Polen: Eldorado im Osten

"Wir sind auf Greenfee-Spieler angewiesen, da wir weitab aller Ballungsräume kaum Mitglieder haben", erklärt uns Arthur. "Verteilt auf die Zimmer im Clubhaus und die Apartments auf dem Platz haben wir knapp 60 Betten zur Verfügung." Selbst bei Maximalauslastung spielen in Modry Las an einem Tag also höchstens 60 Golfer - und das auf einem Spitzengolfplatz von Gary Player in traumhafter Landschaft. In Florida würde man so etwas Milliardärs-Golf nennen - in Polen kostet ein vergleichbares Vergnügen unter der Woche nur 41 Euro.

TIEF IM OSTEN

Nach drei Tagen und zwei Golfrunden in Westpommern machen wir uns auf in Richtung Osten. 350 Kilometer Landstraße sind es von Modry Las zum Sand Valley Golf Resort in Masuren. Dieser Golfplatz war es, der vor etwas über vier Jahren unseren Golfhorizont nicht nur um Polen erweiterte, sondern GolfPunk auch gleichzeitig den Kolumnisten Tony Ristola bescherte. Als wir 2016 schwer beeindruckt von den 18 Löchern, die der Finne mithilfe einer Truppe polnischer Arbeiter gebaut hatte, von denen viele zuvor noch nie einen Golfplatz betreten hatten, zurückkehrten, war uns sofort klar, einen echten Geheimtipp entdeckt zu haben.

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Als Ende der 90er die Idee aufkam, dass dieses Stück Land ideal für einen Golfplatz wäre, wurde uns schnell klar, dass wir nicht nur einen Golfplatz, sondern uns die Golfer gleich dazu bauen müssen.
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Vier Jahre später hat sich in Sand Valley wenig verändert. Der Platz ist immer noch ein absolutes Highlight für jeden Liebhaber guter Golfarchitektur. Die meisten Grüns sind immer noch aberwitzige Achterbahnfahrten, wie sie sonst nur auf weltberühmten Coore& Crenshaw- oder Tom-Doak-Plätzen zu finden sind, und der Burger im Clubhaus ist immer noch eine Wucht. Auch Antti Pohjonen, der exzentrische Chairman und CEO der Anlage, verwirklicht weiterhin seine Vision eines erstklassigen Resorts am Rande der bekannten Golfwelt. Sein blutroter Audi R8 ist inzwischen einem grauen A6 Kombi gewichen - "ohne wirklichen Motor", wie er geknickt zugibt. "Ich bin mittlerweile Vater geworden, da muss man Kompromisse machen."

Kompromisslos ist Antti allerdings weiterhin, wenn es darum geht, einen Golfplatz nach seinen Vorstellungen zu betreiben. "Vergangenes Jahr, als wir unser zehnjähriges Bestehen mit einer großen Party feierten, war auch Tony hier und wir sind zwei Tage lange den Platz abgewandert. Wir tauschten Ideen aus, an welchen Stellen wir auf dem richtigen Weg sind und auf welchen Bahnen es noch Optimierungsbedarf gibt." Das Resultat dieser Philosophie des niemals fertiggestellten Golfplatzes ist, dass Sand Valley heute eine noch bessere Anlage ist, als sie es 2016 bereits war. Auch wenn diese Art und Weise, Plätze zu bauen und zu pflegen, nicht jedem Golfer auf Anhieb gefallen wird, so kann ein Platz wie dieser spätestens nach einer zweiten gespielten Runde nahezu jeden Spieler mit seinem Variantenreichtum, der spröden Schönheit und der Tatsache, dass manche Fairways schlicht nicht verfehlt werden können, überzeugen. Golfer, die während der TV-Übertragung von Martin Kaymers US-Open-Sieg in Pinehurst insgeheim dachten: "Wow, auf solch einem Golfplatz und solch unglaublichen Grüns würde ich auch gerne einmal mein kurzes Spiel testen!", werden Sand Valley lieben - vom ersten Augenblick an.

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Natürlich riss die Corona-Saison 2020 das zarte Pflänzchen Golftourismus in Polen mitsamt der Wurzel aus. Die sonst so zahlreichen Skandinavier, die Binowo Park und Sand Valley bevölkerten, blieben nahezu vollzählig zu Hause. Auch die deutschen Spieler aus dem Großraum Berlin, für die es nach Modry Las eigentlich nur ein Katzensprung ist, spielen diesen Sommer lieber in ihren Heimatclubs. Der Einbruch an Greenfee-Einnahmen ging sogar so weit, dass mit dem Sierra Golf Club eine der bekanntesten Anlagen Anfang des Sommers den Betrieb für den Rest der Saison einstellte. Doch Anlagenbetreiber wie Antti, Arthur und Slawomir sind guter Dinge, dieses Tal der Tränen durchstehen zu können, schließlich sind die Angebote, die sie Golfern aus den Nachbarländern unterbreiten können, viel zu gut, um abgelehnt zu werden.

Am Abreisetag steht für uns noch der Postolowo Golf Club vor den Toren Danzigs auf dem Programm, dessen 7.000-Meter-Monster von einem 18-Loch-Platz für leichte Bags zum Abschluss der Reise sorgt. Knietiefes Rough und jede Menge Wasserhindernisse sorgen dafür, dass wir auch die letzte abgerockte Top-Flight-Murmel aus den tiefsten Tiefen unserer Golftaschen kramen müssen, um genügend Munition für die Runde zusammenzukratzen. Dieses knüppelharte Championship-Layout war einst die Vorzeigewiese des gesamten Landes, doch dank hervorragender Alternativen wie Modry Las und Sand Valley hat Polen mittlerweile viel mehr zu bieten als einen einzigen Spitzenplatz.

Es mag zynisch klingen, einem Seuchenjahr wie 2020 etwas Positives abgewinnen zu wollen. Doch wir haben in diesem Sommer gelernt, dass eine Golf-Traumreise nicht immer mit einem zehnstündigen Flug beginnen muss. Eine achtstündige Autofahrt führt oft zu mindestens ebenbürtigen Golfplätzen. Im Falle von Westpommern und Masuren ist diese neu erlernte Faustregel jedenfalls wahr - und von den massigen Euro, die nach einer Reise hierher noch im Budgettopf sind, kann man sich auch endlich den neuen Driver leisten, um den man schon so lange herumschleicht.

Golfplätze in der Region

SAND VALLEY GOLF RESORT

18 Löcher, Par 72, 6.529 Meter

Adresse
Sand Valley St. 23
14-400 Paslek
Tel. +48 55.248.24.00
www.sandvalley.pl

Greenfee
Mo.-Fr.: ca. 63 Euro, Sa. & So.: ca. 75 Euro

Viele der Fairways in Sand Valley sind so breit, dass selbst fieser Hook oder markerschütternder Slice nicht ausreicht, die Spielbahn zu verfehlen. Easy Sailing also? Weit gefehlt, denn die Grüns des vor elf Jahren eröffneten Designs von Lassi Pekka Tilander und Tony Ristola sind nicht von dieser Welt. Auf diesem Golfplatz kann kurz gemähtes Gras zum absoluten Albtraum werden, denn eine Fairwaylage heißt hier noch lange nicht, einen machbaren Schlag zur Fahne zu haben. Wer immer schon einmal wissen wollte, wie sich Traumziele � la Bandon Dunes, Sand Hills oder Barn-bougle Dunes wohl spielen mögen, der kann sich in der polnischen Provinz einen authentischen Eindruck verschaffen.

Killerloch
Besonders die beiden kurzen Par-4-Löcher 5 und 16 bleiben nach der Runde in Erinnerung. Einen Ball zu verlieren ist auf beiden Bahnen eigentlich unmöglich, doch dank höhergelegter und fies ondulierter Grüns stehen auch auf unter 300 Meter "langen" Par 4 schnell Doppel-Bogeys auf der Karte.
www.sandvalley.pl

POSTOLOWO GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 7.101 Meter

Adresse
Postolowo,
83-042 Elganowo
Tel. +48 600.247.248

Greenfee
Mo.-So.: ca. 61 Euro

Mit mehr als 7.000 Metern Länge von den Backtees ist Postolowo nicht nur ein echtes Monster, sondern hielt jahrelang auch den Titel des längsten Championship-Platzes in Europa. Lediglich Plus-Handicapper und Profis sollten deshalb so wahnsinnig sein, auf die Meisterschaftsabschläge zu marschieren. Alle Amateur-Golfer seien gewarnt, schließlich ist dieser Golfplatz selbst von den gelben Tees ein knüppelharter Test, der zahlreiche lange Carry-Schläge verlangt und im langen Spiel so gut wie nichts verzeiht. Auf den Grüns werden die Aufgaben dann zum Glück lösbarer - wenn es da nicht schon zu spät ist.

Killerloch
Man sollte sich auf Loch 4 den Spaß des Umwegs über den weißen Abschlag machen und heilfroh sein, seinen Drive nicht von hier spielen zu müssen. Denn diese Teebox verlangt nicht weniger als 235 Meter carry über Wasser bis zum Fairway.

MODRY LAS GOLF RESORT

18 Löcher, Par 72, 6.649 Meter

Adresse
Radun
73-200 Choszczno
Tel. +48 667.710.410
www.modrylas.pl

Greenfee
Mo.-Fr.: ca. 42 Euro, Sa. & So.: ca. 61 Euro

Gary Player, dessen Design-Company für dieses Championship-Layout verantwortlich zeichnet, meinte zur Eröffnung 2009: "Es ist ein klasse Golfplatz, den wir in eine bildschöne Naturlandschaft voll alter Kiefern entlang riesiger Seen und Felder voller Wildblumen gebaut haben." Übertrieben hat der "Black Knight" damals nicht, denn kommt auf den ersten Löchern entlang des Radun-Sees beinahe Kanada-Feeling auf, erinnern die Back Nine verdächtig an Skandinavien. Riesige Grüns mit teils heftigen Ondulierungen und Run-of-Zonen stellen sicher, dass hier niemals Langeweile aufkommt.

Killerloch
Die Ehre des schwierigsten Lochs einer Anlage wird selten einem Par 5 zuteil. Loch 2 in Modry Las bietet mit seinen 505 Metern Länge, einem strammen Dogleg und einem Bälle fressenden Wassergraben jede Menge Möglichkeiten zu verzweifeln.
www.modrylas.pl

BINOWO PARK GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.013 Meter

Adresse
Binowo 62
74-106 Stare Czarnowo
Tel. +48 918.0415.33
www.binowopark.pl

Greenfee
Mo.-Fr.: ca. 42 Euro (Tages-Greenfee), Sa. & So.: ca. 53 Euro (Tages-Greenfee)

Der im Jahr 2000 eröffnete 18-Loch-Platz des Binowo Park Golf Club liegt zwar am Rande des Bukowa-Urwalds, klaustro-phobisch enge, von alten Bäumen gesäumte Spielbahnen muss jedoch niemand befürchten. Als Gemeinschaftswerk schuf der Club zu Beginn des neuen Jahrtausends einen Platz auf hügeligem Gelände, der auf den ersten neun Löchern auch Anfängern die Möglichkeit bietet, das Handicap zu stutzen, auf den Back Nine mit prominenten Wasserhindernissen auf sechs Spielbahnen dann jedoch spürbar tougher wird.

Killerloch
Das Finish in Binowo Park hat es in sich: Mit 172 Metern über Wasser ist Loch 17 ohne Zweifel das kniffligste Par 3 der Anlage und auch die 18 erfordert zwei äußerst präzise Schläge, wenn man mit einem Birdie abschließen möchte.
www.binowopark.pl

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