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Grönland – Teil 2

Eisberg voraus!

Von Timo Vollrath, Fotos: Random Golf Club

Neben Simon und seiner Familie sind noch vier weitere Mitglieder des Golfclubs zu Gast, die sich begeistert die Reiseberichte von Erik und seinen Produzenten Jojo Phillips und Keffer Rhodes anhören. Und spätestens als eines der Nuuk-Mitglieder erzählt, wie er sich nach hundert virtuellen Pebble-Beach-Golfrunden auf dem Trackman letztes Jahr einen Lebenstraum erfüllt hat und die kalifornische Edelwiese mit seinen Freunden in echt gespielt hat, wird allen klar, wie universell die Liebe zum Golfsport ist.

Knapp 600 Euro kostet eine Runde in Pebble Beach mittlerweile - eine Summe, für die man in Nuuk zweieinhalb Jahre Mitgliedschaft bekommen würde. Klar, dass man da beim Pflegezustand ein paar Abstriche hinnehmen muss. So ist das Gras auf den Grüns länger als das Semi-Rough am Seven Mile Drive. Aber was den Spaßfaktor angeht, muss sich Nuuk keinesfalls hinter Pebbles legendärem kurzen Par 3 an Loch 7 verstecken. Dafür sorgen allein schon die unfassbar vielen blinden Schläge. Im Nuuk Golfklub sieht man die Fahne fast so selten wie im Dezember die Sonne.

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SELTEN WURDE BILDHAFTER AUSGEDRÜCKT, WIE LEICHT DIE NATUR VON UNS MENSCHEN AUS DEM GLEICHGEWICHT ZU BRINGEN IST.
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Dafür wiederum sind die Tage im Juni bis zu 21 Stunden lang und erlauben einen Blick auf eine der letzten unbefleckten Naturlandschaften der Welt. Kaum vorstellbare 2,16 Millionen Quadratkilometer misst die Insel - eine Fläche so groß wie Deutschland, Frankreich, Spanien, Schweden und Polen zusammengerechnet. Gleichzeitig leben in Grönland mit 56.542 Einwohnern gerade einmal so viele Menschen wie in Baden-Baden. Was es in der Region dafür aber zuhauf gibt, sind Eisberge - insbesondere da Grönlands Eisschild in den letzten 30 Jahren um rund fünf Milliarden Tonnen abgeschmolzen ist. Mit einem Wassertaxi fahren wir in einen Fjord, um uns einen dieser weißen Giganten live und aus nächster Nähe anzuschauen - und entscheiden uns spontan, ihn zu besteigen. Doch kaum hat Erik seinen Fuß draufgesetzt, bekommt der Eisberg eine leichte Schlagseite. Selten wurde bildhafter ausgedrückt, wie leicht die Natur von uns Menschen aus dem Gleichgewicht zu bringen ist.

Eisberg voraus!Eisberg voraus!:
Um uns wieder aufzuwärmen, machen wir uns auf den Weg an den nördlichsten Zipfel der Stadt und passieren zahlreiche bunte Häuser. Einst dienten die Farben als Orientierungshilfe für die Menschen. Grün signalisierte Infrastruktur wie Strom oder Telekommunikation, Blau stand für Fabriken, und wer polizeiliche Hilfe brauchte, musste sich nur nach einem schwarzen Haus umsehen. Jedoch ist dieses System seit etlichen Jahren nicht mehr in Gebrauch, sodass man nicht einfach mit Kopfschmerzen in das nächstgelegene gelbe Haus eintreten sollte. Statt eines Arztes könnte man auf einen nichts ahnenden Nuummiut treffen, wie die Einwohner von Nuuk genannt werden.

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Eine von ihnen ist Bibi Chemnitz. Obwohl der Name auf eine deutsche Auswanderin hindeutet, ist die 42-Jährige eine gebürtige Inuit, die sich als Modedesignerin einen weltweiten Namen gemacht hat. Neben Fashion-Geschäften in Kopenhagen und Nuuk betreibt sie mit dem "Saunagus" auch eine kleine Saunahütte in spektakulärer Lage. Wer nach dem Aufguss eine Abkühlung braucht, kann entweder in die blaue Wassertonne mit Blick auf die spektakuläre Natur steigen oder 20 Schritte weitergehen und direkt ins Nordpolarmeer springen. Wir entscheiden uns trotz stockdunkler Nacht natürlich für Letzteres und werden mit einem Erlebnis belohnt, das wohl keiner von uns jemals vergessen wird. Über uns formen sich plötzlich Polarlichter in einer Intensität, wie man es sich kaum vorstellen kann. Dass wir Gänsehaut bekommen, liegt nicht nur daran, dass das Nordpolarmeer rund 90 Grad kühler ist als die Sauna, in der wir wenige Minuten zuvor noch gesessen haben. Es ist ein Moment, in dem die Zeit stillzustehen scheint - ganz wie während unseres gesamten Aufenthalts in Grönland. Wir haben zwar nur drei Tage hier verbracht, aber die Erlebnisse reichen für drei Wochen - und die Erinnerungen unser Leben lang.

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