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Bahn Nr. 4 auf C.B. Macdonalds National Golf Links of America (Par 3, 179 Meter)

Der Blick des Architekten

Die Template-Bahnen Vol.1 - Das Redan

Von Tony Ristola, Fotos: Illustrationen: Tony Ristola

Selbst Klassiker des Golfplatzdesigns waren zur Zeit ihres Baus alles andere als unumstritten. Der Zwist zwischen C.B. Macdonald und Robert Hunter zeigt, dass Golfplatzarchitekten bereits vor 100 Jahren Diven sein konnten. Unser Kolumnist Tony Ristola weiss, welcher der beiden damals ein Snickers vertragen hätte.

Der 1911 eröffnete National Golf Links of America ist der erste wirklich großartige Golfplatz, der in den Vereinigten Staaten gebaut wurde. Das Konzept des verantwortlichen Architekten C.B. Macdonald bestand darin, neue Versionen bereits bestehender und bewährter Golflöcher, die Macdonald zuvor in Schottland, England und sogar Frankreich besucht und vermessen hatte, in der Neuen Welt zu bauen. In seinen eigenen Worten klingt diese Designphilosophie so: "Diese Entwürfe stellen nicht zwangsläufig Kopien einzelner Spielbahnen vom Abschlag bis zum Grün dar. In den meisten Fällen wurden die herausragenden Eigenschaften, die ein Golfloch meines Erachtens nach interessant machen, übernommen und auf eine Spielbahn mit anderen Abmessungen übertragen."

Nachdem sich C.B. Macdonald wenig später aus dem Golfplatzdesign zurückgezogen hatte, übernahm Seth Raynor, der als Bauleiter des National Golf Links of America und als Macdonalds Design-Protegée fungierte, diese Sammlung von Spielbahnen, Grüns und berühmten Bunker-Schemata, die heute als Templates bekannt sind, und übertrug sie auf die unterschiedlichsten Formen der Landschaft in ganz Amerika. Von 1914 bis zu seinen frühen Tod 1926 wendete Raynor diese Vorlagen gewissenhaft auf etwa 100 verschiedenen Golfplätzen an.

Längst nicht alle Architekten dieser Ära waren von solch einer Arbeitsweise überzeugt, wie der vernichtende Verriss von Robert Hunter in seinem 1926 veröffentlichten Buch "The Links" beweist: "Es gibt erstaunliche Dinge, die heutzutage von den besten Männern getan werden; aber leider sind sie zu beschäftigt, darüber zu schreiben. Es gibt auch, wie ich wiederholt betont habe, viele Plätze, die mit großem Aufwand gebaut werden und einen Schandfleck in der Landschaft hinterlassen. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Architekten, der vor einigen Jahren auf der Bildfläche erschien und ein Päckchen Plastilinmodelle von Grüns und Bunkern unter dem Arm trug. Wohin er auch ging, versuchte er, diese in die Landschaft zu integrieren, und die Ergebnisse waren in den meisten Fällen beklagenswert. Nachdem er sich in den Medien als Designer der meisten Meisterschaftsplätze bezeichnet hatte, wurde er von denen, die es nicht besser wussten, mit offenen Armen empfangen und viele Clubs zahlten ihm immense Summen, um Spielbahnen zu bauen, die nie gespielt wurden, und um Grüns zu reproduzieren, die danach wieder um gepflügt wurden. Vor Kurzem wurden mir Modelle einiger Grüns gezeigt, die in Kalifornien gebaut werden sollen. Viele von ihnen waren vertraut und ausgezeichnete Kopien von zu Recht weltberühmten Grüns. Aber ich stellte fest, dass einige nicht für die Bedingungen und das Gelände geeignet waren, in die sie gebaut werden mussten... Es waren allesamt gute Grüns und in der richtigen Umgebung wäre das uneingeschränkte Lob gerechtfertigt, das ihnen zuteil wurde. Doch aus ihrem heimischen Boden herausgerissen und unter den ungeeignetsten Bedingungen an der kalifornischen Küste neu gebaut sind sie dazu bestimmt, Denkmäler der Dummheit eines Plagiators zu werden, der, nachdem er diese Schätze mühsam kopiert hatte, nicht die geringste Idee hatte, was mit ihnen anzufangen ist."

Ich verstehe Hunters leidenschaftliche Kritik, eine Reihe von Designideen eines Golfplatzes am anderen Ende des Landes zu wiederholen, wie es Seth Raynor getan hatte. Es erscheint verschwenderisch, Ideen mit großem Aufwand aus dem Boden zu stampfen, anstatt neue Spielbahnen, die von dem gegebenen Gelände und dem regionalen Charme inspiriert wurden, zu entwickeln. Dieser Ansatz widersprach der Philosophie seines Designpartners Dr. MacKenzie, der sein Buch "Golf Architecture" 1920 mit dem folgenden Satz begann: "Die Ökonomie des Golfplatzbaus besteht aus dem bestmöglichen Resultat zu den geringstmöglichen Kosten."

Der Blick des Architekten: Das Original-Redan: Loch Nr. 15 in North Berwick (Par 3, 173 Meter)
Das Original-Redan: Loch Nr. 15 in North Berwick (Par 3, 173 Meter)

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Es gibt auch, wie ich wiederholt betont habe, viele Plätze, die mit großem Aufwand gebaut werden und einen Schandfleck in der Landschaft hinterlassen.
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C.B. Macdonald hingegen führte eine eloquente Verteidigung seiner Arbeitsweise ins Feld und konterte Hunters Kritik mit Leichtigkeit: "Sollte es den Anschein erwecken, dass dieser Text, anstatt neue Lehren zu proklamieren oder originelle Ideen zu liefern, eher der Methode dient, alte, etablierte Prinzipien zu erläutern und lange geformte Meinungen zu bestätigen, kann ich zu meiner Entschuldigung nur ins Feld führen, dass wahrer Geschmack in jeder Kunstform darin besteht, erprobte Mittel an bestimmte Umstände anzupassen, und nicht im übermäßigen Durst nach Neuheit…"

Eine einfache Frage kann heute, eine ganzes Jahrhundert nach diesem Disput, Aufschluss darüber geben, ob sich Macdonalds und Raynors Designphilosophie, so kostspielig sie auch sein mag, als gerechtfertigt erwiesen hat. Haben diese auf den Templates basierten Golfplätze den Test der Zeit bestanden? Wahrscheinlich würde sich Hunter im Grabe umdrehen, würde er vom Erfolg seiner Lieblingsfeinde erfahren, denn die nach den berühmten Vorlagen entworfenen Plätze sind auch heute noch äußerst populäre und immer noch Objekt zahlreicher Designstudien.

Der Blick des Architekten: Das Reverse Redan im Country Club of Charleston (Loch 11, Par 3, 162 Meter)
Das Reverse Redan im Country Club of Charleston (Loch 11, Par 3, 162 Meter)
Der National Golf Links of America wurde kürzlich erst auf den fünften Rang der 100 besten Golfplätze weltweit gewählt. Zwei weitere Template-Plätze fanden sich darüber hinaus unter den Top 20 und vier andere ebenfalls weiter unten auf der elitären Liste. Auch unabhängig von diesen Rankings gelten viele dieser Designklassiker heute als die besten Plätze ihrer Region und werden regelmäßig mit Lob überschüttet.

Das Template-Konzept hat sich allerdings auch auf anderer Ebene als äußerst positiv für die Golfplatzarchitektur herausgestellt. Diese Spielbahnen beweisen immer wieder ihren zeitlosen Wert darin, Architekturwissen zu bewahren und weiterzugeben, da es sich um vorbildliche Beispiele dafür handelt, was Golfdesign sein sollte und sein kann.

DIE MUTTER ALLER PAR 3


Widmen wir uns also dem ersten und vielleicht berühmtesten der Templates: dem Redan - Loch 15 im North Berwick Golf Club in Schottland, dessen Grundidee von zahllosen Golfplatzarchitekten in mehr als 100 zurückliegenden Jahren immer und immer wieder entwendet wurde.

Selbst auf vollkommen flachem, aus dem Nichts gebautem Untergrund ist das Redan eine kosteneffiziente Methode, ein strategisch interessantes und optisch äußerst attraktives Design in die Spielbahnen-Abfolge einzufügen. Seine Kraft schöpft dieses Design aus drei wesentlichen Elementen:
  1. Ein erhöhtes Table-top-Grün, das sich von vorne rechts nach hinten links neigt.
  2. Der höchste Punkt des Grüns, von dem die Bälle in sämtliche Richtungen rollen, befindet sich vorne rechts.
  3. Ein Bunker von drei oder mehr Metern Tiefe verteidigt die linke Seite des Grüns.
Die Idee ist simpel. Die interessanteste Fahnenposition eines Redan-Lochs befindet sich hinten links im Grün. Der Abschlag muss dafür vorne rechts oder mittig im Grün landen, von wo die Neigung der Putt-Oberfläche den Ball Richtung Fahne rollen lässt. Abschläge, die im Bunker landen, führen zwangsläufig zu einem äußerst kniffligen Up and Down. Tee-Shots, die die Landezonen an anderer Stelle verfehlen, werden zwangsläufig von den Konturen des Grüns in alle möglichen Richtungen abgelenkt, nur nicht zur Fahne. Der beste Fehlschlag auf einem Redan ist daher meist lang und links.

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie als Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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