Das Turnier in Nordirland habe ich ausgelassen, aber ab jetzt werde ich alle neun noch verbleibenden Turniere der Saison spielen. Es hat mir sehr gutgetan, nach der Open Championship ein bisschen freizuhaben. Ich war zu Hause in Orlando und hatte viel Zeit, um zu trainieren und mir Gedanken über meinen Schwung zu machen. Mein Primärziel für den Rest der Saison ist natürlich, wieder besser zu spielen und die Tourkarte zu halten. Mit der Open habe ich in dieser Hinsicht einen guten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Es kommen noch einige große Turniere und daher bin ich überzeugt, obwohl ich dieses Jahr ziemlich schlecht gespielt habe, dass noch alles drin ist.
Gab es konkrete Sachen im Schwung, die du während der kurzen Pause trainiert hast?
Ich habe mir bisher eigentlich noch nie einen Kopf über meinen Schwung gemacht, weil ich den Ball immer ganz gut getroffen habe, auch wenn die Ergebnisse nicht gestimmt haben. Dieses Jahr war das nun anders - vielleicht auch weil ich nach dem guten vergangenen Jahr einen anderen Standard an mein Spiel anlege. Es haben sich einige Kleinigkeiten in den Schwung eingeschlichen, die nicht optimal sind, und deshalb musste ich herausfinden, wie ich trotzdem erfolgreich spielen kann. Ich brauche zum Beispiel eigentlich ein bisschen mehr Drehung im Rückschwung, doch das fällt mir sehr schwer und ist eher Arbeit für die Off-Season. Nun gilt es, mit dem zu arbeiten, was schwungtechnisch vorhanden ist.
DP World Tour, Korn Ferry Tour und ein Major: Du hast diese Saison auf vielen Hochzeiten getanzt. Wie steckst du den Reisestress weg?
Das sind schon viele Reisen, aber das stresst mich nicht. Früher war das auch nicht anders. 2021 habe ich einmal elf Turniere nacheinander gespielt und bin zu vielen davon mit dem Auto gefahren: sonntags bis 15 Uhr spielen, dann aus Dänemark zehn Stunden nach Hause in Süddeutschland fahren, einen halben Tag daheim sein gefolgt von sieben Stunden Fahrt nach Tschechien. Man gewöhnt sich an alles... [lacht] Die Tour hat den Kalender, was diesen Aspekt angeht, sehr gut gestaltet. Es gab mehrere Pausen von zwei, drei Wochen. Das hilft, um Energie zu tanken, denn eine Woche reicht da nicht.
Was war dein bisheriges Highlight der Saison?
Definitiv die Teilnahme bei der Open! Ich habe dieses Jahr den Fehler gemacht, zu viel auf die Rangliste zu schauen. Während der Open-Woche ist das komplett in den Hintergrund getreten. Es war mein erstes Major und ich wollte bei meinem ersten Major unbedingt gut spielen. Natürlich war mir klar, dass eine gute Platzierung auch viele Punkte im Race to Dubai bedeuten, aber das war nicht mein Fokus. Ich wollte die Woche genießen und nun weiß ich, dass ich dorthin gehöre.
Wie hast du die Open-Woche erlebt? Hast du Dinge mit deinen deutschen Kollegen im Feld unternommen?
Yannick Paul ist mein bester Kumpel auf der Tour und wir machen generell viel gemeinsam. Bei der Open war er allerdings im Haus seines Managements untergebracht. Ich war mit meiner Frau im Hotel und habe viel Zeit mir ihr verbracht. Bei einem Major wohnen nicht alle Spieler im gleichen Hotel wie bei einem normalen Tour-Event. Daher hatten wir vier Deutsche im Feld bei der Open ziemlich wenig Kontakt miteinander.
Eine Open-Teilnahme ist natürlich schwer zu schlagen, aber wo rangiert ein Zauberschlag wie dein Albatros in Hamburg auf deiner Liste der Saison- Highlights?
Da ich noch nie einen Albatros hatte, habe ich mich sehr gefreut, dass mir das gerade bei einem Heimturnier gelungen ist. Das Coolste an der Sache war allerdings das Gefühl, drei Birdies an einem Loch gespielt zu haben, denn ich bin von +1 auf -2 gegangen. So was habe ich noch nie erlebt. [lacht]
Deine Imitationen der britischen DP-World-Tour-Kommentatoren sind viral gegangen. Wen hast du alles drauf?
Ich glaube, ich kann ziemlich gut bestimmte Stimmen und Dialekte nachmachen, allerdings ist es mir relativ unangenehm, das in der Öffentlichkeit zu tun. Normalerweise mache ich so was nur unter Freunden. Mein Vater hat den Kommentatoren gesteckt, dass ich sie gerne imitiere, und natürlich haben sie mich während der Runde danach gefragt. Vor laufender Kamera konnte ich dann keinen Rückzieher machen. [lacht] Ich könnte dir jetzt gar nicht sagen, wen ich am besten draufhabe. Früher habe ich gerne Teddy-Teclebrhan-Videos geschaut und hatte die ziemlich gut drauf. Generell ist es aber viel einfacher, wenn man sich jemanden wie Matze Knoop als Vorlage nimmt und dann seine Imitation imitiert.
Wie beurteilst du die Situation auf der DP World Tour im Moment? Machst du dir über all die Politik, die gerade aktuell ist, viele Gedanken?
Die momentane Situation geht sicher an keinem von uns komplett vorbei, schließlich geht es um unseren Job. Ich verstehe vollkommen, dass es Leute gibt, die aus moralischen Gründen mit Saudi-Arabien als Geldgeber Probleme haben. Dennoch bin ich der Meinung, dass meine beiden Heimatländer, Deutschland und die USA, wirtschaftlich eng mit Saudi-Arabien verbunden sind, und deshalb sehe ich mich nicht in der Lage, mich dieser Sache zu verweigern. Es geht bei einer möglichen Kooperation um sehr viel Geld und daher wäre ein Deal rein aus golferischer Sicht sicher für alle von Vorteil. Dass die DP World Tour von all dem Geld dann nicht den Großteil sieht, ist klar, aber unsere Preisgelder werden von der PGA Tour gesichert, und wenn die PGA Tour aus diesem Deal gestärkt hervorgeht, dann profitieren auch wir Profi-Golfer davon.
Steckbrief
NAMEChristopher Herlihy "Hurly" Long
ALTER
28 Jahre
PROFI SEIT
2019
WOHNORT
Orlando, Florida (USA)
LIEBLINGSTEAM
Kansas City Chiefs (NFL) (ging mit Patrick Mahomes aufs College) & TSG 1899 Hoffenheim
ERFOLGE
2016 German International Amateur Championship
2019 Raiffeisen Pro Golf Tour St. Pölten (PRO GOLF TOUR)
2020 Italian Challenge Open (CHALLENGE TOUR)
2023 T41 Open Championship