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Andy Sullivan – Teil 2

Der hat 'nen Bart

Von Jan Langenbein, Fotos: Tino Dertz/ZWEI:D

Wie geht man während einer solch wechselhaften Saison an die Turnierplanung?
Hast du bestimmte Events im Kalender angekreuzt, bei denen du dir im Vorfeld ein gutes Ergebnis zutraust? Nein, es gibt keine einzelnen Events, auf die ich mich anders oder speziell vorbereite. Ich spüre in diesem Sommer, dass sich meine Form und mein Spiel in die richtige Richtung entwickeln. Das nötige Selbstvertrauen, oben mitzuspielen, ist vorhanden und so kann ich zu jedem Turnier mit einem positiven Gefühl reisen. Vor Ort entscheiden dann so viele verschiedene Faktoren darüber, ob es eine erfolgreiche oder enttäuschende Woche wird - das kann man nicht planen.

Abseits vom Golfplatz: Auf welches Turnier im Jahr freust du dich am meisten wegen der lokalen Küche?
Wenn es ums Essen geht, schlägt nichts den Asian Swing auf der Tour. Ich bin ein großer Fan von Asian Fusion Cuisine und liebe alles von Thai bis zu japanischer Küche. Und nach der Runde irgendwo in Asien durch die Straßen zu schlendern und Street-Food zu genießen zählt zu den großen Privilegien meines Berufs. Ich muss aber zugeben - und ich hoffe, ich bekomme jetzt keinen Ärger [lacht] -, das beste asiatische Essen während aller Tourstopps gibt es meiner Meinung nach in Dubai. Restaurants wie das "Zuma" und das "Nobu" sind genau mein Ding.

Andy Sullivan: Wochenendarbeit: Das gibt jede Menge Zuschläge
Wochenendarbeit: Das gibt jede Menge Zuschläge

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Die Zone ist ein großartiger Ort oder Zustand und ich bin mir sicher, dass jeder Wettkampfsportler, egal ob Golfer oder aus einer anderen Disziplin, das genauso empfindet.
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Dein jüngster Sohn ist gerade drei Jahre alt geworden. Verändert es den Blick auf den Beruf eines Golfprofis, wenn zu Hause ein Kleinkind auf seinen Daddy wartet?
Kinder zu haben rückt alles, was auf dem Golfplatz passiert, in ein anderes Licht. Sie freuen sich, wenn man nach Hause kommt, und es ist ihnen völlig egal, ob man fünf unter oder fünf über Par gespielt hat. Sie wollen einfach nur Daddy sehen. Meine Kinder aufwachsen zu sehen erfüllt mich mit großem Stolz und zeigt mir immer wieder, dass mein Beruf und der sportliche Wettkampf zwar sehr wichtig sind, aber nicht das Wichtigste in meinem Leben.

Hast du deinen Jüngsten mit Plastikgolfschlägern ausgestattet oder kürzt du an deinen alten Eisen einfach die Schäfte für seine ersten Schwünge?
In seinem Alter wären meine Eisen noch etwas zu schwer für ihn, selbst mit abgesägten Schäften. Er hat einen vollen Satz Plastikschläger und ist total verrückt danach, Bälle durch den Garten zu schlagen. Sein Schwung sieht gut aus, das muss ich schon sagen.

Du hast sowohl im Walker-Cup- als auch im Ryder-Cup-Team gespielt. Hat dich das Team-Event der Amateure in irgendeiner Weise darauf vorbereiten können, wie sich ein Ryder Cup anfühlen wird?
Das ist kaum möglich. Natürlich war es ein Vorteil, in einem vergleichbaren Team-Event gespielt zu haben, und der Walker Cup gibt zumindest einen kleinen Vorgeschmack auf das Gefühl, wie es sein könnte, im Ryder Cup anzutreten. Man spürt dann aber schon im Vorfeld eines Ryder Cup, dass diese Woche eine komplett andere Liga ist, was die Emotionen und auch den Druck angeht, dem man als Spieler ausgesetzt ist.

Wenn du dich an Hazeltine 2016 zurückerinnerst: Gab es etwas während dieser Woche, das dich als Ryder-Cup-Rookie, aber doch gestandenen und routinierten Tour-Pro überrascht hat?
Ja, ich hätte nicht gedacht, dass ich mir am ersten Tee beim Ryder Cup derartig in die Hosen machen würde. [lacht] Einfach nichts könnte dich auf die Emotionen zu Beginn eines Ryder Cup vorbereiten, auch nicht der Walker Cup oder der Sonntag eines Majors. Der Ryder Cup ist ganz einfach des beste Event in unserem Sport, denn als Profi-Golfer versucht man zu jeder Zeit, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten und möglichst cool zu bleiben. Beim Ryder Cup ist dieser Ansatz für eine Woche wertlos und man kann zu jeder Zeit des Matches sämtliche Emotionen rauslassen. Das sowie die Tatsache, mit elf anderen Spielern gemeinsam um den Sieg zu kämpfen - wenn man dieses Gefühl in Flaschen füllen könnte, davon würde ich nie genug bekommen!

Da du gerade von Emotionen sprichst: Ich habe mir heute Morgen noch einmal dein Chase-the-Ace-Video angeschaut und du flippst verständlicherweise komplett aus, als der 230. Versuch im Loch verschwand. Kannst du deine Reaktion mit den Gefühlen nach deinem ersten Profisieg vergleichen?
Der erste Profisieg ist etwas, nach dem jeder Golfer strebt, der es auf die Tour schafft. Wenn er tatsächlich kommt, ist die Freude natürlich riesig, es ist aber auch ein immenses Gewicht, das einem von den Schultern abfällt, denn man weiß nun, dass noch mehr Siege kommen können. Der Tag, an dem wir das Chase-the-Ace-Video filmten, war etwas vollkommen anderes. Ich hatte mich im Vorfeld wirklich unter Druck gesetzt und sagte der Filmcrew auf dem Weg zum Platz, dass ich sie auf keinen Fall enttäuschen möchte. Die Chancen, ein Ass zu schlagen, sind schließlich verschwindend gering und ehrlich gesagt dachte ich mir insgeheim: "Wenn ich ein paar Bälle nahe ans Loch schlage und im Video gut rüberkomme, dann geht das schon in Ordnung." Als der Ball im Loch verschwand, war das einfach nur urkomisch und ich habe mich auf offenem Feld völlig zum Hampelmann gemacht. [lacht] Sich ein so absurdes Ziel zu setzen und es dann am geplanten Tag wirklich zu erreichen war eine Befriedigung, von der ich lange zehren konnte.

Was fällt dir auf dem Golfplatz schwerer: die technischen Aspekte des Golfschwungs zu kontrollieren oder die mentale Seite des Spiels, also deine Emotionen, nach einem schlechten Schlag in Schach zu halten?
Ganz klar der mentale Aspekt des Spiels - und ich denke, das geht fast allen Profis so, ganz unabhängig, ob sie gerade gut oder schlecht spielen. Von der technischen Seite betrachtet weiß man als Profi ganz genau, was die guten und was die schlechten Schläge verursacht. Daher fällt es viel einfacher, diese Seite des Spiels zu akzeptieren. Auf der mentalen Seite muss man sich, auch wenn es gerade blendend auf dem Platz läuft, immer wieder daran erinnern, warum das so ist, um diese positive Zone nicht zu verlassen, und das ist eine große Herausforderung.

Wenn du in der Schlussphase eines Turniers tatsächlich in dieser Zone bist, nimmst du da wahr, was um dich herum passiert und wie sich die Konkurrenz schlägt, oder siehst du nur deinen Ball und die Fahne?
Wenn ich am Sonntag um den Sieg mitspiele, trifft auf mich das alte Golfklischee "Der einzige wichtige Schlag ist der nächste" vollkommen zu. Was um mich herum passiert, nehme ich dann nicht mehr wahr. In dieser Situation geht es nur noch darum, den Ball zu finden und ihn so nah wie möglich ans Loch zu befördern. Das mag simpel klingen, aber an nichts anderes als an den kommenden Schlag zu denken ist leider alles andere als einfach. Die Zone ist ein großartiger Ort oder Zustand und ich bin mir sicher, dass jeder Wettkampfsportler, egal ob Golfer oder aus einer anderen Disziplin, das genauso empfindet.

Mit welchen Männerspielzeugen beschäftigst du dich in deiner Freizeit?
Autos waren schon immer mein Ding, aber seit die Kinder da sind, mussten die coolen Spielzeuge selbstverständlich Kombis oder SUVs weichen. [lacht] Mein Interesse hat sich aus diesem Grund schon vor einer ganzen Weile in Richtung Uhren gewandelt und als Teil des Audemars-Piguet-Teams habe ich in dieser Hinsicht natürlich die besten Voraussetzungen.

Welches Modell gefällt dir am besten und bekommt momentan am meisten Zeit an deinem Handgelenk?
Meine Royal Oak "Jumbo" mit dem blauen Zifferblatt ist ein echter Klassiker und zurzeit ganz klar mein Favorit.

Gibt es, abgesehen von Golf natürlich, noch eine andere Sportart, in der du einen Profi ins Schwitzen bringen könntest?
Als Kind war ich im Tennis und im Cricket ziemlich stark - keine Ahnung, ob daraus etwas hätte werden können. Im Moment wäre es wohl Poolbillard. Bei einer Eight-Ball-Partie könnte ich es an einem guten Tag auch mit einem Profi aufnehmen. [grinst]

Zum Schluss musst du mir noch eine persönliche top drei der besten Bärte auf der Tour geben: Wer hat deiner Meinung nach die beeindruckendste Gesichtsbehaarung unter den Kollegen?
"Beef" ist in dieser Kategorie natürlich immer ganz weit vorne auf dem Leaderboard dabei und sein Bartwuchs wird von vielen Kollegen auf der Tour schwer beneidet. Mein Caddie Tom Ridley konnte in seinen besten Bart-Tagen in dieser Disziplin ebenfalls ordentlich punkten, glaub mir. Wer könnte auf Platz drei dieser Liste sein? Ach, was soll's, ich setze mich selbst auf den dritten Platz. Schließlich brauche ich einen guten Bart, ohne den würde ich mit meiner Glatze wie ein verdammtes Ei aussehen.

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