Ich überlege, ob ich meinen schwedischen Gastgebern zu erklären versuche, warum wir in Deutschland für den Ausdruck des Erstaunens den Begriff "alter Schwede" in unserer Umgangssprache etabliert haben, und stelle fest, dass ich das gar nicht weiß. Da ich des Schwedischen nicht mächtig bin, stelle ich mir vor, wie ich wohl angeschaut würde, sollte ich irgendwas von "Old Swede" faseln, also lasse ich es. Unsere Großeltern hätten wahrscheinlich "Donnerlittchen" gesagt. Doch auch das ist schwierig in anderen Sprachen zu erklären.
Jedenfalls ist dieses Öijared Resort für Golfer das, was den Wundergläubigen ihr Pyrenäenstädtchen Lourdes ist: eine Offenbarung. Es liegt auf einer wunderschönen bewaldeten Halbinsel am Mjörnsee und hat ziemlich genau die Größe von Manhattan. Doch während im berühmtesten New Yorker Stadtteil etwa 1,7 Millionen Menschen leben, sind es hier 60, richtig gelesen: sechzig. Drei weniger, als es rund um Hotel und Clubhaus auf vier unterschiedlichen Golfkursen Spielbahnen gibt. Mit der Eröffnung des Park Course 1989 war die Anlage mit drei 18-Loch-Plätzen und einem Neunlochplatz die größte in Europa. Und das Beste: Im Sommer ist es hier von vier Uhr bis 23 Uhr hell. 19 Stunden, an denen gegolft werden kann - mehr braucht es nicht, um glücklich zu sein! Verschweigen wir mal das Manko, dass die Golfsaison hier im Norden Europas von Anfang Mai bis Mitte Oktober deutlich kürzer als bei uns ist.


»JEDENFALLS IST DIESES ÖIJARED RESORT FÜR GOLFER DAS, WAS DEN WUNDERGLÄUBIGEN IHR PYRENÄENSTÄDTCHEN LOURDES IST: EINE OFFENBARUNG.«
Jedes Mal wenn der Himmel wieder aufriss, war rund um das Clubhaus erneut das metallische Klock akustisch so allgegenwärtig wie optisch das satte Grün. Als GolfPunks werden wir am ersten Tag von Golfmanager Lars Brydolf und von Hotelmanager Joakim Andreasson auf eine Runde auf dem Old Course eingeladen. Die Abschläge sind nicht mit Weiß, Gelb, Rot und Blau gekennzeichnet, sondern mit den Zahlen 61, 58, 55 und 50. Hängt man jeweils zwei Nullen dran, erhält man die ungefähre Länge des Platzes von den jeweiligen Abschlägen. Wir spielen von 58. Übermütig, wie es unserer Natur entspricht, fordern wir die beiden natürlich heraus , um das anschließende Bierchen zu zo cken, bevor wir um die golferische Klasse der beiden Kontrahenten wissen. Selbst mit entsprechender Vorgabe gerät die Runde aus unserer Sicht zu einer peinlichen Nummer. Lars (Handicap -2,7) und Joakim (ehemaliger Playing-Pro, Handicap +3) zeigen auf dem Parkland-Platz inmitten eines herrlichen Mischwalds großen Sport und führen nach 13 Löchern 3auf. Der Platz ist ein Traum.
Das Rough ist fair. Man findet die Bälle und kann sie auch herausspielen. Überraschenderweise bleibt auch das von uns hektoliterweise eingepackte Mückenspray im Bag - keine Spur von den von uns im Vorfeld der Reise gefürchteten Plagegeistern. Irrwitzigerweise spielen wir auf den letzten Löchern unser bestes Golf, werden außerdem von glücklichen Bounces unterstützt und gewinnen die Runde 1auf. "The Germans won - how on earth…", entfährt es Joakim beim abschließen den Shakehands. Ansonsten schweigen die beiden supersympathischen Könner in gedankenleerer Nachsicht, da ihnen zu dieser Farce wohl einfach nichts mehr einfällt.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Multi-Course. Ein aufwendig gebauter Kurzplatz mit Wasserhindernissen, Bunkern und erstklassigen ondulierten Grüns, auf dem zwar überwiegend Anfänger üben, der aber auch für gestandene Golfer eine perfekte Übungsrunde im kurzen Spiel anbietet. In der Nähe der jeweils etwa 80 Meter entfernten Grüns sind sowohl für Footgolf als auch für Discgolf entsprechende Löcher bzw. Körbe installiert. Wir haben alle drei Möglichkeiten ausprobiert und hatten bei jeder einen Heidenspaß. Dank einer Flutlichtanlage kann hier auch weit über das Ende der eigentlichen Golfsaison hinaus gespielt werden. Für Golfverrückte und vor allem Golfgruppen ist dieses Resort in jeder Hinsicht perfekt, Langeweile ausgeschlossen. Aber Wanderfreunde und Radfahrer kommen hier ebenfalls auf ihre Kosten.
Golf ist in Schweden ein Sport, der ohne jedes Chichi auskommt, weshalb auch viele Jugendliche unkomplizierten Zugang finden. Und so produziert das Land viele erfolgreiche Profi-Golfer und -Golferinnen. Ein tolles Land mit tollen Menschen und tollen Golfplätzen. Nicht nur die berühmten Clubs wie Halmstad, Bro Hof Slott oder Falsterbo sind einen Besuch wert - es gibt zahlreiche noch unbekannte Golfjuwelen wie zum Beispiel das Öijared Resort. Alter Schwede!
WOHNEN
ÖIJARED RESORTAbgeschieden und ruhig inmitten herrlicher Natur auf einer Halbinsel gelegen bietet das Öijared Resort Design, Funktionalität und Nachhaltigkeit auf höchstem Niveau. Clubhaus und Hotel sind miteinander verschmolzen. Die Architekten Gert Wingårdh (Clubhaus) und Johan Brandström (Hotel) wurden mit Preisen überhäuft. Das Clubhaus liegt unter einem Hügel. Der horizontale Kalkstein verstärkt das Gefühl, unter der Erde zu sein, und steht im Einklang mit der örtlichen Natur. Auch das 2014 fertiggestellte Hotel fügt sich mit seiner unverwechselbaren Architektur in die Landschaft ein. Die vertikalen und grob gesägten Fassadenbretter und die Bäume lassen das Gebäude mit dem Waldrand verschmelzen. Die 34 Zimmer, teilweise mit Balkon, sind vielmehr kleine Apartments für bis zu sechs Personen mit jeweils zwei Schlafzimmern. www.oijared.se
Golfplätze in der Region

ÖIJARED GOLFKLUBB & RESORT
OLD COURSE18 Löcher, Par 72, 6.087 Meter
Adresse
Öijaredsvägen 59
44892 Floda, Göteborg, Schweden
Tel. +46 302.37300
www.oijared.se
Greenfee
38 bis 76 Euro, Ermäßigungen für Hotelgäste
Die "Gamla Banan" bilden den ältesten und gleichzeitig den modernsten der drei Resort-Plätze. Den ursprünglichen Kurs entwarf Douglas Brasier, der die ersten Skizzen auf braunes Packpapier zeichnete. 1960 wurden die ersten neun Bahnen eröffnet, 1965 dann der fertige 18-Loch-Platz eingeweiht. Pierre Fulke unterzog den Platz 2008 umfangreichen Veränderungen. Der ehemalige Tourprofi und Ryder-Cup-Spieler verpasste ihm mit brandneuen ondulierten Grüns, neuen Bunkern und Fairways ein modernes Layout. Herausgekommen ist ein Parkland-Platz, der optisch und spieltechnisch begeistert und zu den anspruchsvollsten des Landes zählt.
Killerloch
Die vorletzte Bahn (495 Meter, Par 5) steckt voller Schwierigkeiten, Verlockungen und Fallen. Es spielt sich wie ein umgedrehtes C und wird von mehreren Bachläufen durchzogen. Nur wahre Longhitter können versuchen, den ersten davon zu überspielen.
www.oijared.se

NEW COURSE
18 Löcher, Par 72, 6.001 MeterGreenfee
35 bis 60 Euro
Als 1970 die "Nya Banan" eröffnet wurden, war Öijared das erste Resort Schwedens mit 36 Bahnen. Wie der Old Course führt dieser Parkland-Platz durch einen wunderschönen Mischwald, bietet herrliche Ausblicke und führt die Spieler auch ans Ufer des Mjörnsees. Der Platz ist etwas kürzer und die Landezonen der Fairways sind etwas offener. Einfach ist er deshalb trotzdem nicht. Seit vielen Jahren werden hier die Öijared Ladies Open der Telia Tour, einer Untertour der LET, ausgetragen.
Killerloch
Zum Abschluss der Front Nine (490 Meter, Par 5) muss dein Drive der Vegetation zur Linken und den drei Bunkern zur Rechten des Fairways entkommen. Das Halfway-House versöhnt für etwaige Desaster.
www.oijared.se

PARK COURSE
18 Löcher, Par 72, 4.885 MeterGreenfee
25 bis 45 Euro
Es irrt, wer aufgrund der Länge auf ein einfaches Golfvorhaben schließt. Der Park Course bietet ein wunderbares Vergnügen auf spektakulären Bahnen, auf denen weniger die Longhitter als vielmehr die Masterminds ihren Spaß haben. Der Start vom grasbewachsenen Clubhausdach ist recht einzigartig. Zahlreiche Doglegs, oftmals erhöhte Abschläge und viele enge Spielbahnen sorgen für den taktischen Anspruch, die Löcher entlang des Mjörnsees für den Augenschmaus.
Killerloch
Ein echter Scorekarten-Killer ist bei der geringen Länge des Platzes kaum auszumachen. Vielleicht gibt es aber auch 18 davon, schließlich verlangt der alte Baumbestand absolute Präzision.
www.oijared.se