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Die angenehmsten Orte der Welt

Hofgut Georgenthal

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer

Mitten im Taunus warten 18 bildschöne Löcher und eine ganze Menge Höhenmeter darauf, bezwungen zu werden. Hat hier irgendwer behauptet, Golf wäre kein Sport?

Verteidigung wird im Taunus bereits seit beinahe 2.000 Jahren großgeschrieben. Um ihr Reich vor marodierenden Barbaren zu verteidigen, errichteten die Römer hier Teile des obergermanischen Limes, dessen Überreste sich heute quer über das Hofgut Georgenthal ziehen. Doch um 260 nach Christi stürmten die Alemannen mit einem Großangriff den Limes, durchbrachen die Mauern, setzten die Wachtürme in Brand und stürmten die Kastelle. Was den Römern fehlte, war ein Mann wie Christian Althaus. Der Golfplatzarchitekt aus Düsseldorf kennt sich in puncto Verteidigung aus wie kaum ein anderer. Davon zeugen nicht zuletzt die 18 Bahnen, die er 2015 und 2016 in die hügelige Landschaft der Gemeinde Hohenstein legte.

Mit 5.700 Metern Länge wirkt das Par 70 erst einmal nicht besonders Furcht einflößend, doch bereits bei der Auffahrt auf das 1692 gegründete Hofgut wird uns klar, dass Zahlen hier keine Bedeutung haben. Rund um das im Zentrum der Anlage gelegene Hotel türmen sich zu allen Seiten die Hügel auf, und wo Mutter Natur nicht für Schwierigkeiten gesorgt hat, hat Christian Althaus nachgeholfen. Schmale Fairways und spektakuläre Bunker lassen hier bereits früh unseren Traum von einer Par-Runde zerplatzen, aber die größten Herausforderungen sind erst auf den zweiten Blick sichtbar: die für deutsche Verhältnisse mutig ondulierten Grüns. "Gerade bei einem Platz mit kürzeren Bahnen gilt es, insbesondere die Grünkomplexe durch eine dreidimensionale Gestaltung zu verteidigen, die den Golfern ein kreatives Anspiel abverlangt", erklärt der ehemalige Bundesliga- Spieler Althaus seine Philosophie.

Die angenehmsten Orte der Welt: Zwillinge mit Fahne: grün hinter den Ohren
Zwillinge mit Fahne: grün hinter den Ohren

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Georgenthal ist kein Golfplatz wie die ,Bild'-Zeitung, sondern mehr wie ,Die Zeit'. Um ihn erfolgreich zu spielen, muss man ihn studieren und mit der richtigen Strategie an den Abschlag gehen.
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Und so finden sich auf den 18 Bahnen die ungewöhnlichsten Grünkonstruktionen. Gleich an der ersten Bahn rollt uns der Ball aufgrund einer False Front wieder vor die Füße, auf der Bahn 7 bewundern wir ein Biarritz-Grün mit tiefer Welle in der Mitte und auf dem Par 3 der Bahn 8 hat Althaus seine Mini-Version des berühmten Redan-Lochs aus North Berwick verbaut, wo das Grün von vorne nach hinten und zugleich zu einer Seite hin abfällt. "Man kann den Ball von links hineinspringen lassen, ganz unabhängig davon, wo die Fahne gesteckt ist", verrät der Architekt uns leider erst nach der Runde die richtige Spielstrategie.

Diese Feinheiten sorgen dafür, dass wir bei unserem ersten Versuch, den Meisterschaftsplatz zu bezwingen, fast verzweifeln. Doch als wir am nächsten Morgen am Frühstückstisch für einen Artikel einer Wochenzeitung länger brauchen als für die komplette Ausgabe der Boulevardpresse, haben wir eine Eingebung: Georgenthal ist kein Golfplatz wie die "Bild"-Zeitung, sondern mehr wie "Die Zeit". Um ihn erfolgreich spielen zu können, muss man ihn studieren und mit der richtigen Strategie an den Abschlag gehen. Und tatsächlich: Als wir die zweite Runde mehr wie Giovanni di Lorenzo und weniger wie Julian Reichelt angehen, klappt es plötzlich auch mit dem Score besser.

Die angenehmsten Orte der Welt: Schwarze Route: Steigeisen obligatorischDie angenehmsten Orte der Welt: Schwarze Route: Steigeisen obligatorisch
Schwarze Route: Steigeisen obligatorisch
Ein Grund liegt darin, dass man sich auf der zweiten Runde nicht mehr so von den Illusionen des Golfarchitekten austricksen lässt, die eines David Copperfield würdig wären. Aufgrund der Höhenunterschiede des Geländes lässt sich die Tiefenwahrnehmung des Spielers leicht manipulieren. "Ich habe teilweise mit optischen Täuschungen gearbeitet und Bunker in die Halbdistanz gebracht; sie wirken dadurch so, als ob sie direkt am Grün liegen", lässt sich Althaus in die Karten blicken. Aus diesem Grund ist ein Rangefinder für eine erfolgreiche Runde unerlässlich. Ansonsten greift man beim Schlag ins Grün zum falschen Schläger und beim Abschlag zur falschen Strategie. "Die Spielbahnen wirken manchmal länger, als sie sind", bestätigt der Erbauer. "Spieler zücken dadurch eher den Driver, obwohl man ihn eigentlich nicht immer bräuchte."

Das perfekte Beispiel dafür ist Bahn 7. Vom Tee aus wirkt es, als bräuchte man drei mächtige Hiebe, um die hinter einem leichten Dogleg oben auf dem Hügel wehende Fahne zu erreichen. Tatsächlich ist es aber ein kurzes Par 4. Und so wird immer deutlicher, dass der Schlüssel zum Erfolg in Georgenthal nicht Länge, sondern Genauigkeit ist. Das liegt auch daran, dass das Gelände für einen Golfplatz recht klein ist. 42 Hektar an reiner Golffläche wurden bebaut, üblicherweise werden 60 bis 80 Hektar für einen Golfplatz veranschlagt. Auch deshalb hat es rund 20 Jahre gedauert, bis aus den ersten Ideen für eine Golfanlage Realität wurden. Eine Gasleitung, ein Wanderweg, der Limes und eine Landesstraße durchkreuzen das Gelände und mussten beim Verlauf der Bahnen berücksichtigt werden. Und zu allem Überfluss mussten auch noch Wasserleitungen verlegt werden, weil die Behörden sich bei der erhofften Nutzung eines Brunnens querstellten.

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Dass uns all diese Probleme auf der Runde verborgen bleiben, ist auch ein Verdienst von Christian Althaus. "Ich versuche, den Charakter der Umgebung aufzunehmen, sodass der Golfplatz Teil der Landschaft wird", erklärt er uns seine zentrale Design-Philosophie, die unter anderem die Nutzung einheimischer Gräser einschließt. Nur in einem Punkt wird die Natürlichkeit unterbrochen. Jedes Fairway ist von zahlreichen Abflüssen durchzogen, die jedoch aus zweierlei Gründen unerlässlich sind. Zum einen führen sie das Oberflächenwasser in die Teiche und sichern so das Beregnungswasser für den Platz, zum anderen sollen sie eine mögliche Naturkatastrophe verhindern. Aufgrund der Topografie des Geländes, an dessen tiefsten Punkt sich das Hofgut befindet, musste eine Möglichkeit gefunden werden, Starkregen-Ereignisse abzufedern. Eine Problematik, die angesichts des Unglücks im nur 100 Kilometer entfernten Ahrweiler in Zukunft nur noch an Bedeutung gewinnen wird.

Die Topografie der Anlage ist Fluch und Segen zugleich. Gerade die Front Nine, die immer wieder den Hang rauf und runter führen, verlangen eine ordentliche Kondition oder ein Cart. 130 Höhenmeter zeigt unsere App bei der Pause im wunderschön gestalteten Innenhof des Hofguts an - und wir sind dankbar für die Möglichkeit, die Energie- und Flüssigkeitsreserven am gut sortierten Limes-Kiosk auffüllen zu können. Nicht die einzige Entlohnung für die Anstrengung, denn auf den höchsten Punkten der Anlage ergeben sich alle paar Meter atemberaubende Blicke über den Golfplatz und den Taunus. Das gilt besonders für die Par-3-Löcher, die immer wieder für Fotomomente sorgen. Drei von ihnen werden von erhöhten Abschlägen in die Tiefe gespielt. Dabei geht es aber nicht nur um Instagram-Momente, auf den Back Nine erfüllen sie einen praktischen Zweck. Hier laufen die Bahnen meist parallel am Hang entlang und die Par 3 transportieren die Spieler wieder ein paar Etagen nach unten.

 
WOHNEN

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HOFGUT GEORGENTHAL
In historischem Gemäuer - die Geschichte des Hofguts reicht bis ins Jahr 1692 zurück - bieten heute 40 schicke Zimmer, Suiten und ein Apartment Golfern, Wanderern und Erholungsuchenden Unterschlupf. Nach der Runde trifft man sich im historischen Innenhof oder erholt sich in einem der beiden Pools von den sportlichen Leistungen des Tages, bevor im "Giorgios" regionale Küche feinster Qualität auf den Tische kommt. Insider-Tipp: Bei der Reservierung einen Tisch in der Bibliothek wünschen. Du darfst uns später danken.
www.hofgut-georgenthal.de

Als wir nach zehn Kilometern Weg, über 200 Höhenmetern und überraschenderweise nur zwei verlorenen Bällen auf dem Abschlag der 18 stehen, genießen wir ein letztes Mal den Blick über den Platz. Ausgerechnet die Schlussbahn war der Ort, an dem Christian Althaus die erste Bahn seines Golfplatzes vor dem geistigen Auge visualisierte. "Mir war von Anfang an wichtig, auch die Schlussbahnen interessant zu gestalten und dabei das wunderschöne Hofgut in den Blick zu nehmen", erinnert er sich. Und so gehen auf den letzten Metern die müden Beine noch einmal beschwingt ihrem letzten Ziel entgegen - und der Aussicht auf einen entspannenden Ausklang des Tages. Denn Hofgut-Besitzerin Brita Hankammer hat für ihre Gäste jüngst noch einmal den Spa-Bereich aufgewertet. Zu dem Fitness-Center, der Sauna und dem Indoor-Pool kam noch ein Outdoor-Pool hinzu, von dem aus man die Sonne hinter den Hügeln des Taunus verschwinden sehen kann - um daraufhin mit der Gewissheit ins Bett zu gehen, dass die alten Römer sich so einen Luxus nicht mal erträumen konnten.

Golfplätze in der Region

GC HOFGUT GEORGENTHAL

GC HOFGUT GEORGENTHAL

18 Löcher, Par 70, 5.629 Meter

Adresse
Georgenthal 1
65329 Hohenstein
Tel. +49 6128.943.523
hofgut-georgenthal.de

Greenfee
70 Euro (Mo.-Fr.), 90 Euro (Sa., So. & Feiertage)

Der 2014 eröffnete Golfpaltz in Georgenthal war einer der mit größter Spannung erwarteten Neubauten der Nuller-Jahre und das Werk von Christian Althaus enttäuschte nicht. Fordernd für das Golfspiel wie auch die Kondition ist diese Wanderung entlang des Limes ein echtes Golf-Highlight vor der Haustür und seit die zwar äußerst fotogenen, dafür aber unglaublich hart zu spielenden Hardrough-Streifen an den Bunkerkanten niedergemäht wurden, haben hier auch höhere Handicaps ihren Spaß.

Killerloch
Bahn 3 mit ihren 395 Metern und einer Topografie, die der "Mausefalle" auf der legendären Streif in Kitzbühel ähnelt (bergauf zu spielen, versteht sich), war einst die Inspiration für unsere Serie "Schwarze Löcher" - 'nuff said.
www.hofgut-georgenthal.de

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