Featured StoriesFeatured Stories

Rickie Fowler

Immer locker bleiben!

Von Jan Langenbein

Seit er zum ersten Mal auf der PGA Tour abschlug, muss sich Rickie mit Gegenwind, Zweiflern und Nörglern herumschlagen - was kann da schon eine Form- krise ausrichten? Und überhaupt: Rickie Fowler hat Michael Jordan und Tiger Woods auf Kurzwahl...

Zyniker mögen beim Blick auf Rickie Fowlers verpasste Cuts der letzten Monate und seine aktuelle Weltranglistenposition jenseits der Top 100 süffisant feststellen, dass der fünffache Sieger auf der PGA Tour im Moment ziemlich viel Freizeit für eines seiner zahlreichen Hobbys hat. Da Neider und Nörgler aber selten eine lohnenswerte Informationsquelle sind, lohnt es sich viel mehr anzuhören, was ein Jordan Spieth im Vorfeld des Arnold Palmer Invitational - auf Rickies Durststrecke angesprochen - zu sagen hatte: "Am schwierigsten ist es, gegen schwache Form zu kämpfen, wenn man zuvor großen Erfolg hatte und es daher fast unmöglich ist, in Stille und Abgeschiedenheit zu kämpfen und die nötige Arbeit abseits der Scheinwerferlichts zu erledigen." Spieth wusste, wovon er spricht, schließlich haderte er zu diesem Zeitpunkt selbst mit einer weit mehr als drei Jahre andauernden Durststrecke, die drei Wochen später mit seinem Sieg bei der Valero Texas Open spektakulär enden sollte.

Unzufrieden mit seinem Spiel begann Rickie Mitte 2019 zusammen mit seinem Coach John Tillery, seinen Schwung in alle Einzelteile zu zerlegen, und die zwischenzeitlichen Ergebnis legen nahe, dass die beiden mit dem Wiederzusammensetzen noch nicht ganz fertig sind.

Dennoch ist der 32 Jahre alte Kalifornier präsenter denn je. An Turnierwochenende erscheint er, selbst wenn der Score nicht für den Cut reicht, dank seiner unzähligen Werbespots für Versicherer, Buchhalter, Kraftfahrzeuge aus Stuttgart und Corona - das Bier, nicht das Virus! - beinahe so oft im Fernsehen wie die Führenden am Sonntagnachmittag. Im Vorfeld des Masters war die Tatsache, dass Rickie Fowler zum ersten Mal seit elf Jahren nicht in Augusta dabei sein würde, mehr Schlagzeilen wert als die Formkurven der tatsächlich spielenden Favoriten, und seit die Tour bekannt gab, in Zukunft 40 Millionen Dollar an die zehn populärsten Spieler auszuzahlen, ganz unabhängig von deren jüngsten Leistungen auf dem Golfplatz, zweifelt niemand daran, dass Rickie einer der glücklichen Zehn sein wird.

Rickie Fowler: Rickie Fowler:

»
Jordan hatte eine ähnliche Durststrecke zu überstehen und es freut mich sehr, dass er das Ruder herumreißen konnte.
«

Es ist diese Allgegenwart, die Fowler zu Beginn seiner Profikarriere das zweifelhafte Label "Anna Kurnikowa des Golf" einbrachte, das er selbst mit seinem ersten Sieg in Quail Hollow 2012 nicht vollständig abschütteln konnte. Drei Jahre später wurde er im Vorfeld der Players Championship in einer anonymen "Sports Illustrated"-Umfrage von seinen Kollegen zum "am meisten überbewerteten Spieler der PGA Tour" gewählt. Noch in der gleichen Woche gewann Rickie Fowler in Sawgrass und ließ es sich nicht nehmen anzumerken: "Es birgt schon eine gewisse Ironie, dass diese Umfrage just in der Woche erschien, in der ich nun am Sonntag hier sitze mit eine Trophäe in den Händen. Es macht mir Freude, Leuten zu beweisen, dass sie falsch lagen."

Es folgten drei weitere Siege auf der PGA Tour und zwei in Europa, vier Ryder-Cup und drei Presidents-Cup-Teilnahmen, und da man einen Spieler dieses Kalibers beim besten Willen nicht mehr mit Anna Kurnikowa vergleichen kann, stürzten sich seine Kritiker auf den fehlenden Major-Sieg. Elf Top-Ten-Ergebnisse, darunter drei zweite und ein dritter Platz, hat Fowler bei Major-Turnieren bisher vorzuweisen. Nicht schlecht für zwölf Jahre Profikarriere, aber eben auch Zündstoff für Diskussionen, die ihm die Fähigkeit absprechen wollen, auf den größten Bühnen des Sports den Sack zumachen zu können. Dabei sollte man nicht vergessen, dass Phil Mickelson den ersten seiner fünf Major-Titel erst mit 33 einfuhr.

Wie lange Rickie Fowler auf einen Major-Sieg warten muss, wissen nur die Golfgötter. Sein eigener "Texas-Open Moment" würde ihm in der Zwischenzeit sicher erst einmal genügen. Spätestens dann wird es wieder Zeit für eine der traditionellen Spring-Break-Sausen mit Justin Thomas, Jordan Spieth und Smiley Kaufman auf den Bahamas.

Fiel euer Spring Break dieses Jahr der Pandemie zum Opfer oder was war los?
Wir hatten gerade eine modifizierte Version unseres Spring Break. Es war das erste Mal seit Jordans Hochzeit, dass wir vier Jungs zusammen an einem Ort waren. Zusammen mit unseren Frauen haben wir zu acht drei Tage im Troubadour Golf Club außerhalb von Nashville verbracht. Wir hatten eine Menge Spaß und haben Golf gespielt; anders als in vergangenen Jahren spielten die sozialen Medien dieses Mal allerdings keine große Rolle.

Hast du das Masters denn im Fernsehen mitverfolgt?
Klar! Das Masters und die Open Championship sind die zwei Turniere im Kalender, die ich gerne im Fernsehen schaue. Normalerweise spiele ich mit und schaue deshalb nur die Vormittags- oder Nachmittagsrunden, wann immer ich nicht selbst spiele. Dieses Jahr von zu Hause aus zuzuschauen war also etwas ungewohnt. [grinst] Aber ich habe Tiger besucht und wir haben eine Weile zusammen geschaut und über den Platz gefachsimpelt. Am Donnerstag waren wir überrascht, wie hart und schnell sich der Platz spielte. Wir waren beide enttäuscht, dass wir nicht dort sein konnten, denn es kommt nicht allzu oft vor, Augusta bei derart harten Bedingungen erleben zu können.

Rickie Fowler:
Hattest du das Gefühl, Tiger vermisst das Turniergeschehen?
[lacht] Ich glaube, das muss ich dir nicht wirklich erklären. Wir waren beide aus unterschiedlichen Gründen aufs Sofa verbannt: ich, weil ich nicht gut genug gespielt habe, er, weil er im Moment auf Krücken geht. Aber an Feuer und Willen fehlt es ihm auch nach seinem Unfall definitiv nicht.

Deine Zeit auf dem Platz wirkt zurzeit mehr wie ein Kampf und weniger wie ein Spiel. Trifft diese Beobachtung zu?
Es ist Golf. Jeder, der schon einmal gespielt hat, vor allem auf einem hohen Level, versteht vollkommen, dass Golf ein ständiges Auf und Ab ist. Man muss das Beste aus den Zeiten machen, in denen man gut spielt, und sie so lange wie möglich strecken. Denn man kann sich sicher sein, dass es nicht immer so laufen wird und Phasen folgen werden, in denen es abwärts geht mit der Form und gegen die man dann ankämpfen muss. Unglücklicherweise dauert diese aktuelle Formkrise länger an, als mir lieb wäre, aber wir alle haben die Ärmel hochgekrempelt und arbeiten hart daran, das zu ändern. Im Moment liegen die Probleme meiner Meinung nach eher auf der mentalen Seite. Viel zu spielen, um wieder in den richtigen Rhythmus zu kommen, ist meiner Meinung nach die Lösung und ich bin überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Wir werden so lange gegen die verdammte Tür treten, bis sie endlich aufspringt.

Das erste Mal seit mehr als zehn Jahren bist du nicht unter den Top 100 der Weltrangliste. Die magische Grenze, um alle großen Turniere spielen zu können, liegt jedoch bei Rang 50. Hast du deine Ranglistenplatzierung regelmäßig im Blick?
Das erste Ziel ist es natürlich, zurück unter die Top 50 zu kommen, aber ehrlich gesagt habe ich in diesem Jahr noch nicht oft auf die Weltrangliste geschaut. Ich war mir dessen natürlich bewusst, als ich aus den Top 50 gefallen bin, aber darüber hinaus habe ich keine großen Gedanken daran verschwendet. Wie gesagt: Die Lösung ist, Golf zu spielen - und vor allem besseres Golf zu spielen.

Du bist eine äußerst positive Persönlichkeit. Was macht eine sportliche Krise wie zurzeit mit dir? Frustriert es dich, dass das Tal länger anhält, als du gedacht hast?
Natürlich, es ist sehr frustrierend. Mein momentanes Spiel belastet manchmal sogar das Verhältnis zwischen Joe [Skovron] und mir auf dem Golfplatz. Zwischen uns herrscht eine großartige Verbindung und wir kennen uns schon eine lange Zeit, aber wenn ich da draußen die Schläge nicht spielen kann, die ich mir vorstelle und visualisiere… das ist hart. Es ist für alle Beteiligten schwierig, von meinem Caddie bis hin zu meiner Frau; sie muss mich schließlich ertragen, wenn ich nach Hause komme. Ich versuche, der bestmögliche Ehemann zu sein und die Arbeit nicht mit nach Hause zu bringen. Aber wenn man so lange unterwegs ist, sich den Hintern aufreißt und auch zu Hause nicht von der Arbeit ablässt - dann dreht sich zwangsläufig alles um Golf. Ich werde oft gefragt, ob ich zum Angeln gehen, wenn ich zu Hause bin. Nicht wirklich, die Tage, die ich freihabe, nehme ich normalerweise auch wirklich frei, doch im Moment bestehen sie aus Fitnesstraining, Therapie und Golf. Aber mein gesamtes Team und ich ziehen an einem Strang, um diese Krise zu beenden.

Rickie Fowler: Rickie Fowler:
Sprichst du mit deinen guten Kumpels Jordan und Justin über solche nicht ganz einfachen Themen?
Selbstverständlich sprechen wir auch darüber, wenn einer von uns eine Krise zu bewältigen hat. Wenn wir zu Hause in Florida sind, dann sehen die anderen ganz genau, was gerade abseits der Events los ist und wie viel Arbeit ich in mein Spiel gesteckt habe. Es baut mich auf, dass J.T. so etwas merkt und mich damit in der Öffentlichkeit verteidigt. Jeder von uns muss ab und an solche Phasen überstehen. Jordan hatte eine ähnliche Durststrecke zu bewältigen und es freut mich sehr, dass er das Ruder herumreißen konnte.

Als du entschieden hast, an deinem Schwung zu arbeiten, hast du sicher einkalkuliert, dass dein Spiel zunächst darunter leiden wird, bevor es besser wird. Ist die Arbeit am Schwung komplexer und langwieriger als gedacht?
Ja, ich denke, die Quarantäne und die Unterbrechung auf der Tour haben mir nicht gutgetan.

Du meinst die Turnierpause 2020?
Genau. Für mich fühlte sie sich viel länger an, als mir lieb gewesen wäre. Aber wenn wir in einigen Jahren auf die momentane Phase zurückblicken und mir seither eine Handvoll Turniersiege gelungen sind, war es das Ganze dann wert? Natürlich! Wir alle durchlaufen Veränderungen, um am Ende besser dazustehen als zuvor. Wie gesagt, die Quarantäne war mit ein Grund, warum diese Phase nun deutlich länger dauert als erhofft, aber ich sehe auch deutlich Fortschritte in den vergangenen Monaten. Bei den Turnieren an der Westküste lief es ziemlich gut. Dort habe ich fünf Turniere in Folge gespielt, so etwas hatte ich seit meiner Rookie-Saison nicht mehr. Ich habe das Gefühl, dass es während der letzten 18 Monate zu viel um Schwungtraining und Technik ging und weniger darum, einfach Golf zu spielen. Deshalb versuche ich, wieder mehr der Old-School-Rickie zu sein, der auf den Platz geht, attackiert und gute Schläge macht. Wir haben viel an der Technik gefeilt, nun ist es an der Zeit, Golf zu spielen.

Abseits des Golfplatzes wirkst du entspannt und glücklich. Wie ist das Leben von Rickie Fowler im Moment?
Kaum ein Sport verlangt so viel Demut wie Golf und auf dem Platz gibt es im Moment nicht viel zu lachen. Es gab Gespräche mit meinem Caddie, den Coaches, dem Management, bei denen Alison immer dabei war und das ganze Team von mir wissen wollte, ob mich persönlich etwas belastet oder es im Privatleben irgendwelche Probleme gibt. Das ist mir dann beinahe unangenehm, sodass ich mir lediglich wünsche, den Ball etwas gerader und näher zur Fahne zu schlagen und alles wäre eine Wolke. [lacht] Im Ernst: Mein Leben ist großartig und alle, die wir auf der Tour spielen, können uns glücklich schätzen, diesem Beruf nachgehen zu können. Am Ende des Tages bin ich zwar ein Golf-Nerd und liebe das Spiel, aber ich bin nicht mehr der alte Single-Rickie, der den ganzen Tag Golf spielt, sich abends was zu essen reinzieht und am nächsten Tag dasselbe Programm abspult.

Es klingt tatsächlich nach einem großartigen Leben, wenn man das Masters zusammen mit Tiger schauen kann. Wie muss man sich das Innenleben der Tour-Pro-Clique in Florida vorstellen und wer war bereits auf Krankenbesuch?
J.T. hatte Tiger ein paar Mal besucht, noch bevor ich die Möglichkeit hatte vorbeizuschauen, und auch Rory war ebenfalls dort. Justin sogar schon wenige Tage, nachdem er aus Los Angeles zurückgekommen war. Er meinte nach diesem Besuch zu mir: "Ehrlich, Tiger sieht viel besser aus, als ich erwartet hatte." Das zu hören war eine große Erleichterung. Als ich dann selbst dort war, hat es mich gefreut zu sehen, dass sein Fokus vor allem darauf liegt, wieder auf die Beine zu kommen und als voll einsatzbereiter Vater Golf mit Charlie und Fußball mit Sam spielen zu können. Sein Golfbag stand dabei im Wohnzimmer. Er kann seine Schläger also jeden Tag sehen und wir hoffen alle, dass er wieder zurückkommt!

Da wir schon gerade beim Name-Dropping sind: Du hast vor einigen Jahren einmal erzählt, dass Michael Jordan auf dem Golfplatz von dir zehn Schläge vor bekommt. Ist das noch aktuell? Und bist du nach all den unzähligen Runden mit ihm noch eingeschüchtert, wenn er auftaucht?
Ich kann mich noch gut an die ersten Golf-Matches mit ihm erinnern. Ich meine: Es ist Michael Jordan! Das geht nicht spurlos an einem vorüber. Aber mittlerweile kann ich mich glücklich genug schätzen, ihn einen Freund nennen zu dürfen. Wir spielen regelmäßig Golf und ich denke, das kommt auch meinem Spiel zugute, schließlich ist er einer der größten Wettkämpfer aller Zeiten. Zehn Schläge vor sind auch heute noch richtig. Michael ist wirklich gut, und wenn es auf das Grün und ans Putten geht, dann kann er es mit jedem Golf-Pro aufnehmen - auch ohne Handicap.

 
Infobox

Infobox

NAME Rick Yutaka Fowler

ALTER 32 Jahre

GEBURTSORT Murrieta, Kalifornien/USA

PROFI SEIT 2009

LIEBLINGSTEAM Oklahoma State Cowboys

ERFOLGE
2015
PLAYERS CHAMPIONSHIP (PGA TOUR)
SCOTTISH OPEN (EUROPEAN TOUR)
DEUTSCHE BANK CHAMPIONSHIP (PGA TOUR)

2016
ABU DHABI HSBC GOLF CHAMPIONSHIP (EUROPEAN TOUR)

2017
HONDA CLASSIC (PGA TOUR)

2019
WASTE MANAGEMENT PHOENIX OPEN (PGA TOUR)

2021
WELLS FARGO CHAMPIONSHIP (PGA TOUR)

Featured Stories