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Legends Tour

Wasserball im Paradies

Von Jan Langenbein, Fotos: Yahia Nazroo & Mark Sampson

Beim Saisonfinale der Legends Tour auf Mauritius konnte eine Sintflut zwar das Turnier nicht, aber die dazugehörige Party stoppen. Das hat auch mit dem neuen Besitzer der Tour zu tun, der mit seinem frisch erworbenen Spielzeug eine ganze Menge vorhat.

Selbst ein Routinier wie Teddy Sheringham hat in seiner beinahe 40 Jahre andauernden Karriere noch nicht oft Interviews an einem derart paradiesischen Ort gegeben wie dem schneeweißen Sandstrand des "Constance Belle Mare Plage" auf Mauritius. Vor wenigen Tagen feierte der hochgewachsene, immer noch topfit wirkende Ex-Stürmer von Manchester United, der in der Premier League insgesamt 146 Tore schoss und für die englische Nationalmannschaft elfmal zuschlug, seinen 56. Geburtstag und ist nun gemeinsam mit der Familie in den Indischen Ozean gereist, um im Rahmenprogramm der europäischen Legends Tour den Titel der sogenannten Celebrity Challenge zu gewinnen. Auf dem Papier ist Teddy mit einem Handicap von -4 der stärkste Golfer im Prominentenfeld, das aus Sportlegenden und Entertainmentgrößen von den britischen Inseln besteht. Trotz größter Mühen gelingt es mir nicht, meinen deutschen Akzent zu kaschieren, als ich von ihm wissen möchte, was nervenzerfetzender sei: einen Elfmeter im voll besetzten Wembley-Stadion zu schießen oder vor jeder Menge Zuschauern mit dem Driver in der Hand aufs erste Tee zu marschieren. "Schau an, der Deutsche möchte mit mir über Elfmeterschießen sprechen", grinst er, "wer hätte das gedacht..."

Kurzer Ausflug in die Sportgeschichte: Sheringham trat beim EM-Halbfinale 1996 gegen Deutschland als fünfter Schütze beim Elfmeterschießen an und verwandelte souverän gegen Andreas Köpke, ehe Gareth Southgate als Einziger an jenem denkwürdigen Abend in London verschoss. "Aber im Ernst, beide Situationen sind tatsächlich vergleichbar, was die Anspannung angeht. Ehrlich gesagt war ich beim Elfmeterschießen weniger nervös, schließlich war das mein Job und ich hatte jahrelang dafür trainiert. Ich wusste, wie ich den Elfmeter schießen wollte, und war mir sicher, dass er schwer zu halten sein würde. Auf dem ersten Abschlag ist es dagegen still, kein Torhüter versucht, einen Ball zu halten, und trotzdem ist es nervenaufreibend. Das ist das Großartige am Golf."

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Wir haben hier Major-Sieger und Ryder-Cup-Kapitäne im Starterfeld und ich bin überzeugt davon, dass das Niveau extrem hoch ist.
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Wenige Meter den Strand hinunter erzählt Ex-Boyzone-Sänger Keith Duffy einem Kollegen aus Irland, warum er sich selbst als Favoriten auf den Titel sieht, und soll recht behalten: Zwei Tage muss sich der Musiker tatsächlich Gedanken machen, wie er die imposante Trophäe im Koffer unterbringen kann, ohne dass ein Vermögen an Übergepäck fällig wird.

An der Rezeption checken derweil mit Paul Lawrie und Michael Campbell zwei Major-Sieger ein, die sich beide berechtigte Hoffnung auf den Turniersieg in dieser Woche machen. Das Thermometer zeigt bei strahlendem Sonnenschein 29 Grad, und da mir für FC-Liverpool-Legende Robbie Fowler keine sinnvolle Frage einfällt, ist es an der Zeit, diesen schweißtreibenden Arbeitstag zu beenden.

EINE NEUE ÄRA


Zwei Tage später können wir beim Pro-Am der MCB Tour Championship am eigenen Leib erfahren, was für ein Biest der Legends Course des "Constance Belle Mare Plage Resort" sein kann. Enge Fairways flankiert von dichtem Dschungel und riesigen Wasserhindernissen sorgen dafür, dass die Ballvorräte schneller zur Neige gehen, als uns allen lieb sein kann; und trotzdem ist die Stimmung prächtig, schließlich hat noch niemand einen ernsthaften Blick auf die Wetter-App geworfen. Im Flight mit Simon Brown beeindrucken mich meine beiden Amateurkollegen, die ebenfalls aus Deutschland angereist sind, nicht nur mit gutem Spiel, sondern vor allem durch unglaubliche Coolness. Der Erfahrung nach treten Amateurspieler bei Pro-Am-Runden sichtbar nervöser auf, doch die beiden Düsseldorfer lächeln nur müde auf meine Frage, wo diese Lässigkeit herrührt: "Die Runde heute ist doch vollkommen entspannt. Erst morgen zählt es wirklich, wenn das Turnier losgeht. Wir spielen im Alliance-Feld mit und das ist eine ganz andere Anspannung, glaube uns."

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Die Alliance Series ist eine der Maßnahmen, mit denen die in den vergangenen Jahren durch Covid stark gebeutelte Tour neue Absatzmärkte erschließen möchte, und ermöglicht es Amateurspielern, nicht nur am Pro-Am, sondern am tatsächlichen Profiturnier teilzunehmen. An allen drei Tagen, Finalrunde eingeschlossen - wow!

Treibende Kraft hinter diesem beinahe revolutionären Konzept ist Ryan Howsam, der neue Chairman der Legends Tour, und als auch er seine heutige Runde beendet hat, erklärt mir der Gründer der Staysure-Versicherung bei einem kühlen Bier die Vision hinter seinem Investment. "Ich habe die Mehrheitsanteile der Legends Tour gekauft, da ich unsere Zeit als Titelsponsor der Tour bereits sehr positiv empfunden habe. Abgesehen von der Präsentation der Tour in den Medien wurde meiner Meinung nach jedoch wenig in Sachen Marketing getan. Wir haben hier Major-Sieger und Ryder-Cup-Kapitäne im Starterfeld und ich bin überzeugt, dass das Niveau extrem hoch ist. Ich möchte nicht respektlos gegenüber der DP World Tour klingen, aber ich denke, von Zeit zu Zeit haben wir Namen bei Turnieren der Legends Tour, die klangvoller sind, wie zum Beispiel Ian Woosnam oder Michael Campbell."

Mit dem Kauf der Legends Tour ist Howsam, dessen Visitenkarte ihn als CEO, Mentor und Investor ausweist, nun als erste Privatperson überhaupt im Besitz einer großen Profitour. Als Jugendlicher war er ein ambitionierter Amateurspieler und Scratch-Golfer und ist dem Golfvirus noch genauso verfallen wie damals. Jeden Tag blockt er Teile seines proppenvollen Terminkalenders, um systematisch zu trainieren: "Ich habe in den letzten Monaten gemeinsam mit Michael Campbell hart an meinen Golfspiel gearbeitet und seither auch schon Runden unter Par gespielt." Klingt beinahe so, als hätte sich der Engländer zum Ziel gesetzt, selbst noch auf seiner Tour anzutreten - als Profi, versteht sich.

Legends Tour:
"Als Chairman der Tour möchte ich nicht nur die Marke stärken und am Ende Geld verdienen, sondern vor allem auch alle Beteiligten unterhalten und ihnen eine gute Zeit bei unseren Turnieren bieten", erklärt er, als wir auf die Neuheit der Amateure im Starterfeld der Profis zu sprechen kommen. "Eine unserer Ideen war deshalb die Alliance-Serie, die an das AT&T Pro-Am in Pebble Beach oder die Dunhill Links Championship angelehnt ist. Wir alle wissen, wie schwer es ist, bei diesen Events einen Startplatz zu bekommen." Geld allein reicht bei diesen Schaulaufen der Reichen und Mächtigen schließlich nicht, um ans erste Tee treten zu dürfen, ohne beste Beziehungen geht dort gar nichts. Das Konzept der Alliance Series geht aber deutlich weiter als ein Pro-Am in Turnierlänge. Dort kann man sich bekanntlich bis zu einem gewissen Punkt hinter seinen Mitspielern verstecken, denn die Flights treten als Teams an. Bei Alliance-Turnieren auf der Legends Tour spielt jeder Amateur seinen eigenen Ball und muss einen Score ins Clubhaus bringen. Die Wertungen der Profis und Amateure werden dann natürlich getrennt.

"Die Erfahrung, bei einem Profiturnier mitzuspielen - und zwar keinen Scramble, sondern mit dem eigenen Ball -, ist etwas ganz Besonderes. Wie auch die Profis steht man unter Druck, Leistung abzuliefern. Diese Erfahrung ist im Golfsport für Hobbyspieler rar, doch wir können sie bieten", erklärt Howsam stolz und übertreibt damit nicht. Von den 15 angekündigten Turnieren der Legends-Tour-Saison 2022 werden vier im Alliance-Format gespielt, darunter auch die PGA Seniors Championship im Formby Golf Club und das Irish Legends in Rosapenna. "Dort haben wir mit Paul McGinley einen fantastischen Botschafter und ich bin mir sicher, dass wir jeden Tag Tausende Zuschauer auf der Anlage haben werden." Man kann sich vorstellen, wie es um den Adrenalinpegel der Amateure bestellt sein wird. die dort gemeinsam mit den Profis auf die Runde gehen.

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