Ausgangssituation
Rory McIlroy und Collin Morikawa gehen am Finaltag des 86. Masters vom geteilten neunten Rang mit jeweils zehn Schlägen Rückstand auf Scottie Scheffler in die Schlussrunde. Scheffler macht mit einer bogeyfreien Front Nine (-2) zwar schnell klar, dass er sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lassen wird, trotzdem pushen sich Rory und Collin gegenseitig zu großartigem Golf. Schon auf der 13 sorgt das Duo für Jubelstürme, als sie beide zum Eagle einlochen. Und beide semmeln ihren zweiten Schlag am Schlussloch in den Bunker zur Rechten des Grüns.
Balllage
Wer an Augusta denkt, denkt unweigerlich an den strahlend weißen Sand in den Bunkern. Mitbegründer Clifford Roberts zeichnet dafür verantwortlich, dass seit 1975 Sand aus Spruce Pine in den Bunkern liegt. Dieser Quarzsand ist ein Abfallprodukt aus dem Bergbau im westlichen North Carolina und so rein, dass Spiegeleier oder schwierige Lagen nahezu ausgeschlossen sind. So gibt es für Rory und Collin an der Lage ihrer Bälle auch in diesem Fall nichts auszusetzen. Rorys Ball liegt oberhalb der Fahne knapp 24 Meter vom Stock entfernt, während Collins Ball etwas tiefer pin high liegt.

Schlagoption
Als sich Rory fast 45 Grad rechts der Fahne ausrichtet, ist klar, wie der Plan aussieht: Er muss den Ball auf den Kamm des Plateaus spielen, damit dieser, wenn er an Geschwindigkeit verliert, das Break annimmt, um so die große Welle im Grün in Richtung Loch hinunterzurollen. Nick Faldo kommentiert: "This is impossible!" Von wegen, Rory locht. Die Aufgabe für Collin ist deutlich einfacher, da er kaum Break einkalkulieren muss - eigentlich ein Standard-Bunkerschlag, nicht aber in dem Tohuwabohu nach Rorys Wunderschlag. Aber auch Collin verwandelt aus dem Bunker.
Nachspiel
McIlroy jubelt wie Mario Götze im WM-Finale 2014, herzt seinen Caddie Harry Diamond und badet in den "Rory! Rory!"-Sprechchören der ausrastenden Fans. Mit diesem Birdie und einer 64 hat er den Rekord für die beste Schlussrunde der Masters-Geschichte geknackt. Dann locht Collin. Wieder reißt Rory die Arme hoch, während Collin amüsiert übers ganze Gesicht strahlend die Faust in die Höhe reckt. Es folgt eine Umarmung und die Patrons singen längst auch Collin Morikawas Namen. Zusammengezählt haben beide die Schlussrunde 13 unter Par gespielt!
Augenzeuge
McIlroy wird Zweiter, kassiert dafür 1,62 Millionen Dollar Preisgeld und ist zwar enttäuscht, dennoch vom gerade Erlebten geflasht: "Das war das größte Glück, das ich je auf einem Golfplatz hatte. Unglaublich! Ich habe noch nie so ein Gebrüll gehört wie in diesem Moment." In dieselbe Kerbe schlägt Morikawa, der das Turnier als Fünfter beendet hat: "Was wir gerade am letzten Loch erlebt haben, das war das Coolste auf der Welt." Rory wartet somit zwar weiter auf sein erstes Grünes Jackett, dieses unglaubliche Finish macht die Wartezeit auf den nächsten Versuch aber etwas erträglicher.