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Christian Althaus

TransFÖHRmation

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer

21 der insgesamt 27 Spielbahnen auf Föhr sind bereits seit ihrem Neubau vor zehn Jahren absolute Spitzenklasse. Nun ist Christian Althaus auf die Nordseeinsel zurückgekehrt, um sein Werk zu vollenden.

Eigentlich waren Golftrips nach Föhr vor allen Dingen eins: farbgewaltig. Das Blau der Nordsee, die man auf einer 50-minütigen Fährfahrt von Dagebüll überwinden muss. Der weiße Strand, auf dem man vom Hafen bis nah an den 1925 gegründeten Golf Club Föhr laufen könnte. Die grünen Fairways der linksartigen Bahnen. Und natürlich die rot, gelb und blau wehenden Fahnen, die auf den Grüns der in den drei Farben Nordfrieslands codierten Neunlochschleifen wehen. Doch als ich Ende August auf den Parkplatz des Clubs fahre, sehe ich nur eine Farbe: Braun. Wo früher die drei Schlussbahnen lagen, könnte die NASA ihren "Curiosity"-Rover fahren lassen und kaum jemand würde den Unterschied zum Mars bemerken.

Dass der Club sieben Bahnen umbaut, hatte mich zwar Architekt Christian Althaus vorgewarnt, aber es mit eigenen Augen zu sehen ist doch etwas anderes: Wo einst die blaue 1 endete, klafft ein Teich-Aushub, dessen ehemaliger Inhalt sich jetzt als 20 Meter hoher Sandberg mitten auf der blauen 9 türmt. Statt Harken steht in den Bunkern ein Schaufelbagger. Und wo normalerweise Golfer ihre Putts rollen lassen, schiebt jetzt ein Bulldozer Erde hin und her.

Doch was bringt einen Club, dessen Platz zu den fünf besten in Deutschland gehört, dazu, einen solchen Umbau in Angriff zu nehmen? Schuld daran ist der heutige Ehrenpräsident Dr. Joachim Schweim. Er war eine der treibenden Kräfte, 2009 neun neue Löcher bauen zu lassen, mit denen Christian Althaus den Platz von 18 auf 27 Löcher erweiterte. Dank eines tollen, linksartigen Designs, wild ondulierter Grüns und strategisch klug angelegter Bahnen wurden die Löcher schnell zu Favoriten der Locals. Das Problem dabei: Kaum ein Mitglied oder Gastspieler wollte noch die alten Bahnen spielen, die sich flach, ereignislos und mit austauschbaren Bunkern durch Waldschneisen zogen.

Christian Althaus:

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Was bringt einen Club, dessen Platz zu den fünf besten in Deutschland gehört, dazu, einen solchen Umbau in Angriff zu nehmen?
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Also durfte Althaus 2014 noch einmal ran und zwölf der alten Löcher renovieren. Das Ergebnis war eine Revolution. Föhr schoss in den Listen der besten Golfplätze des Landes nach oben und wurde zum Sehnsuchtsziel deutscher Golfer. Doch in die Euphorie gesellte sich auch immer sanfte Kritik ob der noch unbearbeiteten Löcher, die gerade als Schlussbahnen der drei Neunloch-Schleifen einen etwas enttäuschenden finalen Eindruck hinterließen. Das soll sich ab 2023 ändern.

Nun ist es eine Sache, Löcher neu zu bauen. Eine ganz andere ist es, Bahnen umzubauen - ohne den Spielbetrieb zu beeinträchtigen. Für Letzteres war Thomas Anlauf verantwortlich. "Ich habe aus den nicht beeinträchtigten Löchern ein neues Routing mit relativ kurzen Laufwegen gemacht", erzählt der ehemalige Spielführer und heutige Clubmanager. Mit erstaunlichem Ergebnis, wie er lachend berichtet: "Die Gäste meinten, es sei schön. Jetzt sind nur noch die guten Löcher drin." Die Definition der "guten Löcher" dürfte sich jedoch bald ändern, vermutet Anlauf. "Bisher war die Kombination Rot-Gelb unsere Signature Round, aber meine Prognose ist, dass Blau-Rot sie in Zukunft ablösen wird."

Warum dies so ist, schaue ich mir persönlich an - auch wenn man etwas Vorstellungsvermögen braucht, um die fertigen Bahnen zu visualisieren. Wie ein Golfloch in der Bauphase aussieht, ist schwierig zu beschreiben. Spricht man mit Christian Althaus, fallen Wörter wie "Abfräsen", "Tiefenpflügen", "Irrigation" oder "BunkerLinien". Für Laien mag es einfacher sein, sich das Ganze wie Arnold Schwarzeneggers "Terminator" vorzustellen: Im fertigen Zustand werden die Grüns einmal so perfekt manikürt sein wie dessen Stoppelfrisur und die Fairways Ondulierungen haben wie sein Sixpack und die Oberarme. Aktuell sind die Bahnen aber wie das Endoskelett des T-800. Das Skelett sind in diesem Fall die bereits früh im Bauprozess vorgeformten Bunker, die erahnen lassen, wie Fairways und Grüns verteidigt werden. Und so wie beim T-800 die Elektrik herausguckt, sind es hier die 15 Zentimeter dicken Rohre der Beregnung.

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Hoffnungsvoll: 2023 ist Braun kein Thema mehr
Föhr verwendet eine zweireihige Beregnung, die das Wasser effizienter nutzt. "Mit einer Doppelberegnung kann man effektiver beregnen", weiß Christian Althaus. "Bei einer Regneranordnung in der Mitte ist die Wasserverteilung sehr ungleichmäßig." Um diesen Effekt zu vermeiden, sind auf den Grüns auch die Sprinkler im Dreiecksverbund zusammengeschaltet. So wird der Wasserverbrauch um 20 Prozent reduziert. Die Anpassung des Platzes an die Umwelt wird auch an anderer Stelle deutlich. Zwar fielen einige Bäume dem Umbau zum Opfer, dies geschah jedoch im Einklang mit der Unteren Naturschutzbehörde. "Es sind vor allen Dingen fremde Arten und Fichten rausgekommen, die hier eigentlich gar nicht vorgesehen waren. Aber da wir diese Flächen überwiegend mit Heide und Sandbrachen aufwerten, gab es kein Problem", erklärt Thomas Anlauf. "Wir haben 15.000 Strandhafer und 20.000 Heidepflanzen vorproduzieren lassen", ergänzt Althaus die Dimension dieses Projekts - und verrät so auch, auf welche optischen Reize sich Föhr-Besucher in Zukunft freuen können.

Althaus ist bekennender Fan von Augusta-National-Architekt Alister MacKenzie, was man auf Föhr sieht. Zwar sind die Plätze grundverschieden, aber sie wenden die gleichen Designphilosophien an. MacKenzie tarnte einst Schützengräben, sodass sie sich natürlich in ihre Umgebung einbanden. Die dort gelernten Tricks wendete er auf das Golfplatz-Design an. Auch Althaus arbeitet mit diesen Prinzipien. Dies wird deutlich, als ich das neue Routing abschreite. Gleich auf der blauen 1 scheint ein Fairway-Bunker hungrig auf Abschläge zu warten. Tatsächlich ist er jedoch viel weiter entfernt als vermutet, weil er in einen Hügel eingebettet wurde. Ein Effekt, der beim Schlag ins Grün sogar noch raffinierter angewendet wird. Als ich im zukünftigen Fairway stehend nach vorne blicke, fällt mir ein Bunker auf, der vermeintlich das Grün verteidigt. Doch als ich näher komme, erkenne ich, dass er in Wirklichkeit 30 Meter dahinter liegt und überhaupt nicht ins Spiel kommt. Ähnliche optische Illusionen finden sich auf Föhr immer wieder.

Auch als ich zwei Monate später erneut die Baustelle besuche, glaube ich, einem optischen Trick erlegen zu sein. Zwar ist immer noch alles braun, aber die Bahnen haben bereits rapide Fortschritte gemacht. Die ebenfalls neu gestalteten Übungsanlagen werden bereits eingesät und fast alle Grüns sind fertig geformt. "In zwei Wochen ziehen die großen Maschinen ab", so die Planung von Bauunternehmer Dennis Brehmer. Bedenkt man, dass erst am 01. August mit dem Umbau begonnen wurde, hat das Gros der Arbeit nur knapp zehn Wochen gedauert. Angesichts der logistischen Herausforderung ein kleines Wunder: Sämtliche Maschinen mussten mit der Fähre übergesetzt und mitten in der Ferienzeit Unterkünfte organisiert werden. Zum Glück war das Team eher klein. "Die meiste Zeit waren es acht, neun Arbeiter, für die Aussaat sind jetzt noch mal fünf weitere hinzugekommen", zählt Althaus auf. Der Wichtigste von ihnen ist Mark Turner. Die Künstlerseele aus dem Westen Irlands war einst Greenkeeper in St. Andrews, aber dort war ihm alles zu strikt durchgeplant. Als Shaper kann er jetzt den Michelangelo in sich ausleben. Nur dass er nicht mit Hammer und Meißel Marmor zu David formt, sondern mit Bulldozer und Bagger Sand in 18 Grüns verwandelt.

Christian Althaus:
Als ich ihn treffe, weist er gerade einen Kollegen an, wo er seinen Anhänger mit der Rasentragschicht abkippen soll. Anschließend setzt er sich auf seinen Caterpillar und bringt den Untergrund, auf dem in wenigen Monaten Golfer ihre Birdie-Putts versenken sollen, in Form. Den Verlauf der Grüns hat Architekt Christian Althaus zwar bereits auf dem Bauplan festgelegt, aber für die Feinheiten vertraut er ganz dem Bauchgefühl des erfahrenen Mark Turner - oder besser gesagt, dem Gefühl in dessen Fuß, mit dem er die Raupe steuert. Ein Werkzeug, das auf den ersten Blick ein wenig grob für eine derart feine Arbeit wirkt. Aber der Eindruck täuscht, wie Christian Althaus erklärt. "Die Raupe erzeugt eine gleichmäßige Verdichtung, weil sie aufgrund ihrer Ketten weniger Druck erzeugt als ein Fußabdruck."

Wer wie ich in seinem Heimatclub einen normalen Golfplatz gewohnt ist, staunt vor allen Dingen über die bis zu 700 Quadratmeter großen Grüns in Föhr-Dimensionen, vor denen die meisten Clubs auch aus Kostengründen zurückschrecken. Für eine gute Drainage brauchen Grüns jede Menge Sand und der ist in den letzten Jahren richtig teuer geworden. "Der Sand, den wir im Untergrund finden, ist umsonst", lüftet Christian Althaus den größten Vorteil von Föhr, "also können wir auch die Grüns größer machen." Und ondulierter. Nur ein Grün fällt ein wenig aus dem Rahmen. Als ich das direkt vor der Clubhausterrasse gelegene Finale der gelben 9 betrachte, fällt auf, dass sie flach wie eine Flunder ist. Meiner vorschnellen Folgerung, dass Mark Turner hier wohl noch mal ranmüsse, entgegnet Christian Althaus, dass es sich um eine bewusste Entscheidung handele. "Ich wollte das Grün der gelben 9 so bauen, wie es auch schon früher war, vor der Tradition dieser Bahn hatte ich Respekt."

"Respekt" ist auch das Wort, das sich mir am Ende meiner zwei Besuche aufdrängt: Respekt vor der sicher nicht ganz günstigen Entscheidung von Clubpräsident Achim von Stutterheim und seinen Mitgliedern, aus einem sehr guten Platz einen exzellenten Platz machen zu wollen. Respekt vor dem Einsatz der Arbeiter, die bei Hitze und Regen in Windeseile Bahnen aus dem Boden gezaubert haben, die bereits im Rohzustand großen Spielspaß für die Zukunft versprechen. Und Respekt vor Architekt Christian Althaus, der nun allen 27 Spielbahnen seinen individuellen Fingerabdruck verpasst hat. Wenn im Frühjahr alles angewachsen ist und die ersten Bälle über die neuen Bahnen rollen, ist die "Transföhrmation" abgeschlossen. Für alle Zeiten? Eine Frage, über die ich an Deck der Fähre gen Festland viel nachdenke - und bei der mir ein Zitat von Christian Althaus einfällt, als wir über die besten Golfplätze der Welt sprachen. "An vielen Spitzenplätzen ist auch ständig irgendetwas geändert und optimiert worden."

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