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Der Blick des Architekten

Was wir von Augusta lernen können

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Kein anderer Golfplatz ist im kollektiven Gedächtnis der Golfer derart verankert wie der Augusta National Golf Club. Aber ist an der Magnolia Lane auch wirklich alles vorbildlich? Unser Kolumnist hat dazu eine Meinung.

Bild oben: Loch 11, Par 4, 475 Meter Seitliches Wasser hat einen größeren Einfluss auf das Spiel von Profis als erzwungene Carrys, da sie genau wissen, wie weit sie den Ball schlagen, und ihre Fehlschläge im langen Spiel entweder nach links oder rechts abdriften

Augusta National, der Maßstab für Perfektion in der Welt des Golfsports, hat die Art und Weise geprägt, wie viele von uns Golfplätze betrachten. Die Anlage in Georgia liefert großartige Beispiele dafür, was in Sachen Platzdesign und Pflege als Vorbild rund um den Globus angesehen werden sollte, aber auch, was vermieden werden sollte. Leider werden die zu vermeidenden Aspekte viel zu oft aufgegriffen, während Facetten, die berücksichtigt werden sollten, weitaus subtiler sind und oft übersehen werden.

ZIERBEPFLANZUNGEN


Ich fange hiermit an, weil das eines meiner persönlichen Schreckgespenster ist. Zierbepflanzungen auf Golfplätzen wirken fast immer fehl am Platz. Wenn Golfplätze eins mit der Natur sein sollen, dürfen keine Blumenbeete oder Zierpflanzen die Anlage infiltrieren. Augusta kann in dieser Hinsicht allerdings als Ausnahme von der Regel gesehen werden, denn aufgrund der schieren Größe der dortigen Anpflanzungen sind sie längst Teil der DNA des Platzes. Bevor das Anwesen in einen Golfplatz umgewandelt wurde, war es eine Baumschule, daher war das gesamte Pflanzenmaterial bereits vorhanden. Es ist Teil der Geschichte dieses Geländes. Wie so oft setzt Augusta jedoch in dieser Hinsicht weltweite Standards, die andere Golfanlagen in diesem Fall besser vermeiden sollten. Sollten Zierpflanzen oder nicht heimische Bepflanzungen dennoch unbedingt gewünscht werden, dann sollten sie sich auf das direkte Umfeld des Clubhauses beschränken.

DAS AUGUSTA-VIRUS: DIE FARBE GRÜN


Der Versuch, dem perfekten Grün Augustas nacheifern zu wollen, hat schon großartige Golfplätze ruiniert, die es hätten besser wissen sollen. Darin zeigen sich die Macht des in den 50er-Jahren aufgekommenen Farbfernsehens in den Vereinigten Staaten und der Einfluss dieser Bilder auf Plätze mit langer Tradition, auf denen Grassorten zu Hause sind, die mit wenig Wasser und Dünger eine optimale Leistung erbringen. Ich kann mir vorstellen, dass einige Head-Greenkeeper wünschten, das Farbfernsehen wäre nie erfunden worden. Kurz gesagt: Rasen sollte mit Blick auf Spielbedingungen und nicht mit Blick auf die Farbe Grün gepflegt werden. Wenn der Untergrund einer Anlage und das Budget völlig anders ausfallen als in Augusta, dann sind eine Überdüngung und eine Überbewässerung mit dem Ziel, einen eintönig grünen Rasen zu erhalten, der sichere Weg in die grüne Poa-annua-Hölle und wird Unmengen an Arbeitsstunden, Ressourcen und Geld verschlingen.

Der Blick des Architekten:
Fairway-Bunker Loch 1 Dieses ursprünglich äußerst organische Bunker-Design rechts des ersten Fairways wurde längst durch eine tiefe, unstrukturierte Grube aus weißem Sand ersetzt.

DIE PLATZIERUNG VON WASSERHINDERNISSEN


Die Spielbahnen 13 und 15 in Augusta sind wohl die berühmtesten Par-4,5-Löcher der Welt und lieferten beide bereits mehr legendäre Turniermomente als jede andere Risk-and-reward-Bahn. Profis lassen sich von den Wasserhindernissen auf diesen legendären Löchern kaum aus der Ruhe bringen, da sie genau wissen, wie weit sie den Ball schlagen. Für Mitglieder bedeuten erzwungene Carry-Schläge über Wasser eine beträchtliche Anzahl von verlorenen Bällen, damit verbundene Strafschläge und jede Menge Nerven. Meiner Meinung nach sollten Forced Carries über Wasser mit Ausnahme weniger Par-3-Bahnen äußerst sparsam eingesetzt werden, da es bessere Platzierungen von Wasserhindernissen gibt, die strategisch interessanter und spielerfreundlicher sind. Augustas 11. Spielbahn ist dafür ein Musterbeispiel. Die linke Seite des 11. Grüns ist von Wasser flankiert. Dadurch kann der durchschnittliche Golfer seinen Ball vor das Grün spielen oder nach rechts die sichere Variante wählen. Für gute Golfer birgt das seitliche Wasser spürbar mehr Gefahr als das frontale, bietet aber gleichzeitig eine Vielzahl spielstrategischer Anreize. Ben Hogan wurde einst zitiert: "Wenn ich mit zwei Schlägen auf dem 11. Grün liege, können Sie sicher sein, dass ich meinen zweiten Schlag nach links verzogen habe."

BREITE FAIRWAYS


Wenn es ein Element gibt, das andere Clubs von Augusta abschauen sollten, dann sind es die ausladenden Fairways. Als der Platz 1932 eröffnet wurde, waren die meisten Fairways dort zwischen 55 und 65 Meter breit. Heutzutage weisen viele noch eine Breite von etwa 45 Metern auf, wobei die engste Spielbahn bei knapp 30 Metern liegt. Breite Fairways fügen sich stets besser in das vorhandene Gelände ein. In vielen Clubs sind sie jedoch zu bemitleidenswerten schmalen Streifen verkommen, die die Landschaft zerschneiden. Manchmal sind sie sogar schmaler als die Grüns, die es anzuspielen gilt. Das kann nicht sein! Plätze mit schmalen Fairways werden schnell monoton, weil es nur eine mögliche Spielroute gibt und das Treffen dieser engen Landezonen eine Präzision erfordert, die die golferischen Fähigkeiten der meisten Mitglieder übersteigt. Ein schmales Fairway kann hin und wieder eine gute Abwechslung darstellen, einen Moment während der Runde, in dem Präzision gefragt ist. So auch in Augusta wie beispielsweise auf Loch 18. Im Allgemeinen sollten Fairways breit sein, um strategische Angriffslinien, Flexibilität und Spaß zu ermöglichen. Sicher, breitere Spielbahnen erfordern etwas mehr Pflege, aber mit dem Aufkommen leichter, elektrischer Mähroboter, die die Arbeitskosten in diesem Bereich senken, wird dieses Argument bald hinfällig sein. Einige Clubs, die auf dem neuesten Stand der Greenkeeping-Evolution sind, genießen bereits die Vorteile, die es ihnen ermöglichen, all diese Arbeitsstunden für wirklich wertvolle Arbeit auf den und um die Grüns, deren Eingänge, Bunker und Teeboxen zu verwenden.

Der Blick des Architekten:
Fairway-Bunker Loch 14 Auf dieser Bahn gibt es heute keinen Bunker mehr, doch Luftaufnahmen aus dem Jahr 1933 zeigen, dass dort ursprünglich ein Bunker lauerte, der als klassisches Beispiel für Dr. MacKenzies Bunker-Design dieser Zeit dient.

DIE EINGÄNGE ZU DEN GRÜNS


Wie die Fairways sind auch die Eingänge zu den Grüns im Augusta National Golf Club auffallend breit. Dadurch wird es Golfern ermöglicht, den Ball aus fast jedem Winkel, der nicht durch ein Hindernis geschützt ist, auch flach ins Grün zu spielen. Allzu oft sind die Eingänge zu Grüns schmale, von Semi-Roughs umgebene Streifen, die lediglich hohe Pitches zur Fahne zulassen und das flachere Anspielen der Grüns, worauf viele Golfer angewiesen sind, verhindern. Auch hier gilt: Mehr kurz gemähtes Gras bietet den Nervenkitzel kreativer und spektakulärer Annäherungsschläge und unvergesslicher Rettungstaten.

DIE GRÜNS


Augusta zeigt, wie eine Reihe gut designter, ondulierter Grüns einen interessanten Test für alle Golfer darstellen können. Grüns dieser Güteklasse sorgen selbst auf einem flachen Stück Land dafür, dass Golf nie langweilig wird. Der Clou? Der Bau eines interessanten Grüns kostet nicht mehr als der Bau eines langweiligen, da es eine Frage der Vorstellungskraft des Architekten und nicht des Geldes ist.

DIE BUNKER


Augustas Bunker haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Ursprünglich waren sie im typischen MacKenzie-Stil natürlicher Formen gehalten. Auf Bildern aus den 50ern sieht man, dass die Bunker weniger stilisiert und viele von einem Streifen Rough umgeben sind. In den letzten Jahrzehnten haben sich Augustas Bunker zu sterilen, leblosen, sich wiederholenden, überweißen Gruben entwickelt, deren Ränder anmuten wie mit der Nagelschere geschnitten. Diese modernen Bunker müssen aufwendig gepflegt werden. Ich würde es keiner Golfanlage empfehlen, solche Bunker zu bauen, da es sich um leblose Formen handelt und die Unterhaltskosten immens sind. Auf der Suche nach Inspiration in Sachen Bunker sollten Golfclubs bloß nicht nach Augusta schauen, schließlich gibt es viele schönere Bunkerformen, die weitaus einfacher zu pflegen sind.

MINIMALISMUS


Augusta war ein minimalistisches Routing, das bei seiner Eröffnung über 22 Bunker verfügte. Heute sind es 44. Die Einzigartigkeit des Platzes wird maßgeblich durch die Topografie und seine Grüns bestimmt, wobei Bunker für zusätzliche visuelle und strategische Raffinessen sorgen. Um selbst einen interessanten Platz zu schaffen, sind möglicherweise mehr Bunker erforderlich, da die Topografie der vorhandenen Fläche wahrscheinlich nicht so interessant ausfällt wie die von Augusta. Anzahl, Größe, Stil und Pflegebudget sind allesamt Designentscheidungen, die der Architekt treffen muss. Und diese Erkenntnis bringt den Golfplatzbau auf den Punkt: Jede Golfanlage sollte sich ihres Genius Loci bewusst sein, diesen maximieren und gleichzeitig bewährte Designprinzipien beachten, um einen unterhaltsamen, aufregenden und schönen Golfplatz zu schaffen. Das ist Bobby Jones und Alister MacKenzie mit dem Bau des Augusta National Golf Club zweifelsfrei gelungen.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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