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Der Blick des Architekten

Was gute Grüns ausmacht

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Die Grüns sind die Visitenkarte einer Golfanlage und entscheiden darüber, ob ein Platz Spielern Spass und Herausforderung bietet und hoffentlich nicht langweilt oder sogar frustriert. Unser Kolumnist weiss, was gute Grüns ausmacht und wie selbst aus mittelmässigen Putt-Oberflächen echte Meisterwerke werden können.

Oben: Nachdem die Drainage von oben verlegt wurde, bleibt als einzige noch zu erledigende Aufgabe der Austausch der Soden

Putting-Grüns sind mit die teuersten Posten beim Bau eines Golfplatzes. Sie kosten zwischen 20.000 und 50.000 Euro pro Exemplar; es sei denn, eine Anlage hat das Glück, die heimischen Böden verwenden zu können. Es gibt verschiedene Bauweisen, aber im Allgemeinen wächst das Gras moderner Grüns auf einer 30 Zentimeter dicken Sandschicht. Grüns, die älter als 40 Jahre sind, wurden wahrscheinlich nicht nach modernen Standards gebaut, was allerdings nicht bedeutet, dass sie nicht trotzdem exzellent sein können. Ich konnte schon oft beobachten, wie Greenkeeper aus nicht ideal gebauten Grüns absolut außergewöhnliche Putting-Flächen gezaubert haben.

SCHATTEN UND WIND


Werden Grüns von Bäumen und Sträuchern überwuchert, die den Wind und die Morgensonne blockieren, werden sämtliche Maßnahmen zur Verbesserung der Grünqualität keinen Erfolg haben, solange die störende Biomasse nicht abgeholzt wird. Jede Maßnahme vor dem Stutzen des Wildwuchses wäre reine Geldverschwendung. Es ist sehr wahrscheinlich, dass allein diese Maßnahme die Qualität der Grüns spürbar verbessern wird, da das Gras nicht nur mit mehr Sonne versorgt wird, sondern auch der Wind dafür sorgt, dass stehendes Wasser schneller trocknet und so einer Pilzbildung vorgebeugt werden kann.

DRAINAGE VON OBEN


Mangelhafte Entwässerung ist oft die Ursache schlechter Grüns. Dieses Problem lässt sich glücklicherweise zügig durch den Einbau von Drainagen beheben, die sicherstellen, dass das Grün bereits wenige Tage nach der Umbaumaßnahme wieder bespielbar ist. Dabei handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, bei dem Drainageleitungen in Abständen von fünf Metern und etwa 35 Zentimeter unterhalb des ursprünglichen Niveaus verlegt werden. Alle Arbeiten außer dem Ausheben des Grabens werden von Hand ausgeführt. Das bedeutet, das Abtragen des ausgehobenen Bodens und das Verdichten der Gräben nach dem Einbau der Drainagerohre erfolgen in Handarbeit. Die Hohlräume werden nicht mit der normalen Rasentragschicht (80% Sand und 20% organisches Material), sondern mit einem speziellen Gemisch gefüllt. Sobald der Graben aufgefüllt, verdichtet und auf eine ebene Fläche gebracht ist, wird die Grasnarbe wieder genau dort verlegt, wo sie vorher war. Auch das Verlegen von Rollrasen erfolgt von Hand, da Rollrasenmaschinen zu groß und ungenau sind. Die Vorteile solch kleiner Eingriffe sind vielfältig: Sie kosten etwa ein Drittel des Wiederaufbaus eines Grüns und es dauert nur Tage statt Monate, bis das Grün bespielbar ist, und dazu bleiben die ursprünglichen Konturen des Grüns eins zu eins erhalten.

Der Blick des Architekten:

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DIE VORTEILE SOLCH KLEINER EINGRIFFE SIND VIELFÄLTIG: SIE KOSTEN ETWA EIN DRITTEL DES WIEDERAUFBAUS EINES GRÜNS UND ES DAUERT NUR TAGE STATT MONATE, BIS DAS GRÜN BESPIELBAR IST.
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Bild oben: Der Aushub für die Erweiterung wurde ausgeschnitten und die Drainage installiert. Nun muss der Hohlraum mit der gewählten Grünbaumethode verfüllt und mit Rasen bedeckt werden

ERWEITERUNG VON GRÜNFLÄCHEN


Tatsache: Grüns schrumpfen im Laufe der Zeit, werden von Bunkern weg verlegt oder wurden schlicht kleiner in die für sie vorgesehenen Flächen gebaut, als es vom Architekten gedacht war. In all diesen Fällen verliert eine Spielbahn ihre interessantesten Fahnenpositionen, nämlich die an den Rändern des Grüns. Aus diesem Grund ist die Erweiterung bestehender Grüns oft eine elegante Lösung, nicht nur die strategischen Möglichkeiten einer Spielbahn, sondern auch die Qualität des Grüns an sich zu verbessern. Zwei grundsätzliche Möglichkeiten, Grünflächen zu erweitern, gilt es zu unterscheiden. Die erste ist die agronomische, also eine landwirtschaftswissenschaftliche Variante. Im Idealfall legt ein Golfplatzarchitekt fest, wohin ein Grün erweitert werden sollte. Schon in der frühen Planungsphase sollte der Designer dabei von einem hoch qualifizierten Agronomen begleitet werden. Dieser wird ein Programm zur Umwandlung des Vorgrüns, des Fairways oder des Semi-Roughs in ein Putting-Grün ausarbeiten. Diese standortspezifischen Maßnahmen werden wahrscheinlich eine Kombination aus aggressivem Vertikutieren, Aerifizierung, Topdressing, also Sanden, und möglicherweise Tiefbohrungen umfassen. Die Ergebnisse werden nicht sofort sichtbar sein, aber mit der Zeit werden diese Bereiche wie das bestehende Grün aussehen und zu spielen sein.

Eine weitere Möglichkeit ist selbstverständlich der komplette Neubau der Erweiterungsflächen eines Grüns. Dazu muss die betreffende Fläche sauber und tief ausgehoben und die erweiterte Fläche mit einer von mehreren möglichen Grün-Konstruktionsweisen neu aufgebaut werden. In niedrigen, wassersammelnden Bereichen wird zusätzlich eine Drainage eingebaut. Ich bin kein Fan von Rollrasen, aber bei Erweiterungen dieser Art ist es am sinnvollsten, sie zu begrünen.

Der Blick des Architekten:
Bild oben: QUERSCHNITT EINES MODERNEN GRÜNS
1. Mutterboden, 2. verdichteter Unterboden, 3. Rasentragschicht. Diese etwa 30 cm dicke Schicht besteht zu 80 bis 90 Prozent aus laborgeprüftem Sand, dem organisches Material beigemischt ist, 4. Drainagekiesschicht von 10 bis 15 cm, 5. Drainagerohre, die in einem Abstand von etwa 5 Metern verlegt werden

Moderne Putting-Grüns folgen meist dieser Bauweise, doch es gibt auch andere Richtlinien. Bei der California-Methode beispielsweise entfällt die Kiesschicht. Bei schnell entwässerndem Untergrund können sowohl die Kiesschicht als auch die Drainagerohre wegfallen.


EINE BESSERE RASENTRAGSCHICHT UND NEUE KONTUREN


Leider schleppen viele Golfplätze mit flachen, langweiligen Grüns eine schwere Hypothek mit sich herum. Da großartige Grüns allein einen Golfplatz außergewöhnlich machen können, sind langweilige Grüns nicht weniger als ein kostspieliger Designfehler. Teuer deshalb, weil sie dem Club schlicht Qualität rauben und weil langweilige Grüns irgendwann erneuert werden müssen.

Hervorragende Designqualität ist lediglich eine Frage eines motivierten Architekten. Die meisten guten Grüns entstehen nicht aus einer Bürozeichnung, sondern sind das Ergebnis von Inspiration und Verfeinerung durch ihren Schöpfer vor Ort.

Um aus mittelmäßigen Grüns gute zu machen, muss allerdings kein Club seine gesamten Grüns umgestalten oder deren gesamte Rasentragschicht ausgraben und ersetzen. Genauso wie die Oberflächenkonturen eines Grüns kann auch dessen wichtiger Unterbau, die Rasentragschicht, angepasst werden.

Um dies zu erreichen, wird als Erstes das Grün gesät. Ist die Qualität der Grasoberfläche gut, kann sie auf Paletten gelagert und später zur Neubepflanzung des Grüns verwendet werden. Nachdem das Gras entfernt wurde, muss die Rasentragschicht mit frischem Sand gemischt werden, was entweder mit einer Mischschaufel und einem kleinen Bagger oder mit Fräsen erreicht werden kann.

Zum Anlegen von Konturen auf flachen Grüns wird einfach zusätzlicher Sand in die vorhandene Rasentragschicht eingebracht. Danach kann das zuvor abgetragene Gras wieder verlegt werden oder eine neue Grasoberfläche eingesät werden. Bei einer Neuansaat sind etwa 20 Wochen nötig, bevor der Platz für das Spiel freigegeben werden kann.

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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