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Allen John

Wiederholungstäter

Von Ann-Kathrin Nahl

Längst wieder im Profizirkus angekommen kämpft Allen John um den Aufstieg auf die European Tour. Doch wer einmal eine Medaille, egal ob als Amateur oder als Profi, für sein Land geholt hat, möchte dieses Gefühl immer wieder erleben.

Das Siegerpodest bei den Deaflympics, den alle vier Jahre stattfindenden Spielen des internationalen Gehörlosensports, ist kein unbekannter Ort für Allen John. Bereits 2017 in der Türkei triumphierte der Profi aus St. Leon-Rot, der nur über fünf Prozent Resthörvermögen verfügt, im Golfwettbewerb der Spiele. Diese Goldmedaille bei den coronabedingt auf 2022 verschobenen Deaflympics im brasilianischen Caxias do Sul zu verteidigen war für John natürlich eine Herzensangelegenheit. Wenn auch eine äußerst knifflige, denn sein eigentliches Saisonziel, von der Challenge Tour auf die European Tour aufzusteigen, hätte durch den ursprünglichen Turnierplan bei einer Deaflympics-Teilnahme einen ernsthaften Dämpfer erhalten. "Für diesen Zeitraum waren auch zwei Turniere auf der Challenge Tour angesetzt und beide zu verpassen, das wäre für mich keine Option gewesen", erklärt Allen John die Ausgangslage. Doch dann hatte Corona, zum ersten Mal überhaupt, auch etwas Gutes an sich: "Glücklicherweise wurde eines der Events kurzfristig abgesagt und das zweite Event wurde um zwei Wochen verschoben. Das eröffnete genau das Zeitfenster für mich, um meine Titelverteidigung antreten zu können."

Selbstverständlich reiste der Profi als absoluter Top-Favorit nach Brasilien: "Meine Erwartungshaltung war natürlich extrem hoch. Als Titelverteidiger und Profi nach Brasilien anzureisen und zu wissen, dass das gesamte Feld aus Amateuren besteht... da ist klar, dass alle denken: 'Der Profi muss gewinnen.'" Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen wird bei den Deaflympics ein Mischwettbewerb aus Zählspiel und Match Play ausgetragen. Die Athleten spielen zwei Zählspielrunden, die darüber entscheiden, wer im Match Play gegeneinander antreten wird. "Der Platz, auf dem wir in Caxias gespielt haben, ist ein Neunlochplatz. Aber das machen die Brasilianer richtig gut! Denn auch wenn es nur neun Bahnen gab, hatte jede Bahn vier Abschläge und für die zweiten neun Löcher wurden andere Teeboxen ausgewählt. Dadurch fühlt es sich in der zweiten Hälfte trotzdem wieder etwas anders an."

Allen John: Sportsmänner: nur erste SiegerAllen John: Sportsmänner: nur erste Sieger
Sportsmänner: nur erste Sieger
Allen kam damit bereits im Zählspiel bestens zurecht und konnte seine Dominanz mit Runden von 68 und 69 Schlägen schon zu Beginn etablieren: "Natürlich kristallisiert sich bereits beim Zählspiel heraus, wer gute Chancen auf den Sieg haben wird. Ich persönlich hatte gehofft, dass es ein rein deutsches Finale zwischen Nico Guldan vom Golf-Club Heilbronn-Hohenlohe und mir geben wird. Leider hat er im Halbfinale dann gegen meinen Finalgegner Russell Bowie aus Kanada verloren." Verglichen mit seinen ersten Deaflympics vor fünf Jahren in der Türkei standen die Spiele in Brasilien leider immer noch stark unter dem Einfluss von Corona, was ein Treffen mit anderen Sportlern unmöglich machte. "Wir haben uns im Deutschen Haus isoliert, um die Ansteckungsgefahr so niedrig wie möglich zu halten, und daher habe ich selbst die anderen deutschen Sportler lediglich beim Essen gesehen." Allzu tragisch war das gestrichene Rahmenprogramm für Allen allerdings nicht, schließlich konnte er bereits in der Türkei 2017 alle Feierlichkeiten angefangen mit der Eröffnungsfeier in vollen Zügen genießen.

Kein Wunder, dass die Deaflympics für John absolut kein Event wie jedes andere sind. "Dort für sein Land auf dem Siegertreppchen zu stehen, die Nationalhymne zu hören und die Goldmedaille umgehängt zu bekommen, das ist unbeschreiblich und ich bin sehr stolz darauf. Grundsätzlich bereite ich mich auf dieses Event gleich vor wie auf jedes andere Turnier auch. Ich musste mich im Vorfeld aber erst wieder daran gewöhnen, ohne Hörgeräte zu spielen, und mich mit diesem Gefühl vertraut machen. Eigentlich mache ich das nur, wenn es regnet, weil die Geräte nicht nass werden dürfen." Die Athleten aller Sportarten dürfen bei den Deaflympics nämlich keinerlei Hilfsmittel verwenden, die ihnen beim Hören helfen könnten. Das bedeutet, keinerlei akustische Signale sind während der Wettkämpfe erlaubt. Zudem sind lediglich Athleten teilnahmeberechtigt, die mindestens einen Hörverlust von 55 dB auf dem besseren Ohr haben.

Allen John: Auf Augenhöhe: die Daltons an der schiefen Ebene
Auf Augenhöhe: die Daltons an der schiefen Ebene
"Manche Hörende sagen, dass sie gerne mal nichts hören würden. Das passiert bei mir nachts, wenn ich schlafe, denn da kann mich nichts stören. Morgens bin ich dann aber natürlich froh, wieder die Hörgeräte anstellen zu können und sozusagen wieder online zu sein. Ich verlasse mich beim Golfen allerdings sowieso nie auf mein Gehör oder etwa auf den Klang des Treffmoments. Dazu waren zu Beginn meiner Karriere die Hörgeräte einfach noch nicht gut genug. Aber man merkt schon, dass es Amateure gibt, die damit mental weniger gut zurechtkommen, wenn sie ohne Hörgeräte auf dem Platz stehen. Da merke ich dann meine Routine auch unter Druck, die ich als Profi den anderen gegenüber voraushabe. Dennoch darf man gerade im Match Play seine Gegner nie unterschätzen. Bei diesem Format, das wir leider viel zu selten spielen, kann es schnell passieren, dass man ins Hintertreffen gerät. Ich habe gerne die Kontrolle über das Match und möchte nicht hinterherlaufen. Ich glaube auch, dass ich das insgesamt ganz gut gemacht habe. Nur einmal, beim Finale, da lag ich kurz zurück, nachdem ich direkt an der ersten Bahn meinen Ball ins Aus befördert habe. Zum Glück konnte ich mich auch hier wieder schnell und souverän zurückkämpfen", berichtet Allen John.

Allen John: Das bringt Schotter: seltenes Stück bei 'Bares für Rares'Allen John: Das bringt Schotter: seltenes Stück bei 'Bares für Rares'
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Dass er als Profi in Caxias in einer eigenen Liga spielte, zeigen seine deutlichen Match-Play-Ergebnisse. Im Achtelfinale besiegte er den Chilenen Nicolás Garfias mit 9&7, das Viertelfinale ging mit 4&3 an den Deutschen, im Halbfinale unterlag der Kenianer Isaac Ogolla Makokha mit 6&4 und das Finale wurde mit einem 5&4 Erfolg gekrönt. "Jeder Erfolg ist gut für das Selbstbewusstsein. Ich versuche, das gute Gefühl und dieses Momentum mit auf die Tour zu nehmen und auf meine Saison zu übertragen, die ja jetzt erst so richtig losgeht. Und eine Goldmedaille für sein Land zu gewinnen, das ist sicher etwas, auf das jeder stolz wäre, und das war ein herausragender Moment für mich. Gleichzeitig war es auch ein Event, das lediglich aus Amateuren bestand, und das ist natürlich nicht gleichzustellen mit der Konkurrenz, der ich auf der Tour begegne. Ich bin sehr stolz und glücklich darüber, dass ich meiner Favoritenrolle gerecht werden konnte, und ich hoffe, dass ich in vier Jahren in Tokio noch eine weitere Medaille hinzufügen kann. Zunächst muss ich mir aber noch ein schönes Plätzchen für meine bereits vorhandenen Goldmedaillen suchen, denn wir sind erst vor Kurzem umgezogen", grinst John mit Blick auf die kommenden Wochen. Ehe es in vier Jahren in Tokio hoffentlich eine weitere Medaille für den Deutschen geben wird, richtet sich der Fokus des 34-Jährigen wieder mit voller Kraft auf das nächste große Ziel: eine Tourkarte für die European Tour zu erspielen. Ein Ziel, von dessen Erreichen wir nur zu gerne berichten würden.

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