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Die Templates Vol. 11

Grande Finale

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Zum Abschluss unserer Serie zu C.B. Macdonalds und Seth Raynors Templateholes kümmert sich unser Kolumnist nicht nur um die seltenste Spielbahn dieser Gattung, sondern nimmt sich auch der Kritik am Werk des Architektenduos an.

Oben: LIDO GOLF CLUB (NEW YORK) LOCH 6, PAR 5, 450 METER
Der 1914 eröffnete Platz des Lido auf Long Island musste während des Zweiten Weltkriegs einer Navy-Basis weichen. Zurzeit wird das C.B.-Macdonald-Meisterwerk mit all seinen Template-Spielbahnen inklusive des Prize Dogleg in Wisconsin unweit des Sand Valley Resort nach den Originalplänen nachgebaut. Die Eröffnung ist für 2023 geplant.


Längst nicht alle Architekten waren begeistert von C.B. Macdonalds und Seth Raynors Template-Methode, Konzepte von anderen Golfplätzen zu übernehmen und sie in eigene Entwürfe zu übertragen. Robert Hunter, der mit Dr. Mackenzie an mehreren Designs arbeitete, darunter an einem der berühmtesten Golfplätze der Welt - Cypress Point -, nahm diese Arbeitsweise in seinem Buch "The Links" von 1926 direkt ins Fadenkreuz.

Obwohl er in der folgenden Passage des Buchs nicht namentlich genannt wird, ist es doch ziemlich offensichtlich, dass Hunter hier auf Seth Raynor abzielt: "Es gibt auch [...] viele Golfplätze, die mit großem Aufwand gebaut werden und die Landschaft verunstalten. Ich erinnere mich an einen Architekten, der vor einigen Jahren auftauchte und unter seinem Arm ein Paket Plastilinmodelle von Grüns und Bunkern trug. Wohin er auch ging, unternahm er große Anstrengungen, diese in die Landschaft einzupassen, und die Ergebnisse waren in den meisten Fällen beklagenswert. Nachdem er sich in Zeitungen als Designer vieler Meisterschaftsplätze proklamiert hatte, wurde er von denen, die es nicht besser wussten, mit offenen Armen empfangen, und viele Clubs zahlten ihm große Summen, um Spielbahnen zu bauen, die nie gespielt wurden, und Grüns zu reproduzieren, die danach umgepflügt wurden. Erst kürzlich wurden mir Modelle aus Knetmasse einiger Grüns gezeigt, die in Kalifornien gebaut werden sollten. Viele von ihnen waren mir vertraut, da sie ausgezeichnete Kopien von Grüns waren, die zu Recht Berühmtheit erlangten. Aber ich stellte fest, dass einige von ihnen für die Bedingungen und das Gelände, in dem sie platziert werden sollten, ungeeignet waren. Eines erforderte, einen Felskamm wegzusprengen, um tiefe Sandbunker bauen zu können. Ein anderes setzte das Abtransportieren von Tausenden Kubikmetern Erde voraus. Dies waren alles gute Grüns und in der richtigen Umgebung verdienten sie uneingeschränktes Lob; aber aus ihrem heimischen Boden gerissen und unter den ungeeignetsten Bedingungen an der Küste Kaliforniens neu errichtet, sind sie dazu bestimmt - wenn sie jemals gebaut werden -, Denkmäler für die Dummheit eines Plagiators zu werden, der, nachdem er diese Meisterwerke mühsam kopierte, nicht die geringste Ahnung hatte, was er mit ihnen tun sollte."

Dieser Golfplatz in Kalifornien, von dem Hunter hier spricht, ist höchstwahrscheinlich Cypress Point, zu dessen Bau Raynor bereits den Auftrag erhalten hatte; er verstarb jedoch, bevor er seine Arbeit dort aufnehmen konnte. An Raynors Stelle trat das Duo aus Dr. Mackenzie und - wer hätte es gedacht - Robert Hunter.

Dessen scharfe Kritik an Raynors Architektur und seinem Plan für Cypress Point war eine Warnung an Investoren neuer Golfplätze und ein äußerst öffentliches Abwatschen von Raynors Arbeitsweise des Template-Designs, nämlich der Anwendung vorgefasster Konzepte, anstatt nach natürlicheren, wirtschaftlichen Lösungen zu suchen, die vom Standort ausgehen, wie es Dr. Mackenzie und Robert Hunter taten. Obwohl Hunters Kritik an Raynors Designpraktiken in einigen Passagen durchaus schlüssig ist, kann die Widerlegung in "Scotland's Gift: Golf", einem Buch von Raynors Mentor C.B. Macdonald aus dem Jahr 1928, gefunden werden: "Warum sollte man nun nicht versuchen, die heilige Tradition jedes einzelnen Lochs einzufangen, indem man seine herausragenden Merkmale in einem anderen Klima kopiert, wo im Laufe der Zeit deren Brillanz und Tradition seine pure Existenz rechtfertigen werden?"

Ja, warum eigentlich nicht? Doch sowohl die Kritik als auch die Widerlegung sind verständlich und nur der Test der Zeit kann eine Antwort darauf geben, ob die Kopie gelungen ist und das Template auch auf fremder Erde funktioniert.

Die Templates Vol. 11:

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Hunters scharfe Kritik an Raynors Architektur und seinem Plan für Cypress Point war eine Warnung an Investoren neuer Golfplätze und ein äußerst öffentliches Abwatschen von Raynors Arbeitsweise des Template-Designs.
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Oben: RAYNOR'S PRIZE DOGLEG GRÜNKOMPLEX
Ein Blick auf das Grün des Dogleg-Template verdeutlicht die Ähnlichkeiten mit dem Road-Hole-Grün des Old Course in St. Andrews. Die Tatsache, dass der weltberühmte Topfbunker nicht wie in Schottland vor dem Grün, sondern in diesem Fall hinter der Fahne lauert, verändert die Spielstrategie grundlegend.


RAYNOR'S PRIZE DOGLEG


Das letzte der Template-Löcher, das wir besprechen müssen, fällt ein wenig aus dem Rahmen, denn es entstammt nicht wie all die anderen von bestehenden Golfplatzklassikern in Schottland, sondern wurde aus einem Vorschlag für den Designwettbewerb des Lido Golf Links entlehnt und adaptiert. Die Rede ist von Raynor's Prize Dogleg.

Nach seiner Fertigstellung spielte sich das Original auf Long Island als ein 450 Meter langes Par 5, einige Nachfolgerversionen der Spielbahn, die allesamt nicht mehr existieren, waren jedoch meist knackige Par-4-Bahnen mit bis zu 430 Metern Länge. In Form eines Par 4 entpuppte sich das Prize Dogleg schnell als brutaler Test mit simpler Spielstrategie: Der Drive muss an der ersten Gruppe von Fairway-Bunkern vorbeigespielt werden, damit man die Chance hat, den Ball über einen zweiten Satz Bunker auf das Grün oder in dessen Nähe hämmern zu können.

C.B. Macdonald beschrieb das Loch in der Juli-Ausgabe von "Golf Illustrated" folgendermaßen: "Loch 6 hat viele Merkmale des 17. in St. Andrews in Schottland. Das Grün ist eine umgekehrte Nachbildung des Road-Hole-Grüns und wird von der rechten statt der linken Seite angespielt. Die Form des Lochs gleicht einem Ellenbogen. Die Wellen und Bunker sind so angeordnet, dass sie dem Longhitter einen großen Vorteil verschaffen, denn beim zweiten Schlag gilt es, einen großen und wichtigen Bunker zu überspielen."

ZU GUTER LETZT


Zeit für eine Schlussbetrachtung und die Beantwortung der Frage, wie sich die Template-Designs von Macdonald und Raynor im Laufe der Zeit geschlagen und entwickelt haben. Es scheint, dass C.B. Macdonalds Plan, altbewährte Ideen zu adaptieren, um Golfplätze zu gestalten, nicht nur richtig, sondern zeitlos war. Mehr als ein Jahrhundert liegen die Eröffnungen vieler ihrer Golfplätze mittlerweile zurück und trotzdem finden sich immer noch zehn Macdonald/Raynor-Designs in der illustren Liste der Top-100-Golfplätze Amerikas und, ich glaube, fünf in den Top 100 der Welt. Einige dieser Klassiker sind immer noch um die 6.000 Meter lang, was veranschaulicht, wie überzeugend zeitlos und die Spieler fordernd diese Architektur tatsächlich ist. Plätze, die nicht auf diesen Top-100-Listen stehen, gehören meist dennoch oft zu den besten in ihrer Region. Nach all den Jahren und den Weiterentwicklungen im Golfsport ist dies in jeder Hinsicht ein unglaubliches Vermächtnis.

 
Infobox

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Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein.
www.tonyristola.com

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