchtig danach. Das bin ich auch jetzt noch. Ich bin supersüchtig danach, Videos zu machen.
Ich habe deine ersten Videos geschaut und dich nicht erkannt ohne Bart. Wie ist es für dich, das zu sehen?
Ja, die meiste Zeit meiner YouTube-Karriere war ich glattrasiert. Es ist schon irre. Seit zwölf Jahren mache ich jetzt diese Videos und ich erinnere mich immer noch an die allerersten. Wenn ich zurückblicke, denke ich: "Wow, ich habe mich ziemlich verändert und meine Fähigkeiten vor der Kamera wirklich weiterentwickelt. Es ist schön, alles dokumentiert zu haben, denn wenn man selbst dabei ist, kann man es nicht so schätzen. Wenn ich eines Tages meinen Enkeln die Videos zeige, die ich mit Tommy Fleetwood oder Rickie Fowler gedreht habe, weiß ich es wahrscheinlich ein bisschen mehr zu schätzen.
»ICH WAR DER ERSTE AUS MEINER CLIQUE, DER EINE MYSPACE-SEITE HATTE.«
Ich weiß nicht, ob es da was gibt, denn es war eine aufregende Reise. Als ich begann, war ich der dritte oder vierte YouTube-Kanal im Golfsport. Jetzt gibt es fast tausend. Ich hätte nie erwartet, dass es je so weit kommt. Ich weiß noch, dass ich dachte, 100.000 Abonnenten wären ein unerreichbares Ziel, bis der erste Kanal das erreichte. Und ich war derjenige, der das Glück hatte, der erste YouTube-Kanal mit einer Million Abonnenten zu sein.
Hast du irgendwann Moderationstraining genommen oder wie bist du vor der Kamera so viel natürlicher und selbstbewusster geworden?
Vielleicht hätte ich das tun sollen. Nein, alles habe ich mir autodidaktisch angeeignet. Das Einzige, was ich in die Richtung gemacht habe, war Schultheater. Als ich die Schule verließ, wollte ich Tour-Golfer werden. Aber ich habe bald herausgefunden, dass ich nicht gut genug war, und wurde Trainer. Mein Unterricht war dabei mehr eine Show. Ich habe es genossen, die Leute in meinem Unterrichtsraum zu begrüßen. Ich wollte, dass sie sich unterhalten fühlen und dabei etwas Neues lernen, weil ich glaube, dass sie sich auf diese Weise besser daran erinnern.
Warst du schon als Kind extrovertiert? Ohne das ist es ja schwierig, sich in dieser Welt zu behaupten.
Wenn ich an die Schule zurückdenke, auf jeden Fall. Ich fand es toll, vor Leuten aufzutreten. Ich war immer sehr nervös, aber das Adrenalin nach dem Auftritt war so hoch. Das habe ich wirklich genossen. Und in meiner Clique war ich auch immer derjenige, der lauter und extrovertierter war. Ich bin vielleicht einfach ein bisschen selbstbewusster in bestimmten Situationen.
Bist du selbstkritisch? Sagst du dem Cutter ab und zu mal: "Ich sehe in dieser Szene nicht gut aus"?
Sehr selten. Wenn es ein wenig schmeichelhafter Winkel ist, sage ich vielleicht, sie sollen es ändern. Aber ich bin nicht mehr so selbstkritisch, was mein Aussehen angeht. Dafür bin ich ziemlich kritisch, was meinen Golfschwung auf Video angeht, aber ich würde nie einen meiner Schläge neu drehen.
Dein Schwung ist auch gerne Thema in den Kommentaren. Liest du alles, was geschrieben wird?
Ich habe ein gemischtes Verhältnis zu YouTube-Kommentaren und im Moment bin ich sehr, sehr streng mit mir, nichts zu lesen. Und ich meine rein gar nichts: Ich habe keine Social-Media-App auf meinem Handy. In letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass es meine Stimmung stärker beeinflusst als in der Vergangenheit. Ich scrolle kurz und lese ein paar Kommentare und plötzlich lege ich mein Handy weg und bin wütend und habe schlechte Laune. Aber das möchte ich nicht mehr in mein Zuhause und zu meinen Kindern mitnehmen. Es ist schwer, weil ich gerne Kommentare lese - auch negative, wenn sie konstruktiv sind. Nur die wirklich widerlichen Kommentare finde ich hart.
Wie viele Leute hast du in deinem Team beschäftigt?
14. Vor etwa neun Jahren habe ich meinen ersten Redakteur, Kameramann und Cutter eingestellt und vor sieben Jahren einen Brand Manager. Und dann ist es immer mehr gewachsen. Wir erstellen in der Regel zwei bis drei YouTube-Videos pro Woche. Dazu machen wir Kurzfilme und einen Podcast. Dann braucht es Buchhaltung und einen Büroleiter. Hättest du mir vor zwölf Jahren gesagt, ich würde mal so viele Angestellte haben, hätte ich es nicht geglaubt. Mal sehen, wie die Zahl in fünf Jahren ist.
Du liebst und lebst Golf. Heute sehen immer mehr Influencer Golf als Mittel zum Zweck, um Privilegien abzugreifen. Wie siehst du diese Entwicklung?
Ich hasse das Wort "Influencer", weil ich es unaufrichtig finde, jemanden zu beeinflussen, etwas zu tun. Ich bin organisch in die Sache reingewachsen. Ich habe lange Zeit keinen Cent damit verdient. Bisher habe ich mit X nur indirekt verdient. Aber heute gibt es viele Mitläufer im Golf-Bereich. Wie gesagt, man findet fast tausend Golf-Kanäle auf YouTube und ich möchte gar nicht daran denken, wie viele Instagram-Kanäle es im Golfsport letztendlich gibt. Die Leute bekommen nur Follower, wenn sie unterhalten, weiterbilden, die Golferfahrung der anderen verbessern, also müssen sie trotzdem gute Inhalte machen. Viele Jahre lang hatten nur Golfprofis wie ich Follower in den sozialen Medien, weil wir Tipps gaben. Jetzt kann jeder Golfer mit einem Kanal erfolgreich werden. Und das gefällt mir, wenn sich zum Beispiel viele neue Golfer mit jemandem austauschen, der gerade mit dem Golfsport begonnen hat. Es gibt jetzt auch viele weibliche Creator, die Inhalte auf Instagram erstellen. Das inspiriert hoffentlich mehr Frauen, sich für den Golfsport zu interessieren. Ich habe im Laufe der Jahre so viele Kanäle kommen und gehen sehen. Aber nur die, die wirklich engagiert sind, bleiben lange Zeit bestehen.
Verfolgst du aktiv die gesamte Creator-Szene?
Ich konsumiere eine Menge YouTube. Ich schaue mir alles mit Golfbezug an. Aber ich schaue auch viel, was nicht mit Golf zu tun hat, ich liebe etwa Technik-Rezensionen. Marques Brownlee ist einer der besten Technik-Reviewer der Welt. Also ja, ich bin ein echter Fan von YouTube. Zu Hause gucken wir kaum noch Fernsehen. Entweder läuft YouTube auf dem Fernseher oder Netflix.
Wie hat YouTube die Golfwelt verändert?
Als ich anfing, war es nicht einfach, mit Marken in Kontakt zu kommen. Mittlerweile hat mir so ziemlich jeder einzelne Schlägerhersteller einen Vertrag auf den Tisch gelegt. Ich habe keinen unterschrieben, weil ich Produkte rezensiere, aber alle großen Kanäle haben inzwischen Sponsorenverträge. Was sich ebenfalls geändert hat, ist, dass die Profis die Wichtigkeit von Social Media verstanden haben. Sieh dir Bryson an. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand diese Lücke füllt, und jetzt ist er der drittgrößte Golfkanal der Welt.
Steckbrief
NAMERick Shiels
JAHRGANG
1986
WOHNORT
Manchester
YOUTUBER SEIT
2012
LIEBLINGSVEREIN
Manchester United
ERFOLGREICHSTE VIDEOS (AUSZUG)
2020 - Cheating With Illegal Clubs (7,1 Millionen Views)
2021 - A Tour Pro Golfer's Score Around A Public Course (7 Millionen Views)
2017 - Rick Shiels vs. Dude Perfect (4,9 Millionen Views)
2022 - Can I Beat Tommy Fleetwood? (4,7 Millionen Views)
War es am Anfang für dich schwierig, Profis dazu zu bekommen, in deinen Videos aufzutreten?
Manche sind leicht zu überzeugen, andere schwerer. Mein drittes oder viertes Video war mit Branden Grace. Wir waren befreundet, als er aus Südafrika hierher zog. Er hat in dem Golfclub trainiert, in dem ich Golflehrer war, und wir haben uns angefreundet. Zu der Zeit war er natürlich noch kein großer Name. Und ich hatte einfach Glück. Ich habe auch in Pro-Ams viele Profis kennengelernt, die ich dann quasi an der Angel hatte. Aber viele Tour-Profis, besonders der jüngeren Generation, sehen sich meine Videos hier an. Mit Min Woo Lee zum Beispiel war es superleicht zu filmen, weil er den Kanal kannte, und auch Tommy Fleetwood. Vielen schreibe ich nur eine Direct Message und schlage ihnen eine Idee vor. Sie wissen, dass ich kein Investigativ-Journalist bin und sie nicht reinlegen will. Ich will eine gute Zeit mit ihnen haben und ein cooles Video drehen.
Gibt es einen Profi oder Promi, mit dem du unbedingt noch einmal gerne drehen würdest?
Tiger Woods wäre natürlich der Traum! Es ist kein Zufall, dass ich 1997 mit Golf angefangen habe - damals hat Tiger das Masters gewonnen. Er war mein Held, als ich aufwuchs, so wie er es für viele Golfer in meinem Alter war. Und dann habe ich auf meinem Handy eine Art Wunschliste von Prominenten, die ich gerne in meinem Kanal hätte. Ich möchte auch wirklich Leute dort haben, die nicht unbedingt als Golfer bekannt sind. Vor Kurzem haben wir mit dem stärksten Mann der Welt gedreht. Ich habe ein Video mit einem wirklich berühmten Fußballer in der Pipeline und in den nächsten Wochen habe ich Videodrehs mit einigen Musikern, Schauspielern und Komikern geplant. Ich glaube, jeder hat eine gute Golfgeschichte, und wenn man einen dieser hochkarätigen Prominenten, die Golf spielen, für sich gewinnen kann, erschließt das auch ein neues Publikum für meine Inhalte.