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Señor Confiable – Teil 2

Rafa Cabrera Bello

Von Rüdiger Schaarschmidt, Fotos: Mike Meyer

GP: Du spielst auf beiden großen Touren, in Amerika und in Europa. Wie schwierig ist es für dich, das zu kombinieren?
RCB: Es ist schwierig, aber wenn du in den Top 50 der Welt stehst, wird es einfacher, weil du viele der co-sanktionierten Turniere spielen und so für beide Ranglisten Punkte sammeln kannst. Aber es ist schon eine Herausforderung, beide Touren miteinander verbinden zu wollen, sowohl hinsichtlich der vielen Reisen als auch wegen des größeren Drucks. Da du auf beiden Touren seltener spielst, musst du gut spielen. Aber das liegt in der Natur des Profisports. Wenn du Druck nicht magst, spielst du eben besser nicht Profigolf. Ich liebe es, den Druck zu spüren.

GP: Welche Ziele hast du dir selbst gesteckt?
RCB: Ich will mehr Turniere gewinnen, natürlich gerne auch Majors. Ich würde gerne auf beiden großen Touren gewinnen. Ich würde gerne noch mehrere Ryder Cups spielen und gewinnen. Und ich möchte mich in der Weltrangliste verbessern und ein Top-Ten-Spieler werden.

GP: Du musst wählen: 2020 ein Sieg auf der PGA Tour oder bei den Olympischen Spielen?
RCB: Ich würde mich für den Sieg bei Olympia entscheiden. Das kommt nur alle vier Jahre und ich müsste dann weitere vier Jahre bis zur nächsten Chance warten. Auf der PGA Tour habe ich jedes Jahr 20 Chancen.

GP: Andere Wahl: ein Major gewinnen oder bei den Olympischen Spielen?
RCB: Dann wäre mir ein Major lieber. Die Olympischen Spiele sind fantastisch. Es war eine tolle Erfahrung, aber für uns Golfer sind Majors eben Majors. Ich hoffe jedoch, ich muss mich gar nicht zwischen den beiden entscheiden, sondern kann beides gewinnen.

GP: Du hast 2016 drei Begegnungen im Ryder Cup gespielt und warst der einzige Europäer, der ungeschlagen blieb. 2018 wurde aus Francesco Molinari und Tommy Fleetwood das Traumpaar "Moliwood". Wer wäre denn dein Traumpartner?
RCB: Ich hatte meinen Traumpartner ja schon. In Hazeltine mit Sergio García zu spielen war großartig. Wenn man bedenkt, was Sergio für das spanische Golf, für das europäische Golf geleistet hat, ist es eine Ehre gewesen, mit ihm zu spielen. Ich habe mich extrem gefreut, dass er 2018 den Rekord geholt hat und jetzt der erfolgreichste europäische Ryder-Cup-Spieler ist!

GP: Also erleben wir 2020 "Garbello" oder "Rafagio"?
RCB: Klar, du kannst doch deinen Traumpartner nicht wechseln!

GP: Was hat Seve für den heranwachsenden Rafa Cabrera Bello bedeutet?
RCB: Er war mein Idol. Leider habe ich ihn nicht mehr in seinen besten Jahren live oder im TV spielen sehen. Ich habe allerdings mit ihm einmal ein Pro-Am gespielt, das ich in mehrerer Hinsicht nie vergessen werde. Aber verantwortlich dafür, dass ich davon geträumt habe, eines Tages Golfprofi zu werden, war José María Olazábal. Ich habe gesehen, wie er 1999 das Masters gewonnen hat, und wollte danach auch unbedingt Pro werden.

Señor Confiable:

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ICH REISE UM DIE GANZE WELT UND LERNE IN SO VIELEN LÄNDERN TOLLE MENSCHEN UND UNTERSCHIEDLICHE KULTUREN KENNEN. WIR GOLF-PROS FÜHREN EIN FANTASTISCHES LEBEN.
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GP: Wenn man wie du seit 30 Jahren Golf spielt, dann hat man seinen eigenen, einen authentischen Schwung. Lässt sich daran noch etwas verbessern?
RCB: Ich werde niemals drastische Veränderungen an meinem Schwung vornehmen, ich glaube, er ist gut, wie er ist. Es gibt auch nicht den einen perfekten Schwung. Das hängt immer von der körperlichen Konstitution ab. Es gibt für jede Person den eigenen perfekten Schwung. Es gibt kräftige Schwünge, rhythmische Schwünge, kompakte oder ausladende Schwünge - jeder muss den finden, der zu einem passt, und dann das Beste daraus machen. Es hängt auch vom Charakter, von deiner Persönlichkeit ab. Wenn du ein ruhiger Junge mit einem rhythmischen und ausgeglichenen Schwung bist und sehr akkurat spielst wie zum Beispiel Colin Montgomerie, dann wäre es blöd, wenn du mit aller Gewalt versuchen würdest, etwas weiter zu schlagen. Ich bleibe den fundamentalen Dingen meines Schwungs treu und achte darauf, square zum Ball zu stehen und zu schlagen. Ich habe einen recht neutralen Schwung und achte auf meinen Rhythmus. Ich bin so konstant, weil mein Schwung sehr konstant ist. Nicht aggressiv, sondern sehr ausgewogen und ausbalanciert, das macht mich zu einem verlässlichen Spieler. Meine Stärke ist vielleicht, dass ich keine richtige Schwäche habe. Aber natürlich kann man sich in allen Bereichen noch verbessern. Man kann noch konstanter, länger und mental stärker werden. Ich glaube, jeder Profi würde sich wünschen, noch mehr Putts zu lochen, weil das Putten einfach den größten Einfluss auf den Score hat. Das Putten macht 40 Prozent unseres Spiels aus und jede Verbesserung in diesem Bereich hat entsprechend große Auswirkungen.

Dabei ist das Putten nachweislich eine seiner Stärken. Niemand benötigt in dieser Saison weniger Putts pro Runde als Rafa. Das Race to Dubai beendete er in den letzten elf Jahren zehnmal in den Top 50, 2016 und 2017 in den Top Ten. Nach seinem vierten Platz bei der Open in Royal Birkdale 2017 war er die Nummer 16 der Weltrangliste, aktuell ist er auf Platz 34. Bei den Olympischen Spielen in Rio verpasste er als geteilter Fünfter nur knapp eine Medaille. Seit 14 Jahren ist Rafael Golfprofi. Er wohnt mittlerweile in Dubai. Im Dezember 2017 hat er die Schwedin Sofia Lundstedt geheiratet, die für die PGA European Tour gearbeitet hat. Surfen und Skifahren sind seine großen Leidenschaften; um sie zu befriedigen fliegt er oft nach Bali oder in die österreichischen Alpen.

Rafa Cabrera Bello: Schneller als in Augusta: die Welle im EisbachRafa Cabrera Bello: Schneller als in Augusta: die Welle im Eisbach
Schneller als in Augusta: die Welle im Eisbach
GP: Führst du ein Traumleben?
RCB: Ja, ich fühle mich sehr glücklich. Ich führe ein großartiges Leben und kann das tun, was ich am meisten liebe. Ich kann Golf spielen und davon leben. Ich reise um die ganze Welt und lerne in so vielen Ländern tolle Menschen und unterschiedliche Kulturen kennen. Wir Golf-Pros führen ein fantastisches Leben. Bei den Turnieren werden wir wirklich verwöhnt. Aber es ist auch ein harter Weg bis dahin. Ganz, ganz viele versuchen es. Es ist auf jedem Level ein extrem harter Konkurrenzkampf im Profisport. Und es gibt keine Sicherheit im Profigolf. Du kannst heute auf dem Siegerpodest stehen und übermorgen oder nächstes Jahr das Spiel komplett verloren haben. Mit diesem Druck muss man leben können. Klar bin ich sehr glücklich mit meinem Leben, aber ich arbeite auch sehr hart dafür und bin mir bewusst, dass es sich innerhalb eines Fingerschnipsens ändern kann. Deshalb sollte man geerdet, demütig und bescheiden bleiben und immer weiter hart arbeiten. Denn wenn du nachlässt, wird dich wahrscheinlich jemand überholen, der härter arbeitet.

GP: Hast du dir schon mal Gedanken gemacht, wie lange du professionell Golf spielen willst?
RCB: Darauf habe ich im Moment keine Antwort. Ich würde es gerne so lange spielen, wie meine Fähigkeiten gut genug sind und ich wettbewerbsfähig bin. Aber um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass ich es wie Bernhard Langer machen werde. Ich hoffe, dass ich genauso lange genauso fit bleiben kann wie er und genauso lange die Motivation halten kann. Aber er arbeitet mit 62 Jahren immer noch extrem hart, um so erfolgreich spielen zu können. Ich würde schon gerne auf der Senior Tour spielen, kann mir aber nicht vorstellen, dass ich dann noch 25 Turniere im Jahr spielen will. Aber wer weiß? Mein Fokus liegt im Hier und Jetzt. Ich bin in den besten Jahren eines Golfers zwischen 30 und 40 und konzentriere mich darauf, so erfolgreich wie möglich zu sein.

GP: Hast du schon mal Größen aus anderen Sportarten getroffen, die dich beeindruckt haben?
RCB: Ich habe einige unglaubliche Athleten aus anderen Sportarten getroffen und es genossen, mich mit ihnen zu unterhalten. Wie zum Beispiel Surf-Weltmeister Kelly Slater. Ich habe ihn gemeinsam mit Adam Scott nach dem Masters in Augusta auf seiner Surf-Ranch "Perfect Wave" in der kalifornischen Wüste besucht. Wir hatten zwei Tage unglaublichen Spaß. Kelly näher kennenzulernen, zu erfahren, warum er so erfolgreich ist, und zu sehen, wie verbunden er seinem Sport ist, wie verbunden er dem Ozean ist und jede einzelne Situation spürt, das war sehr cool! Dann verstehst du auch, wie er so wunderbar surfen und all die Dinge tun konnte. Ich habe auch Rafael Nadal kennengelernt, einen der erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte. Vielleicht wird er noch der erfolgreichste von allen. Er ist ein perfektes Vorbild und der bescheidenste Mensch der Welt.

GP: Kannst du aus solchen Treffen auch etwas für dein Golfspiel ableiten?
RCB: Klar, ich versuche immer zu verstehen, was diese Leute so erfolgreich gemacht hat. Das war genau so mit Michael Ballack. Mein Manager ist mit ihm befreundet und ich habe mit Michael Pro-Am gespielt. Ich habe sofort gedacht: "Wow, was für eine starke Persönlichkeit!" Ich habe gespürt, wie entschlossen er ist und alles, was in seiner Macht steht, tut, um seine Ziele zu erreichen - wie ein Hochgeschwindigkeitszug. Was immer sich ihm in den Weg stellt, er geht da durch wie eine Kanonenkugel. Auch in unserem Sport gibt es solche Personen. Du kannst nicht professioneller sein als José María Olazábal. Alles, was er tut, ist darauf ausgerichtet, gut für sein Golf zu sein. Und er kämpft immer bis zum Schluss, egal was die Scorekarte sagt. Miguel Ángel Jiménez arbeitet auch hart, aber er sagt sich, dass er am besten spielt, wenn er so glücklich wie möglich ist. Also tut er alles, um so glücklich wie möglich zu sein. Wenn das bedeutet, auch mal ein Fläschchen Wein zu trinken, was sportwissenschaftlich vielleicht nicht angesagt ist, dann ist das für ihn trotzdem der beste Weg. Es ist immer interessant zu sehen, wie andere darangehen, erfolgreich zu sein.

Und plötzlich ist Rafa wieder an der Reihe, sich in die eiskalte Welle mitten in München zu stürzen. Es hat uns sehr gefreut, den ruhigen Spanier, der, das sollte noch erwähnt werden, ganz passabel Deutsch spricht, endlich einmal persönlich kennenlernen zu dürfen. Mit seiner entwaffnenden Natürlichkeit könnte er glatt dein Kumpel sein. Spanien produziert in beinahe allen populären Sportarten eine beeindruckende Anzahl solcher Topsportler. Rafael Nadal, Fernando Alonso oder Andrés Iniesta fallen einem spontan ein. Für uns hat in dieser Liste auch Rafa Cabrera Bello seit heute einen festen Platz.

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