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Ernies Erbe?!

Erik van Rooyen

Von Tim Southwell

Major-Sieger werden in Südafrika nicht als Stückgut gefertigt, sondern als Massenware, schließlich brachte das Land am Kap bereits zehn von ihnen hervor. Erik van Rooyen hat beste Chancen, die Nummer elf zu werden.

Wir begleiten Erik van Rooyen während seiner Pro-Am-Runde bei der Dubai Desert Classic und die Stimmung könnte besser kaum sein. Die Amateurspieler sind nicht nur rundum coole Jungs, sondern können auch Golf spielen, was in solch einer Situation wirklich hilft. Am siebten Loch wartet ein schickes Coupé der Luxusklasse darauf, mit einem Ass gewonnen zu wer den. "Wenn du die richtige Entfernung errechnest und dein Boss tatsächlich einlocht, bekommst du doch sicher die Schlüssel, oder?", raune ich Eriks Caddie Alex zu, der nur mit den Schultern zuckt. Kurz darauf schlägt der Südafrikaner seinen Ball drei Meter an die Fahne und grinst: "Sorry, Alex. Kein neues Auto heute." Allerdings wäre es langsam mal Zeit. "Ich hatte noch kein Hole-in-One auf der Tour", erzählt Erik, während wir in Richtung Grün schlendern. "Am College und bei Spaßrunden dagegen schon vier Stück. Mein zweites Ass gelang mir bei einem College-Event in Michigan. Es war eine riesige Welle im Grün und man konnte das Loch nicht sehen. Da mein Ball auf einer guten Linie flog, wartete ich auf eine Reaktion vom einzigen Zuschauer hinter dem Grün. Irgendwann begann er, recht unmotiviert zu klatschen, und ich dachte, mein Ball würde ein paar Meter von der Fahne entfernt liegen. Am Loch angekommen bemerkten wir, dass der Ball im Loch lag - und das bei meinem ersten Turnier am College. Unglaublich!"

Die Zeiten, in denen Erik van Rooyen Golf praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielte, sind lange vorbei, denn als der Südafrikaner mit einem geteilten achten Rang bei der PGA Championship 2019 auf dem Black Course in Bethpage zum ersten Mal die weltweite Golföffentlichkeit auf sich aufmerksam machte, säumten Zehntausende Fans die Fairways. Einige Wochen später, als Erik trotz der teilweise apokalyptischen Wetterbedingungen bei der Open in Royal Portrush nicht nur ein Top-20-Ergebnis einspielte, sondern auch eisern an seinen Bündchenhosen und den damit verbundenen nackten Knöcheln festhielt, begannen auch Teilzeit-Golffans, sich zu fragen: Wer ist dieser Typ aus Südafrika mit den funky Hosen?

Ernies Erbe?!: Überall dasselbe (l.): Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht. Rothosenfrust: der HSV in Liga 2 (r.)Ernies Erbe?!: Überall dasselbe (l.): Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht. Rothosenfrust: der HSV in Liga 2 (r.)
Überall dasselbe (l.): Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht. Rothosenfrust: der HSV in Liga 2 (r.)
Einen Monat später beantwortete Erik van Rooyen diese Frage, als er mit einem Birdie auf dem 72. Loch und einer 64er-Finalrunde mit dem Scandinavian Masters sein erstes European-Tour-Event gewann - mit einem Schlag Vorsprung vor Matt Fitzpatrick. Wenig später spielte sich Erik in die Top 50 der Weltrangliste, erhielt zum Jahresbeginn folgerichtig seine erste Einladung nach Augusta und steht seither bei vielen Golfexperten auf der Liste der heißen Kandidaten für einen ersten Major-Sieg.

Was der mittlerweile 30Jährige seit seinem Wechsel ins Profilager 2013 vorgelegt hat, ist ein klassischer Marsch durch die Instanzen. Nach seiner Zeit an der University of Minnesota gewann er 2017 jeweils ein Event auf der Sunshine und auf der Challenge Tour. 2018 sicherte er sich die Tourkarte für das europäische Oberhaus, trat bei 25 Turnieren an und schaffte 18 Cuts. Eine Million Euro Preisgeld war diese Debütsaison auf der European Tour wert. Im vergangenen Jahr verdoppelte er diese Summe, was nicht allein an seinem Sieg in Schweden lag, sondern auch an drei zweiten Plätzen sowie an der Tatsache, dass es Erik gelang, seinen Schlagdurchschnitt seit 2017 Jahr für Jahr weiter zu senken. Das Masters im April 2020 wäre seine fünfte Teilnahme bei einem Major gewesen und bislang gelang ihm auf den größten Bühnen des Golfsports jedes Mal der Cut.

Doch zunächst gilt es noch, in Dubai die Saison 2020 zu beginnen. "Ballstriking ist auf diesem Platz das wichtigste Element des Spiels", erklärt er, während wir das neunte Fairway hinunterlaufen. "Ich bevorzuge Plätze wie diesen, die eng und herausfordernd sind. Solche Golfplätze schließen bereits die Hälfte des Starterfelds als potenzielle Gewinner aus. Wenn wir an Bethpage zurückdenken - das war ein unglaublich harter Golfplatz. Ich habe insgesamt 1 über Par gespielt und eine Top-Ten-Platzierung geschafft. Ich glaube, dass ich mein bestes Golf spiele, wenn der Platz richtig schwierig ist."

Ernies Erbe?!:
In welchem Alter wurde dir klar, dass Golf dein Ding ist?
Es gab keinen einzelnen Aha-Moment. Ich habe zu Hause alle möglichen Sportarten gespielt, Rugby, Cricket... Wir lebten in Victoria und ich habe es wirklich genossen, draußen zu sein und Sport zu treiben. Dann zogen wir in eine kleine Stadt in der Nähe von George, eine Art Golf-Mekka in Südafrika am Westkap. Das war der Zeitpunkt, an dem mich der Golfvirus wirklich packte. Ich war 14, habe begonnen, Junior Events zu spielen, und so hat alles angefangen. Davor hat mein Opa gespielt, und wann immer wir zu Weihnachten bei ihm zu Hause waren, haben wir mit seinen Golfschlägern herumgedaddelt. Als ich ungefähr acht Jahre alt war, ging ich mit meinem Vater auf die Range und schlug mit seinen Schlägern Bälle. Zwei Jahre später kaufte er meinem Bruder und mir einen Satz Schläger, den wir uns teilten. Er schlug seine Bälle nach rechts, ich nach links. Da er der Ältere war, musste er die Tasche natürlich nie tragen. [lacht] Ich mochte die Prämisse des Sports sofort, als Kind dachte man einfach: "Mal sehen, wie weit ich schlagen kann!" Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie ich einen Ball zum ersten Mal wirklich satt getroffen habe, zu meinem Vater gerannt bin und geschrien habe: "Hast du das gesehen?"

Wann wurde dir klar, dass daraus eine Karriere werden könnte?
Ich habe das von Beginn an gedacht. Oder besser gesagt: Ich wollte es. Mir war schon früh klar, dass ich das nötige Können und das Selbstvertrauen besitze. Aber eine Karriere ist es tatsächlich erst, wenn man bereits etwas erreicht hat, oder? Das ist dann nämlich der Punkt, an dem man ohne Zweifel weiß, dass man mit den großen Jungs mitspielen kann. Mein Sieg im vergangenen Jahr hat mir das gezeigt und natürlich auch eine Menge Selbstbewusstsein gebracht.

Warst du immer schon so, selbst als Kind?
[lacht] Nein, als Kind hatte ich nicht wirklich Spaß am Training. Ich wollte mit meinen Freunden rumhängen und etwas später dann nachts um die Häuser ziehen. Erst am College habe ich kapiert, dass mich diese Einstellung nicht dorthin bringt, wo ich bald gerne sein würde. Es bleibt immer noch genügend Zeit, um Spaß zu haben, aber man muss eben das Nötige tun, um sich zu verbessern. Und ganz ehrlich: Das Leben auf der Tour ist alles andere, als Opfer zu bringen. Ich liebe, was ich tue, und möchte daher am Montag nicht mit einem massiven Kater aufwachen. Ich möchte am Montag bereit sein, eine neue Turnierwoche in Angriff zu nehmen.

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