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Interview

Nick Bachem

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Mike Meyer

In seinem ersten Jahr auf der DP World Tour lässt der Kölner Shootingstar nichts anbrennen und bringt den ersten Sieg im Oberhaus schneller unter Dach und Fach, als es je einem anderen deutschen Golfprofi gelungen ist.

Nick, dein Tour-Sieg in Südafrika ist jetzt schon ein paar Tage her. Fühlt es sich mittlerweile anders an?
Total anders. Wenn es passiert, ist die ganze Anspannung noch da. Man freut sich natürlich, aber es fühlt sich irgendwie auch surreal an. Als ob es noch nicht geschafft wäre. Dass es so viele Menschen interessiert und sich so viele Menschen mitfreuen, das war richtig schön. Aber jetzt ist es am schönsten, weil ich jetzt weiß und verstehe: Okay, ich habe das Turnier gewonnen. Ich freue mich einfach, gerade hier in Frankreich zu sein und den Urlaub zu genießen.

Du warst nach zwei Tagen auf dem Leaderboard. Kann man sich dann überhaupt dagegen wehren, schon ein bisschen zu träumen?
Nein, kann man nicht. Aber für mich war es gut, dass ich zwei Wochen vorher in Kenia schon mal in der gleichen Situation war. Und da hatte ich wirklich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann: mir total vorzunehmen, das Turnier zu gewinnen und alles perfekt machen zu wollen. Von daher war es gut, schon mal erlebt zu haben, wie es ist, wenn die Kameras schon auf dir drauf sind, sobald man aus dem Auto steigt und zum Warmmachen geht. Das war ich nicht gewohnt und deshalb hat die Erfahrung geholfen. Klar habe ich davon geträumt, aber ich dachte mir nur, dass ich es sehr wahrscheinlich besser machen werde als in Kenia, und habe einfach versucht, Spaß zu haben, es zu genießen und nicht krass daran zu denken, dass ich das Turnier gewinnen will.

Genießen, wenn man nervös ist - wie geht das?
Wenn man keine Emotionen hätte, wäre das ja alles egal, und das wäre ziemlich doof. Ich versuche, mich von außen zu betrachten, als würde ich über allem schweben und mich selber beobachten. Ich finde das cool und spannend, wenn man praktisch als Außenstehender wahrnimmt, was da in einem vorgeht. Aber ein Putt ist immer ein Putt und ein Abschlag ist immer ein Abschlag. Die Situation verändert sich nur in einem selber. Und wenn ich das wahrnehme und akzeptiere, dann denke ich: Was soll dir passieren? Du wirst dich jetzt nicht verletzen. Dir geht's gut und allen deinen Liebsten geht's gut, ob du jetzt einen guten Schlag oder einen schlechten Schlag machst. Du brauchst eigentlich vor nichts Angst zu haben. Und mit dem Gedanken ist die Nervosität auch wieder weg.

Du hast auf der 15 aufs Leaderboard geschaut und gesehen, dass du vier Schläge Vorsprung hast. Dein erster Gedanke?
Ich war mir sicher, dass da was nicht stimmen kann. Ich habe zu meinem Caddie gesagt: "Oh, okay, die haben vergessen, die Ergebnisse einzutragen. Ein bisschen schade, weil ich eigentlich schon gerne wüsste, wie es vor den letzten drei Löchern steht." Er meinte, die Ergebnisse würden stimmen. Ich habe dann einen Zuschauer gefragt, ob das stimmt, und der meinte: Ja, das stimmt. Das hat es witzigerweise stressiger gemacht. Davor habe ich einfach nur attackiert und versucht, so viele Birdies wie möglich zu machen. Und auf einmal - machen wir uns nichts vor - kannst du es nur noch verlieren. Das war ein ganz komischer Gedanke und ich war supernervös. Die letzten drei Löcher fühlten sich länger an als die ersten 15 Löcher zusammen. Mein Caddie hat gemerkt, dass ich nervös war, und war dann so megapositiv. Er sagte: "Ist doch schön, dass du nervös bist. Dafür hast du ewig lange gearbeitet. Eigentlich ist es die Situation, die jeder haben will. Jetzt bist du da und jetzt holen wir es uns!"

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Wir haben bis zwei Uhr nachts gefeiert und getanzt, Karnevalsmusik gehört mit allem Drum und Dran. Danach habe ich geschlafen wie ein Baby.
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Was ist nach dem Sieg alles auf dich eingeprasselt?
Es kamen unendlich viele Nachrichten und das hört auch nicht auf. Am Flughafen in Köln waren Oma und Opa da, meine Tante war da, Mama und Papa natürlich, meine Freundin ist extra aus Frankreich zehn Stunden hergefahren. Direkt nach dem Sieg hatte sie mir das Foto von meinem Spielerprofil geschickt. Da steht dann "Tour Wins: 1". Mein Trainer Peer Sengelhoff und zwei sehr gute Freunde aus meiner Kindheit waren auch da und ich wurde mit Plakaten und lauter Musik empfangen. Damit hatte ich gar nicht gerechnet und habe sofort losgeheult. Und beim Empfang im Golfclub waren 160, 170 Leute im Clubhaus, die mich mit Plakaten und dem Queen-Klassiker "We Are the Champions" empfangen haben. Das war unfassbar schön. Ich war völlig verwirrt und überwältigt. Wir haben bis zwei Uhr nachts gefeiert und getanzt, Karnevalsmusik gehört mit allem Drum und Dran. Danach habe ich geschlafen wie ein Baby.

Interview:
Nicht Langer, nicht Kaymer, nicht Siem: Du bist der deutsche Golfprofi, der den kürzesten Anlauf zu seinem ersten Toursieg genommen hat. Wie stolz bist du auf diesen Rekord?
Ich würde mich zwar mehr freuen, wenn ich irgendwann die meisten Siege hätte, trotzdem ist es natürlich megacool. Ich habe die ganzen Zahlen und Fakten erst viel später erfahren, und das fühlt sich für mich so ein bisschen... ja, ich bin halt der Nick aus Seelscheid oder aus Köln, der ein bisschen Golf spielt, und das Gefühl verändert sich ja nicht. Ich fahre trotzdem noch mit dem Auto von meinem Opa durch die Gegend, wenn ich zu Hause bin...

Aktuell bist du für zwei Wochen mit deiner Freundin in der Bretagne am Meer und spannst aus. Worauf freust du dich danach mehr: auf die großen Turniere oder die großen Spieler?
Ich habe zwei Schläger und drei, vier Bälle hier. Wenn schönes Wetter ist, stehe ich am Strand und hau dann mal drei Bälle in meinen Flipflops, das war's. Aber ich freue mich natürlich schon mega auf die ganzen Rolex-Turniere mit den vielen Zuschauern. Ich bin gespannt, wie sich das für mich anfühlt und ob es mich am Anfang vielleicht ein bisschen überrumpelt oder überfordert. Die ganzen Weltklassespieler neben sich zu haben und zu spüren, was das mit einem macht... da merkt man dann relativ schnell, wo man steht und was vielleicht noch fehlt. Vielleicht fehlt ja auch gar nichts mehr. Mit einem Jon Rahm oder Rory McIlroy mal zu zocken, das wäre auf jeden Fall richtig cool. Aber ich bin jetzt auch nicht so einen Riesen-Fan von irgendwem. Sollen sie doch alle kommen!

 
Nick Bachem

Nick Bachem

NAME
Nick Bachem

JAHRGANG
1999

PROFI SEIT
2022

WOHNORT
Seelscheid, Nordrhein-Westfalen

LIEBLINGSTEAM
1. FC Köln

ERFOLGE
2021
Gradi Polish Open (Pro Golf Tour - als Amateur)
Red Sea Ain Sokhna Classic (Pro Golf Tour - als Amateur)
2022
3. Limpopo Championship (Challenge Tour)
T2. Frederikshavn Challenge (Challenge Tour)
2023
Jonsson Workwear Open (DP World Tour)

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