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Die angenehmsten Orte der Welt

Rosapenna

Von Jan Langenbein, Fotos: Rosapenna Resort

Was Old Tom Morris vor mehr als 125 Jahren begann, bekommt von Tom Doak nun das Sahnehäubchen aufgesetzt: In der hintersten Ecke von Irland entsteht heimlich, still und leise eine der besten Links-Golfdestinationen des Planeten.

Es gibt Momente im Leben, in denen sich plötzlich das Sichtfeld für etwas Neues öffnet und direkt Klarheit herrscht, dass ab sofort ein neues Wertesystem gilt. Jeder Sportfan erinnert sich garantiert gut daran, wie er irgendwann im Grundschulalter erstmals durch Wolken der charakteristischen Duftnote aus verschüttetem Bier und Angstschweiß dem Onkel oder dem Vater folgend klebrige Stufen im Inneren einer Tribüne hinaufstieg, ehe ein düsterer Durchgang plötzlich die Sicht auf ein Spielfeld und die gut gefüllten Ränge des zukünftigen Lieblingsvereins freigab. 90 Minuten später sollte die erste Liebe besiegelt sein.

Mit zunehmendem Alter und der unweigerlichen emotionalen Abstumpfung aka Lebenserfahrung werden diese höchst spirituellen Momente seltener und seltener. Doch jeder Golfer, egal wie alt und wie weit gereist, wird sich unweigerlich an das erste Heimspiel seines Herzensvereins erinnern, wenn er auf dem Weg nach Rosapenna in den äußersten Norden Irlands unterwegs ist und die Kuppe eines Hügel, über die die holprige Landstraße 1192 kurz vor Carrigeen führt, plötzlich ein Panorama offenbart, das einer "Star Wars"-Location oder einer "Game of Thrones"-Folge würdig wäre. Eingerahmt von monumentalen Klippen am Horizont dominiert die tiefblaue Sheephaven Bay das unwirkliche Szenario.

Die angenehmsten Orte der Welt:

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Auch der spätere Besitzer selbst begann im Alter von 13 Jahren, für 30 Cent pro Runde als Caddie in Rosapenna seine ersten Erfahrungen im Golfgeschäft zu sammeln.
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Jeder Neuankömmling mit Golfschlägern im Kofferraum wird jedoch kaum Augen für die mächtige See haben, denn direkt vor der Windschutzscheibe erstreckt sich entlang des endlos erscheinenden Tramore Beach ein imposantes Dünenmeer, das jeden Links-Golf-Enthusiasten in purste Verzückung zu versetzen vermag. Immer wieder blitzen rote, gelbe oder weiße sich im Wind wiegende Fahnen zwischen den Dünen hervor und signalisieren unmissverständlich, dass sich der Weg hierher ans Ende Europas gelohnt hat und der Golfhimmel erreicht ist. Ähnlich muss auch Old Tom Morris empfunden haben, als er 1891 hierher reiste, um dem Besitzer dieses gesegneten Fleckchens Erde Lord Leitrim einen Besuch abzustatten. Selbstverständlich markierten zu dieser Zeit noch keine Fahnen die Löcher zwischen den Dünen, und wer Luke Skywalker oder Jon Snow sein sollten, konnte Old Tom längst noch nicht wissen.

Die angenehmsten Orte der Welt: Grün und blau: zu viele Pints im PubDie angenehmsten Orte der Welt: Grün und blau: zu viele Pints im Pub
Grün und blau: zu viele Pints im Pub
Um das erste Problem kümmerte sich der Vater des modernen Golfspiels allerdings umgehend und so eröffnete bereits zwei Jahre später ein vom Großmeister höchstpersönlich entworfener 18-Loch-Golfplatz. Nach Rosapenna zu reisen war Ende des 19. Jahrhunderts kein Kinderspiel, eine Eisenbahnstrecke in den entlegenen Norden des Landes gab es nicht. Trotzdem, und die Qualität des Golfplatzes wird der entscheidende Faktor gewesen sein, entwickelte sich die neue Destination schnell zum Treffpunkt des Who's who der Golfwelt jener Zeit. Maßgebliche Akteure des frühen Profigolfs wie George Duncan, Sandy Herd und Tom Ball waren Gäste in Rosapenna und in den ersten Jahren seiner Existenz verewigten sich keine Geringeren als Harry Vardon und James Braid mit Designänderungen am Golfplatz. Zwischen 1911 und 1916 arbeitete dann sogar der legendäre Harry Colt an den vorhandenen Spielbahnen, womit alle maßgeblichen Platzarchitekten von dieser Seite des Atlantiks in Rosapenna ihre Spuren hinterlassen haben.

Golfplätze in der Region

Old Tom Morris Links

Old Tom Morris Links

18 Löcher, Par 70, 6.310 Meter

Greenfee: 80 Euro

Old Tom Morris begann 1893 mit der Arbeit an einem Golfplatz in Rosapenna. In den vergangenen 127 Jahren erfuhr dieses ursprüngliche Layout entlang der Sheephaven Bay zahlreiche Veränderungen. Pat Ruddy designte 2005 neun komplett neue Spielbahnen und Eric Iverson, Tom Doaks langjährige rechte Hand, verfeinerte diese Neuankömmlinge kurz darauf spürbar. Das Ergebnis ist ein unprätentiöser Links-Platz, der mehr Charme versprüht als George Clooney und über eine Back Nine verfügt, deren Magie nicht in Worte gefasst werden kann. Ein Blick von der Clubhausterrasse über das Fairway der 18. Spielbahn im Abendlicht genügt, um hier sein Herz zu verlieren.

Killerloch:
Loch 13 ist ein echtes Chamäleon. Je nach Windstärke und -richtung kann das 315 Meter kurze Par 4 auch für Durchschnittsgolfer mit dem Drive erreichbar sein. Doch rechts
des Grüns lauert der wohl fieseste Bunker der gesamten Anlage.

Sandy Hills Links

Sandy Hills Links

18 Löcher, Par 72, 6.568 Meter

Adresse:
Sheephaven Bay,
Letterkenny, Co. Donegal
F92 PN73 Irland
Tel. +353.74.915.5301
www.rosapenna.ie

Greenfee: 80 Euro

2003 eröffnete der von Pat Ruddy designte Sandy Hills Links und bewies bereits in den ersten Wochen seiner Existenz, dass diese 18 Spielbahnen durch haushohe Dünen alles andere als ein Spaziergang waren. Ein Links-Platz von Weltrang, keine Frage, doch die Stimmen wurden lauter, dass dieser Test für den durchschnittlichen Golfer ein wenig zu extrem ausfiel. 2014 entschärfte der Amerikaner Beau Welling einige Grüns, verbreiterte Drive-Landezonen und ließ Bunker verschwinden. Übrig blieb ein optisch spektakulärer und spielerisch immer noch äußerst anspruchsvoller Links-Platz, wie er besser kaum sein könnte.

Killerloch:
Loch 3 beweist, dass ein Weltklasse-Par-3 weder Bunker noch Wasserhindernisse benötigt. Eine beängstigend tiefe Schlucht zwischen Tee und Grün und ein Ozean im Hintergrund, der selbst Fototapeten schäbig wirken lässt, genügen vollkommen.

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