Dabei hatte US-Kapitänin Juli Inkster ihren Spielerinnen doch dieses Jahr zum ersten Mal die Stars-and-Stripes-Kriegsbemalung verboten, damit sie das Spiel ernsthafter angingen. Wer jedoch glaubte, dass Team USA keinen anderen Weg finden würde, um den nicht vorhandenen Teamgeist nach außen zu kompensieren, sah sich getäuscht. In den folgenden Tagen wurden meine Augen nicht nur mit Flaggen-Leggings und USA-Nageldesigns der Spielerinnen beglückt, sondern ich wurde sogar unfreiwillig Zeugin, was echte Patriotinnen drunter tragen.
Klare Sache: Die Amerikanerinnen hatten in den Turniertagen modisch die Nase vorn. Das fing bereits bei der Eröffnungszeremonie am Donnerstagabend an: blaues Kleid, rote Strickjacke und Converse. Team Europa glänzt mit einem Outfit, das trotz Lederjacken sogar für den Anstandsbesuch bei der zukünftigen Schwiegermutter zu spießig ist.


Erster Tag, erster Flight, erster Abschlag und ein banges Hoffen: Wie wird wohl die Stimmung am ersten Abschlag nach Tagen des Dauerregens sein? Während sämtliches Anfeuerungsmaterial beim Ryder Cup zu horrenden Preisen verkauft wird, verteilten die Volunteers die Klatschpappen und Klatsch-Sticks kostenlos unter den früh aufgestandenen Fans. Ein zufälliger Gesprächsfetzen: "Ich will ja bei dieser Deutschen mitlaufen, wie hieß die noch mal?" Autsch!
Dank der vielen internationalen Zuschauer ließ sich sogar das etwas stimmungsfaule deutsche Golfpublikum am Freitagvormittag mitreißen, als Morgan Pressel den ersten Schlag des Turniers aufs Fairway donnerte. Mit ihrer Teamkollegin Paula Creamer bewies sie dann gegen Anna Nordqvist und Suzann Pettersen, dass Hochmut bekanntlich vor dem Fall kommt, und holte den ersten Punkt für Team USA. Stand es mittags nach den ersten vier Matches noch unentschieden, ging Team Europa am Freitagabend mit einer 4:2-Führung ins Bett.

Trotzdem lief für Team Europa alles nach Plan und es ging mit einer 8:4 in die Nachmittags-Fourballs. Inzwischen hatten die deutschen Fans Nachhilfe in Sachen Anfeuerungsrufe bekommen und die Stimmung auf dem Platz war erste Sahne, obwohl nur ein einziges Match an diesem Abend zu Ende gespielt werden konnte. Mit einem Punkt für die USA. Es schien, als sei der Cup bisher relativ ausgeglichen und bis auf die Verzögerungen ein nettes und freundschaftliches Match zwischen Nationen. Europäische Zuschauer klatschten für amerikanische Spielerinnen und von Rivalität war nur wenig zu spüren. Scheinbar. Zwischen den Kapitäninnen herrschte zu diesem Zeitpunkt bereits dicke Luft. Der Grund: Vizekapitänin Annika Sörenstam soll Spielerinnen während der Matches Ratschläge gegeben haben. Ein Recht, das nur der Kapitänin selbst zusteht.


Finaltag. Noch nie war ich so froh über einen "Inside the Ropes"-Pass, denn es schien, als sei halb Golfeuropa heute nach St. Leon-Rot gereist. Im Fokus: das Match von Charley Hull und Suzann Pettersen gegen Brittany Lincicome und Rookie Alison Lee. Das Match stand all square auf dem 17. Grün, als sich Zuschauer und Spielerinnen bereits dem 18. Abschlag zuwendeten und Alison Lee ihren Ball, der weniger als einen Meter vom Loch entfernt lag, aufnahm. Ganz zum Missfallen der Gegenspielerin aus Norwegen und das mittlerweile aus allen erdenklichen Winkeln durchleuchtete und kommentierte Unheil nahm seinen Lauf.