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Neuseeland – Teil 2

Führ mich zum Schotter

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer

Die Besonderheit beginnt dort bereits bei der Schotterauffahrt, als mich eine junge Frau stoppt. Doch statt mich des Geländes zu verweisen, bittet sie mich auszusteigen, damit sie mein Auto parken und das Bag zum Caddie bringen kann. So spielen also die Reichen und Schönen. Das exklusive Flair von Tara Iti bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich. Obwohl es angeblich ein äußerst gut besuchter Tag ist, herrscht auf dem Platz gähnende Leere. Ich begegne lediglich zwei Vierergruppen, die mich sofort freundlich durchwinken. Es ist ein Tag wie aus dem Bilderbuch: kaum Wind, Sonne und ein klarer Blick auf die Hen and Chicken Islands, die eine herrliche Kulisse für den mit malerischen Sandhindernissen ausgestatteten Platz bilden. Dass ich am Ende mit einem dreistelligen Score ins Clubhaus komme, trübt das Erlebnis in keinster Weise. Tara Iti ist ein Golfplatz, der auf die Bucketlist jedes Golfers gehört, und wer die Chance bekommt, über Kontakte oder womöglich eine Neuauflage des "Once in a Life time"-Angebots hier zu spielen, sollte alles andere stehen und liegen lassen. Während man vielerorts das Gefühl hat, dass Privatplätze nur wegen ihrer Unspielbarkeit in den Listen der besten Golfplätze auftauchen, hat Tom Doaks Tara Iti seine Lorbeeren wirklich verdient. Vom Drive bis zum Putt wird jeder Aspekt der golferischen Fähigkeiten herausgefordert, vor allen Dingen aber das strategisch durchdachte Spiel von Tee zu Grün. Und als Bonus gibt es eine der am reizvollsten gelegenen Golflandschaften der Welt zu sehen.

Eine weitere findet sich rund 200 Kilometer nördlich. Nach einem Abstecher in den hohen Norden der Insel ans Cape Reinga und auf den mit atemberaubenden Ausblicken gesegneten St. Paul's Rock in Whangaroa mache ich mich auf nach Kauri Cliffs, einen der beiden Plätze, die Neuseeland 2004 zum Sehnsuchtsziel von Golf-Enthusiasten gemacht haben. Der hoch über der Takou Bay gelegene weitläufige Golfplatz ist zwar öffentlich, gilt aber dennoch als eine der exklusivsten Golf-Destinationen Neuseelands. Das macht auch das Holztor deutlich, das sich erst nach Anmeldung durch die Gegensprechanlage öffnet und den Weg zu einer zwei Kilometer langen Auffahrt freigibt. Während ich höre, wie die losen Steine gegen den Unterboden des Mietwagens klackern, merke ich plötzlich: Neuseeland hat mich umkonditioniert wie Iwan Pawlow seinen Hund: Bereits beim Befahren einer Schotterstraße läuft mir das Wasser im Mund zusammen, weil am anderen Ende bisher immer herausragendes Golf gewartet hat.

Neuseeland: Die Vorbereitungen auf Paris - Roubaix sind in vollem Gange (l.)Neuseeland: Die Vorbereitungen auf Paris - Roubaix sind in vollem Gange (l.)
Die Vorbereitungen auf Paris - Roubaix sind in vollem Gange (l.)

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NEUSEELAND HAT MICH UMKONDITIONIERT WIE IWAN PAWLOW SEINEN HUND. BEREITS BEIM BEFAHREN EINER SCHOTTERSTRASSE LÄUFT MIR DAS WASSER IM MUND ZUSAMMEN.
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So ist es auch diesmal. Zwar spielt sich Kauri Cliffs nicht so hart und linksartig wie die anderen Plätze, doch was die Lage angeht, steht er ihnen in kaum etwas nach. Angefangen beim fast endlosen Blick von der Driving Range, für den allein schon viele Naturfreunde Geld zahlen würden, bis hin zu den auf mehreren Ebenen verlaufenden Bahnen, die Schluchten kreuzen und an Klippen entlangführen und beinahe irreal wirken.

Kein Wunder, dass Neuseeland für mehrere Fantasy-Stoffe als Kulisse diente, sei es die Serie "Sweet Tooth", die "Chroniken von Narnia"-Trilogie, die "Planet der Aff en"Reihe, natürlich die "Herr der Ringe"oder die "Hob bit"Trilogie. Ihre Schauplätze bilden den nächsten Zwischenstopp meiner Reise. Auf der zwischen grünen Hügeln gelegenen Alexander Farm fand Regisseur Peter Jackson das perfekte Abbild für J.R.R. Tolkiens Auenland. Dummerweise war die Region so abgelegen, dass es keine Möglichkeit gab, schweres Film-Equipment nach Matamata zu transportieren. Also wurde die neuseeländische Armee verpflichtet, um beim Bau von asphaltierten Straßen und 44 Hobbit-Höhlen zu helfen. Das filmische Idyll ist heute allerdings dem Massentourismus gewichen. Alle paar Minuten kutschiert ein vollgepackter Reisebus Hobbit-Fans an das Auenland-Set und sorgen dort für ein emsigeres Treiben als bei der Schlacht um Helms Klamm.

Neuseeland:
Der komplette Kontrast dazu ist eine Runde im Kinloch Golf Club am Lake Taupo. 2007 verwandelte Jack Nicklaus Farmland in eine spannende Spielwiese für Golfer, die jedoch der komplette Gegenentwurf zu den anderen Golfplätzen der Nordinsel ist. Wie man es von dem 18-fachen Major-Sieger gewohnt ist, verlangt er den Spielern vor allen Dingen mit dem Drive mehr Präzision ab. Während in Tara Iti und Te Arai ein schlechter Drive lediglich einen ungünstigen Winkel ins Grün bedeutet, kann man in Kinloch den Ball entweder aufgeben oder nur ins Fairway zurückhacken. Trotz allem bleibt der Platz aber fair und lässt meist auch höheren Handicappern und kürzeren Spielern eine Option, die Spielbahn zu bewältigen, ohne das Bag in den Lake Taupo oder einen der zahlreichen Bunker zu werfen.

Neuseeland: Peinlich: Ian Woosnam hat die Wäsche vergessen (l.)Neuseeland: Peinlich: Ian Woosnam hat die Wäsche vergessen (l.)
Peinlich: Ian Woosnam hat die Wäsche vergessen (l.)
Keine Frage: Alle fünf High-End-Plätze der Nordinsel haben ihren tollen Ruf verdient - auch wenn das Greenfee schwer zu schlucken ist. Bevor ich am übernächsten Tag auf Cape Kidnappers das Golfabenteuer Neuseeland mit dem Platz beenden will, der den Traum vor vielen Jahren ausgelöst hat, wage ich mich noch an einen Test des Willens und der Ausdauer. Eine Stunde südlich von Taupo befindet sich der Auftakt zur Tongariro Alpine Crossing, eine fast 20 Kilometer lange Wanderung mit mehr als 1.000 Höhenmetern, die über aktives Vulkangelände führt, genauer gesagt den Mount Ngauruhoe, der in Peter Jacksons Filmen als Mount Doom fungierte. Warum er in der deutschen Übersetzung Schicksalsberg heißt, erfahre ich sechs Stunden später. Nach einer elenden Kletterei mit atemberaubenden Panoramen und einer abwechslungsreichen Landschaft, die in Worten kaum zu beschreiben ist, erspähen meine Augen einen wohlvertrauten Anblick: die Schotterstraße, die die letzten Kilometer hinab zum Parkplatz führt. Der Pep im Schritt weicht einem Schock, als ich auf eine Kante trete, umknicke, nach vorne stürze und mich abstütze. Als ich das Blut am Finger laufen sehe, schwant mir Böses. Zwar bekomme ich im Krankenhaus leichte Entwarnung, doch als ich der Ärztin erzähle, dass ich am nächsten Morgen eine Tee Time habe, bremst sie stärker als ein Pitch von Rory McIloy: "Die Wunde muss heilen. Sie dürfen wenigstens zehn Tage kein Golf spielen." Cape Kidnappers bleibt also weiter nur ein Traum. PS: Chef, ich bräuchte noch mal vier Wochen Urlaub und einen Bonus.

 

Golfplätze in der Region

TE ARAI LINKS SOUTH

TE ARAI LINKS SOUTH

18 Löcher, Par 72, 6.256 Meter

Adresse
11 Te Ara Whenua Miharo Kotiti,
Tomarata 0974
Tel. +64 9.883.4600
www.tearai.com

Greenfee
225 Euro (Juli bis September), 300 Euro (Oktober), 477 Euro (ab November)

Als Bill Coore und Ben Crenshaw den ersten Platz von Te Arai bauten, hatten sie freie Wahl beim Gelände. Entsprechend entschieden sie sich für den direkt am Meer gelegenen Teil, sodass mehr als die Hälfte der Löcher direkt an den Pazifik grenzen, der von 14 Bahnen zu sehen ist. Das spektakuläre Stück Links-Land wartet mit großzügigen, sehr natürlich ondulierten Fairways auf und fordert durch die facettenreichen Grünkomplexe dennoch auch Single-Handicapper.

Killerloch
Ein 443 Meter langes Par 4 auf der Scorekarte flößt erst ein mal Ehrfurcht ein. Auf dem Tee sieht die Sache aber schon anders aus. Zum einen, weil man beim atemberaubenden Ausblick auf das Meer alles um sich herum vergisst, zum anderen, weil das Fairway in der Landezone nach rechts wegbricht. Wer diese Speed-Pocket trifft, hat ins Grün nur noch ein Wedge - muss dabei aber einkalkulieren, welchen Einfluss der immer noch starke Höhenunterschied auf den Schlag hat.
www.tearai.com

TE ARAI LINKS NORTH

TE ARAI LINKS NORTH

18 Löcher, Par 71, 6.337 Meter

Greenfee
225 Euro (Juli bis September), 300 Euro (Oktober), 477 Euro (ab November)

Der erst im letzten Oktober eröffnete Nordplatz von Tom Doak wirkt oberflächlich wie der unattraktive Bruder, läuft doch der Großteil der Bahnen inlandig und wird nur am Anfang und am Ende der Runde von den Ozeanlöchern umklammert. Doch wie so oft wird auch hier fehlende Schönheit durch Charakter ausgeglichen. Die klug konzipierten Bahnen bieten ebenso viel Spielspaß wie spielerische Herausforderungen und fördern die Kreativät der Golfer wie Fingerfarben die von Kindern.

Killerloch
Neben einem historischen Hügel, der einst als Fort der Maori diente, thront der Abschlag von Bahn 6 hoch über dem Kurs. Von hier aus führt das 413 Meter lange Par 4 steil bergab auf ein Grün, das seinesgleichen sucht. Hinter dem Grün befindet sich ein kleiner Kamm, der optisch ein bisschen wie eine Snowboard-Halfpipe wirkt und ein ideales Hilfsmittel ist, um einen Chip auf extrem kreative Weise an die Fahne zu befördern.

KAURI CLIFFS

KAURI CLIFFS

18 Löcher, Par 72, 6.528 Meter

Adresse
139 Tepene Tablelands Road
Matauri Bay, Northland 0245
Tel. + 64 9.407.0060
www.kauricliffs.com

Greenfee
290 Euro (September/Oktober), 415 Euro (November bis Mai), 315 Euro (Juni bis August)

2004 war die Geburtsstunde für High-End-Golf in Neuseeland. Damals eröffneten Cape Kidnappers und der Schwesterplatz Kauri Cliffs, die dank vieler Helikopteraufnahmen zum Inbegriff von Golf Porn wurden. Architekt David Harman legte seine 18 Löcher auf einem riesigen Gelände spektakulär zwischen Schluchten und Klippen an. Einziger Nachteil: Bereits die Driving Range bietet einen so tollen Blick, dass man fast nicht auf das erste Tee möchte.

Killerloch
Kaum ein Platz hat derart viele Signature Holes wie Kauri Cliff. Kein Ausblick ist dabei besser als der auf der 155 Meter kurzen Bahn 7. Nicht nur der Fernblick auf die Cavalli Islands sorgt für Herzrasen, auch der Schlag über eine Schlucht, der bei schwierigen Windbedingungen durchaus mal das Zücken eines Fairwayholzes bedeutet, sorgt für schweißnasse Handflächen.
www.kauricliffs.com

KAURI CLIFFS

TARA ITI

18 Löcher, Par 72, 6.440 Meter

Adresse
Tara Iti Drive
Mangawhai 0975
www.taraiti.com

Greenfee
auf Anfrage

Der 2015 eröffnete Tara Iti Golf Club katapultierte sich direkt nach seiner Eröffnung auf die Liste der besten Golfplätze der Welt. Der spektakuläre Blick auf den Pazifik und auf die Hen and Chicken Islands begleitet einen die gesamte Runde, auf der sich grüne Fairways durch weißen Dünensand schlängeln. Nach einem jahrelangen "Once in a Lifetime"-Angebot ist der Platz mittlerweile privat, aber ein freundliches Auftreten in Te Arai, wo auch viele Tara Iti-Mitglieder ihre Runden ziehen, kann Türen öffnen.

Killerloch
Die 461 Meter lange Bahn 6 führt am nahesten am Ozean entlang, der durch ein erhöhtes Tee noch mehr ins Auge fällt. Doch das Par 4 ist nicht nur ein optischer Leckerbissen. Um das hinter einem Bunker versteckte Grün ideal anzugreifen, sollte man den Ball aggressiv auf die linke Hälfte des Fairways spielen. Ein delikater Schlag, da der Wind vom Meer aus bläst und sich durch die Drive-Landezone eine enorme Welle zieht.
www.taraiti.com

KINLOCH GOLF CLUB

KINLOCH GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.734 Meter

Adresse
261 Kinloch Road,
Kinloch, Taupo 3377
Tel. +64 7.377.8482
www.thekinlochclub.com

Greenfee
280 Euro (November bis März), 210 Euro (April bis Oktober)

Jack Nicklaus' einziger Signature Course in Neuseeland wurde 2007 eröffnet und hat einen deutlich sportlicheren Anspruch: Die schmalen Fairways und das unerbittlich hohe Rough legen die Priorität auf Genauigkeit. Der "Golden Bear" verwandelte eine ehemalige Schaffarm in einen linksartigen Platz, der wunderbar zwischen einer Bergkette und Lake Taupo liegt und trotz seines hohen Anspruchs immer den Spielspaß gewährleistet.

Killerloch
Die 521 Meter lange 6 trägt nicht umsonst den Namen Kowhiringa. Was wie der Ausruf der Ninja Turtles klingt, ist das Maori-Wort für "Optionen". Die bietet das Par 5 mehrfach, denn nach knapp 400 Metern splittet sich das Fairway gleich in drei Teile. Der linke ist von dickem Rough verteidigt und eine Bunkerkette liegt mittig zwischen den anderen beiden Fairways, von denen man mit einem Pitch das unwegsame Gelände überwinden kann.
www.thekinlochclub.com

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