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Rom – Teil 2

Noch 365-Mal schlafen

Von Jan Langenbein

DIE GANZ GROSSE SHOWBÜHNE


Am Tag darauf sieht das obligatorische Kulturprogramm einen Besuch in der in Tivoli gelegenen Villa d'Este vor. Der beeindruckende Palast zählt seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist vor allem für seinen Renaissancegarten berühmt. In dieser grünen Oase unterhalb der Villa sprudeln mehr als 500 Brunnen, Nymphäen, Wasserspiele und Wasserbecken sowie eine Wasserorgel. Die Architekten und Klempner des 16. Jahrhunderts lieferten ein echtes Meisterstück ab, denn all die Springbrunnen und Fontänen werden einzig und allein von dem natürlichen Gefälle des Geländes und somit der Schwerkraft gespeist. Doch wir haben für all die Pracht nur wenig Sinn, steht heute doch endlich der Besuch in Marco Simone auf dem Plan.

Als sich unser Bus durch die viel zu enge Einfahrt zum Gelände des Ryder Cup 2023 quetscht, verladen Arbeiter noch Tribünen und Kameratürme auf Trucks. Es ist keine neun Tage her, dass Robert MacIntyre hier die Italian Open gewann, die Generalprobe vor dem großen Event in zwölf Monaten, für das diese Anlage - oder besser gesagt der Golfplatz - komplett auf links gedreht wurde.

Rom: Rom:
Tom Fazio baute für die Familie der Parfüm-Magnatin Laura Biagiotti in den 80ern einen 27-Loch-Platz in das hügelige Gelände rund um den aus dem 11. Jahrhundert stammenden Wohnsitz der Biagiottis. Von diesem Ursprungsdesign ist seit der Vergabe des Kontinentalvergleichs hierher nichts mehr geblieben, denn die Anforderungen eines Ryder Cup sind immens. Auf dem 110 Hektar großen Gelände finden sich deshalb nun 18 neu designte Spielbahnen, um Raum zu schaffen für die Heerscharen von Zuschauern, die im kommenden September erwartet werden. Die Platzanforderungen eines Ryder Cup klingen unglaublich: Neun Hektar Land werden allein für die Event-Fläche, auf der die Eröffnungszeremonie stattfinden wird, gebraucht. Weitere neun Hektar wurden für die Tribünen, die VIP-Zelte und die Verpflegungsstationen zwischen den Spielbahnen reserviert, zweieinhalb Hektar nimmt der TV-Compound in Anspruch, dreieinhalb Hektar werden von der Logistik benötigt und das internationale Medienzentrum wird einen Hektar Fläche in Beschlag nehmen. Wenn Team Europa und Team USA kommenden September hier auf einandertreffen, werden rund 7.000 Menschen vor und hinter den Kulissen arbeiten und dabei auf über 600 Golfcarts über die Anlage flitzen.

Dank der Italian Open dürfen wir uns an perfekt manikürten Fairways und Grüns fast so spurtreu wie auf einem Billardtisch erfreuen. Eine Runde in Marco Simone ist Championship-Golf-Drama vom Feinsten und der Platz wurde ganz offensichtlich so entworfen, dass jedes Loch echtes Match-Play-Spektakel liefern kann. Unverständlich nur - insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erben eines Luxuskonzerns hinter diesem Gelände stehen -, dass das Clubhaus und die Anlagen abseits der Spielbahnen dieses Niveau nicht einmal ansatzweise halten. Der Pro-Shop war während unseres Besuches so spärlich ausgestattet wie die Abteilung für Südfrüchte in einem Supermarkt der späten DDR und das Restaurant versprüht den Charme einer Bahnhofshalle. Dafür stehen die Spaghetti Carbonara, die dort auf den Tisch kommen, den 18 Spielbahnen in Sachen Brillanz in nichts nach und dafür kommen Reisende schließlich hierher: Golf und Essen. Ein Poloshirt mit Ryder-Cup-Logo als Andenken an einen Besuch wäre aber schon nett.

Rom: Klingelschild malen: typische Hausaufgabe in der Waldorfschule
Klingelschild malen: typische Hausaufgabe in der Waldorfschule
Am Tag unserer Abreise präsentieren unsere Gastgeber noch einmal ein Lehrstück in Sachen italienische Vielfalt. So schwer fassbar es ist, dass Südtirol und Sizilien tatsächlich zum gleichen Land gehören, so divers fällt auch die Golflandschaft Italiens aus. Etwa 50 Autominuten von Marco Simone entfernt befindet sich in Fiuggi der älteste öffentliche Golfplatz des Landes. Seit 94 Jahren wird in dem für seine Thermalqellen weltbekannten 10.000-Seelen-Bergstädtchen schon Golf gespielt und das auf einem Platz, der in Sachen Opulenz und Pflegezustand mit der Ryder-Cup-Hightech-Wiese so gut wie nichts gemein hat, dafür in Sachen Charme und Liebenswürdigkeit in einer ganz anderen Liga spielt. Als uns dann vom Präsidenten des Clubs zur Feier unseres Besuchs bei gutem Wein und wieder einmal unschlagbarer Pasta sogar noch die Ehrenmitgliedschaft angetragen wird, ist die Entscheidung gefallen, wo wir im kommenden Herbst nach einem Sieg der Europäer in Marco Simone selbst noch den Schläger schwingen werden.

 

Golfplätze in der Region

MARCO SIMONE GOLF & COUNTRY CLUB

MARCO SIMONE GOLF & COUNTRY CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.674 Meter

Adresse
Via di Marco Simone, 84/88
00012 Guidonia (RM)
Tel. +39 0774.366469
www.golfmarcosimone.it

Greenfee
200 Euro

Tom Fazio baute einst in den späten 80ern einen Meisterschaftsplatz in die Hügellandschaft außerhalb Roms, der bereits 1994 die Italian Open ausrichten durfte. Kurz nachdem der Ryder Cup 2015 nach Italien vergeben worden war, rollten hier die Bagger an und trotzten dem Gelände einen vollständig neuen Golfplatz ab, der ganz eindeutig auf Match-Play-Drama aus ist. Jede Menge kurze Par-4-Löcher laden zu aggressivem Spiel ein und das abschließende Par 5 ist mehr Bühne als Golfloch. 36 Löcher hier an einem Tag zu spielen dürfte jedoch selbst Weltklassespieler herausfordern, denn es gilt, jede Menge Höhenmeter zu überwinden.

Killerloch
Die härteste Bahn des Platzes ist ganz klar Loch 2, ein 435-Meter-Monster von einem Par 4 mit Bunkern, so weit das Auge reicht. Am coolsten spielt sich allerdings die 16, ein steil bergab verlaufendes Risk-Reward-Par-4 wie aus dem Bilderbuch.
www.golfmarcosimone.it

PARCO DI ROMA GOLF CLUB

PARCO DI ROMA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.440 Meter

Adresse
Via dei due Ponti, 110
00189 Roma
Tel. +39 06.3313381
www.golfparcodiroma.it

Greenfee
Mo.-Fr.: 60 Euro, Sa. & So.: 80 Euro

Gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie vom Kolosseum entfernt, sind diese von P.B. Dye, Pete und Alice Dyes jüngstem Sohn, entworfenen 18 Löcher die beste Gelegenheit für Rom-Touristen, nach abgeschlossenem Sightseeing vor Sonnenuntergang noch 18 Löcher in den Tag zu quetschen. Schnell wird ersichtlich, welche Designschule Dye junior besucht hat, denn die charakteristischen Cross-Bunker und irrwitzigen Grünkomplexe des Vaters sind allgegenwärtig. Ohne Cart ist diese äußerst spaßige Achterbahn der Golfgefühle allerdings kaum machbar.

Killerloch
Mit acht (!) verschiedenen Teeboxen und einer tiefen Schlucht, die es nicht nur mit dem Drive carry zu überwinden gilt, sondern die zu allem Überfluss auch die gesamte rechte Seite der Spielbahn in ein abgrundtiefes Ballgrab verwandelt, ist Loch 3 selbst für Profis eine Nervenprobe.
www.golfparcodiroma.it

GOLF CLUB FIUGGI

GOLF CLUB FIUGGI

18 Löcher, Par 70, 5.864 Meter

Adresse
S.S. Anticolana snc
03014 Fiuggi FR
Tel. +39 0775.515640
www.golfclubfiuggi1928.it

Greenfee
Mo.-Fr.: 50 Euro, Sa. & So.: 65 Euro

Bereits 1928 als Golfclub für jedermann gegründet, sind die ursprünglichen neun Löcher die älteste öffentliche Golfanlage Italiens und schon allein deshalb eine Reise wert. In den 1990ern wurde die auf über 700 Metern über dem Meer gelegene Anlage auf 18 Löcher erweitert, weshalb Gäste und Mitglieder heute zunächst die neuen, deutlich hügligeren und kontroverseren Löcher spielen, bevor es auf die historischen alten Löcher des Platzes geht. Direkt unter dem Golf Club liegen die weltbekannten Thermalquellen von Fiuggi, weshalb hier außer Wasser nichts auf die Fairways gegeben werden darf. Dieser puristische Ansatz macht sich im Pflegezustand bemerkbar.

Killerloch
Ist es eine Skipiste oder doch ein Par 5? Auf den ersten Blick könnte Bahn 1 mit ihren 493 Metern wirklich beides sein. Flankiert von einer Ausgrenze auf der gesamten rechten Seite, ist diese wilde Berg-und-Tal-Fahrt ein sehr strapaziöser Auftakt in eine Golfrunde.
www.golfclubfiuggi1928.it

GOLF CLUB FIUGGI

COUNTRY CLUB CASTELGANDOLFO

18 Löcher, Par 72, 6.345 Meter

Adresse
Via Santo Spirito, 13
00040 Castel Gandolfo, Roma
Tel. +39 06.9312.301
www.golfclubcastelgandolfo.it

Greenfee
Mo.-Fr.: 70 Euro, Sa. & So.: 90 Euro

Nor malerweise sind erkaltete Vulkankrater die bevorzugte Spielwiese von Bond-Bösewichten, in Italien werden solch spektakuläre Grundstücke jedoch gerne Robert Trent Jonessen überlassen, der nur einen Steinwurf von der päpstlichen Sommerresidenz entfernt 18 Löcher entworfen hat, die allen Gästen feinstes Urlaubsgolf ermöglichen, ohne die Nerven oder das Ballkontingent zu sehr zu strapazieren. Highlights sind ganz klar die Abschläge 1 und 10 von der Kante tief hinunter in den Krater.

Killerloch
Egal ob mittlere Handicaps oder gläubige Katholiken, im Country Club Castelgandolfo gibt es eigentlich wenige Spielbahnen, die Gäste vor unlösbare Probleme stellen können. Lediglich auf Loch 4, dessen Grün sich auf einer Halbinsel verschanzt hat, kann kurz Stress aufkommen.
www.golfclubcastelgandolfo.it

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